Seite 51 - CONTROLLER_Magazin_2008_01

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Interview mit Prof. Link zu „Controlling im
Mittelstand und der Kasseler Controllingakzent
r r
von Alfred Biel, Solingen
Fachjournalist (DFJS) Alfred Biel, Leiter des
Redaktionsausschusses des Internationalen
Controller Verein e. V.
com) und Moderator im Deutschen Fach–
journalisten Verband e. V.
im
Dialog mit Prof. Dr. Jörg Link, Universität
Kassel, Lehrstuhl Betriebswirtschaftslehre, ins–
besondere Controlling und Organisation.
Dieser Beitrag befasst sich mit spezifischen
Controllingaspekten mittelständischer Unter–
nehmen unter besonderer Berücksichtigung
des von Prof. Dr. Jörg Link vertretenen
„Kasseler Controllingakzentes". Die Autoren
möchten einen Beitrag dazu leisten, dass
Fragen des Mittelstandes entsprechend des–
sen wirtschaftlicher und gesellschaftlicher
Bedeutung stärker in die Aufmerksamkeit
rücken.
Biel: Vielen Dank, Herr Prof. Dr. Link, für Ihre
Einladung zu diesem Interview. Ich freue mich
ganz besonders, heute zu meiner alten Hoch–
schule und damit auch zu meinen eigenen fach–
lichen Wurzeln zurückkehren zu dürfen. Wir
haben uns „Controlling im Mittelstand" als
Thema gewählt. Ein Thema, das in der öffent–
lichen Fachdiskussion vernachlässigt wird. Sie,
Herr Prof. Dr. Link, haben sich in vielfacher
Weise mit dieser spezifischen Controllingauf–
gabe befasst, wie ein Blick auf Ihre Veröffent–
lichungen zeigt. In früheren Semestern haben
Sie, wie ich feststellen konnte, „Controlling im
Mittelstand" auch als Seminarthema angebo–
ten. Zudemmöchte ich Ihren spezifischen Con–
trollingansatz, den „Kasseler Controllingakzent"
und dessen Bedeutung für die Controller Com–
munity hinterfragen.
Unk:
Ich freue mich, dass es zu diesem Ge–
spräch gekommen ist und wir Gelegenheit ha–
ben, über ein in der Tat wichtiges und auch et–
was vernachlässigtes Controllingthema zu dis–
kutieren. Bitte lassen Sie mich noch betonen,
einen besonderen Akzent sehe ich darin, den
Praxisbezug stets im Auge zu behalten. Es ist
mir wichtig, dass zwischen guten Theorien und
der Praxis kein Gegensatz besteht, wenn z. B.
die Forschung Hypothesen entwickelt, die in
der Praxis für Entscheidungen verwendet wer–
den können. Daher sind Praxiskontakte und die
Beteiligung an Praxisprojekten für meinen Lehr–
stuhl von großer Bedeutung. Aus dieser Per–
spektive verstehe ich auch unseren Dialog.
Biel: Beim Recherchieren bin ich u. a. auf Fest–
stellungen wie diese gestoßen: Die mittelstän–
dischen Unternehmen bilden das Rückgrat un–
serer Wirtschaft. Der Mittelstand ist - verschie–
dene Strukturdaten belegen diese Aussage -
das tragende Fundament der Wettbewerbs- und
Leistungsfähigkeit der Volkswirtschaft. Groß–
betriebe machen eher durch Personalabbau
Schlagzeilen, mittelständische Unternehmen
leisten hingegen einen wesentlichen Beitrag zur
Schaffung von Arbeits- und Ausbildungs–
plätzen. Letztlich spielt der Mittelstand sowohl
bei Innovationen als auch im Rahmen von Glo–
balisierung und Internationalisierung eine be–
deutende Rolle. In den „Sonntagsreden" ist
man sich über die wirtschaftliche und politische
Bedeutung des Mittelstandes schnell einig.
Diese „rhetorische Bedeutung" steht in einem
auffälligen Kontrast zur wahrnehmbaren Reali–
tät. Denn die Bedeutung des Mittelstandes wird
immer noch unterschätzt - nicht nur in der Po–
litik, sondern auch bei Veröffentlichungen und
praxisrelevanten Hilfestellungen. Woran liegt
dies und was lässt sich tun?
Link: Es liegt in der Natur kleiner und mittlerer
Unternehmen, dass jedes Einzelne einen viel
geringeren Bekanntheitsgrad und ein wesent–
lich kleineres Arbeitsplatzpotenzial aufweist
als ein Großunternehmen. Letztere haben sich
daher im Bewusstsein der Öffentlichkeit, der
Politiker und der Konsumenten eine privile–
gierte Stellung in der Wahrnehmung und im
Bewusstsein erobert. Dagegensteuern lässt
sich vor allem mit dem immer wiederholten
Hinweis auf die Gesamtbedeutung mittelstän–
discher Unternehmen - siehe z. B. den Info–
kasten zum Thema Mittelstand auf S. 54.
Auch in Forschung und Lehre lässt sich
gegensteuern durch entsprechende Projekte
und Lehrinhalte. Allerdings gehört dazu nicht
nur die Bringschuld der Hochschulen, sondern
auch die Holschuld der mittelständischen Un–
ternehmen: Mittelständler lesen zu wenig -
von meinen 15 Buchveröffentlichungen waren
die 2 am wenigsten erfolgreich, die speziell
dem Mittelstand gewidmet waren. Dennoch
habe ich auch in der 2. Auflage des Buches
„Marketing-Controlling" noch einmal ein ge–
sondertes Kapitel für den Mittelstand hinten
angefügt.
Biel: Worin sehen Sie die Vorteile und Stärken
und insbesondere die Wettbewerbsvorteile des
Mittelslandes?
Link: Nun, die mittelständischen Unterneh–
men haben eine Reihe potenzieller Wettbe–
werbsvorteile. Lassen Sie mich einige Punkte
nennen:
• Spezialisierte Leistungsangebote,
• Flexibilität in Produktion und Service,
• Reagibilität bei F&E sowie Absatz,
• Beziehungsdichte im Unternehmen sowie
gegenüber Kunden und Lieferanten,
• Niedrige Overheads und eine geringe Kom–
plexität.