Seite 54 - CONTROLLER_Magazin_2008_01

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Interview: Controlling im Minelstand
höhere Abstimmungsaktivitäten, größerer In–
formationsbedarf usw.
Im mittelständischen Unternehmen liegen die
Größenordnungen meist um den Faktor 100 bis
1000 niedriger. Dies limitiert dann natürlich
auch von vornherein den für die Methodenan-
wendung und das Methodenniveau zu trei–
benden Autwand.
Biel:
Dies ist sicher eine interessante Aussage.
Beispielsweise versuchen ja vielfach Konzerne,
ihre oft hinsichtlich Struktur und Größe mitunter
recht unterschiedlichen Einheiten einem ein–
heitlichen Methodenkonzept zu unterwerfen.
Betriebswirte denken gerne in Modellen, For–
meln und Kennzahlen. Können wir Ihre Aussage
etwas einprägsamer herausstellen?
Link:
Generell lässt sich sagen, in jedem Unter–
nehmen sollte die Summe aus Anwendungs–
kosten wie Personal- und Sachkosten und den
Opportunitätskosten, als durch nicht perfekte
Methoden entgangene Gewinne, den Perfekti–
onsgrad der Instrumente bestimmen. Je höher
die Opportunitätskosten, desto mehr verlagert
sich dieser Perfektionsgrad nach oben. Wir
können also festhalten: Auch Controllinginstru–
mente „müssen sich rechnen".
Biel:
Nach vielfältigen praktischen Erfahrungen
haben die Komplexität und insbesondere die
Akzeptanz einer Methode bzw. der Methoden–
anwendung nicht nur mit der von uns in den
Blickpunkt gerückten Methodenverfeinerung
oder dem Perfektionsgrad zu tun, sondern ins–
besondere auch mit einer Fülle von Einflussfak–
toren, die gern unter dem Begriff der „Benutzer–
freundlichkeit" zusammengefasst werden. Was
sind die wichtigsten Merkmale, auf die einmit–
telständisches Unternehmen bei der Auswahl
von Systemen undMethoden achten sollte?
Link:
Ein mittelständisches Unternehmen sollte
vor allem auf drei Kriterien achten:
• Einfachheit; der Benutzer soll die Methode
verstehen (keine Black Box-Sicht eines Mo–
dells durch den Benutzer).
• Robustheit; d. h., die Anwendung soll relativ
unempfindlich gegenüber „falschen" Verhal–
tensweisen wie falschen Eingaben oder
falschen Anwendungsschritten sein.
• Kommunikationsfreudigkeit; d. h., der An–
wender sollte die Auswirkungen seiner Da–
teneingaben möglichst rasch und klar erken–
nen können, um auf diese Weise sozusagen
„im Dialog" mit demModell zu lernen und so
dem Kern des Problems näher zu kommen.
Biel:
Wir haben nun viel über Systeme und Me–
thoden gesprochen. Wie ordnen Sie die Men–
schen ein? In der Arbeitskreisarbeit des Interna–
tionalen Controller Verein e. V sind beispiels–
weise die Themen Humankapital, Kommunikati–
on, Qualität oder ganz allgemein die immateriellen
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Abb. 3: Perfektionsgrad Methode/Modell/System (Quelle: Uodifikatian von Cooper 1990. S. 2721
Werte zunehmend in den Vordergrund gerückt:
Sehen Sie auch eine wachsende Bedeutung
dieser Themen - auch imMittelstand?
Link:
Wir hatten ja bereits als einen der Vorteile
mittelständischer Unternehmen den Punkt „Be–
ziehungsdichte im Unternehmen" angespro–
chen. Der Mensch als zentrale Stütze des Un–
ternehmens steht im Mittelstand naturgemäß
stärker im Fokus. Die richtige Ausschöpfung
der humanen Potenziale ist ein Schlüsselfaktor
für alle Arten von Betrieben. Dem sollten auch
alle Führungssysteme Rechnung tragen.
Es kommt mir darauf an, dass Controllingsyste–
me, Organisationssysteme und andere Füh–
rungssysteme auf die Mitarbeiter - dem wich–
tigsten Kapital der Unternehmung - nicht als
zusätzliches bürokratisches Zwangskorsett wir–
ken. Das Gesamtführungssystem einer Unter–
nehmung sollte als Infrastruktur verstanden
werden, durch die die Unternehmung sich selbst
höchstmögliche Wettbewerbsvorteile und ihren
Mitarbeitern bestmögliche Entwicklungs- und
Entfaltungsmöglichkeiten verschaffen kann.
Biel:
Einige Untersuchungen - so u. a. auch
eine österreichische Studie von Prof. Dr. Los-
bichler, Vorstandsmitglied des Internationalen
Controller Verein e. V - gelangen zum Ergeb–
nis, nur ein Drittel der Klein- undMittelbetriebe
schafft es, nachhaltig in Umsatz und Gewinn zu
wachsen. Zudem sind mittelständische Unter–
nehmen gemäß einiger Untersuchungen oft
weniger profitabel als Großunternehmen. Sie
berichten hingegen in Ihren Veröffentlichungen
von Fällen, wo aufgrund gezielter Methodenan–
wendung ungewöhnlich positive Auswirkungen
auf Umsatz und Gewinn erzielt werden konnten,
so in Ihrem Fallbeispiel „FORCE 2000". Worauf
kommt es an? Was sind die Erfolgsgrößen?
Link:
Entscheidend ist, wie das Beispiel FORCE
2000 zeigt, dass das Produkt (bzw. die Dienst–
leistung) nach Möglichkeit bestimmte Wettbe–
werbsvorteile aufweist. Dazu wiederum ist
zweierlei notwendig: Der Einsatz von Kreativ–
teams und -techniken auf der einen Seite und
der Einsatz von Marktforschung und Konzepti–
onstests auf der anderen Seite. Mit einem Wort:
Etwas möglichst Beeindruckendes bringen, und
es in jedem Stadium auf das Urteil der Kunden
gründen. Daneben sind noch weitere Punkte zu
beachten, die ich alle in einer Checklist - vor
ONTROLLER