CM Januar / Februar 2008
der hergestellten Produkteinheiten
zu
vollen
Herstellkosten herangezogen werden, werden
in sehr vielen Fällen die Zwecke der Rech–
nungslegung, der Bestandsbewertung für den
publizierten Abschluss und des vermeintlichen
Verkaufspreisschutzes höher gewichtet als der
Zweck, die Führung in der Entscheidungsfin–
dung richtig zu unterstützen.
Sowohl sachlogisch als auch durch empirische
Tests mit mehr als 1'200 Teilnehmern wurde
bewiesen^ dass volle Herstellkosten weder für
Entscheidungs- noch für Verantwortlichkeits–
rechnungen relevant sind, und dass in der Voll–
kostenrechnung das Produktergebnis zu we–
sentlichen Teilen eine Folge der Vl/ahl der Umla–
geschlüssel
ist.
Die Anwendung der Vollkostenrechnung für
die Zwecke der Berichterstattung wäre an sich
noch nicht schlimm.
Wenn
aber dadurch -
auch das wurde im erwähnten Test bewiesen -
für die Manager mangels Ausweis der propor–
tionalen Herstellkosten nicht mehr nachvoll–
ziehbar ist, welche Kosten
produktionsmen–
genabhängig und welche fix sind, werden
Fehlentscheidungen getroffen. Dass der Markt
die
Preise macht und nicht unsere Kosten,
ist
eine altbekannte Weisheit. Man
kann
Ver–
kaufspreise nur in regulierten Märkten von den
Kosten her kalkulieren. Denn schliesslich ent–
scheidet ein Kunde aufgrund von Preis- / Leis–
tungs-
oder Nutzenüberlegungen. Unsere Kos–
ten sind ihm egal. Das Management Accoun–
ting sollte konsequenterweise auch nicht
zur
Berechnung von Verkaufspreisen missbraucht
werden.
Als vorläufiges Fazit ergeben sich 2 Anforde–
rungen, welche beim Aufbau einer verantwor-
tungs-
und entscheidungsgerechten Kosten-/
Leistungsrechnung zu erfüllen sind. Sie sind als
Voraussetzung für die Erstellung eines Soll-Ist-
Vergleichs und einer Deckungsbeitragsrech–
nung zu erfüllen.
» Anforderung 1: Kostenstellen- und
kostenartenweise Spaltung der Plan–
kosten in ihren proportionalen und ihren
fixen Kostenteil (Kostenspaltung).
- Anforderung 2: Unterscheidung zwi–
schen beeinflussbaren und kalkulato–
rischen Kosten.
3. Die echte mehrstufige und
mehrdimensionale Deckungsbei–
tragsrechnung
Die Deckungsbeitragsrechnung (DBR) wurde
seit ihren Anfängen in den 1940iger-Jahren
mehr und mehr zu einem Instrument des ent–
scheidungs- und verantwortungsgerechten
Management Accountings weiter entwickelt. In
Kombination mit der oben skizzierten Kosten-/
Leistungsrechnung dient sie heute als das Ins–
trument zur Planung und Steuerung des Unter–
nehmens zum Gewinnziel hin. Dazu muss sie
mäss Abbildung 5 berechnet wird und kom–
promisslos
auf die
Umlage von Struktur–
kosten verzichtet wird.
International ist der DB I als Nettoerlös abzüg–
lich der proportionalen Herstellkosten definiert."
Der Deckungsbeitrag gibt also an, wieviel zur
Deckung der Strukturkosten und zur Erzielung
eines Gewinns übrig bleibt, wenn man vom
Nettoerlös die direkt durch ihn verursachten
Kosten abzieht. Dabei sind die Grössen Netto–
erlös und proportionale Herstellkosten wie folgt
zu bestimmen:
./.
Bruttoumsatz
Rabatte
Nettoumsatz
./.
Erlösschmälerungen (Skonti, Rückvergütungen, Boni, Provisionen,...)
=
Nettoerlös
./. prop. Herstellkosten
(der verkauften Einheiten)
Deckungsbeitrag I
Abb. 5: Deckungsbeitrag I
jedoch zur stufenweisen und mehrdimensio–
nalen Ergebnisrechnung ausgebaut werden.
Denn mit ihren Zahlen soll sie helfen,
• Entscheidungen am Markt
in
ihren Auswir–
kungen auf das Ergebnis besser zu beurtei–
len (Decision Accounting bezüglich Preisen,
Rabatten, Mengen, Kunden, Absatzkanälen,
Regionen, usw.),
• Ergebnisziele zur stufengerechten Beurtei–
lung von Führungskräften und ihrer Organi–
sationseinheiten in Zahlen
zu
fixieren (Re-
sponsibility Accounting).'
In sehr vielen Unternehmen wird heute in De-
ckungsbeitragsgrössen gedacht und auf ihrer
Basis entschieden, doch müssen wir sehr oft
feststellen, dass vielenorts oben „Deckungs–
beitragsrechnung" geschrieben wird, während–
dem innen Vollkostenrechnung, meist bis zum
Abzug der vollen Herstellkosten von den Netto–
erlösen betrieben wird. Diese begriffliche und
methodische Unscharfe hat schon zu vielen
Fehlentscheidungen am Markt, in der Produkti–
onsplanung und in der strategischen Ausrich–
tung geführt.
Wir sprechen deshalb bewusst nur dann
von der echten Oeckungsbeltragsrech-
nung, wenn
der Deckungsbeitrag I (DB I) ge-
Der Nettoerlös entsteht, indem man vom
Bruttoumsatz (zu Listenpreisen) alle Rabatte,
Rückvergütungen, Boni, Provisionen und sons–
tige Erlösschmälerungen abzieht.
Der DB I sagt aus, wie viel das einzelne Pro–
dukt, der einzelne Artikel oder Auftrag zur
Deckung aller Strukturkosten und damit auch
zum Erfolg des Unternehmens beiträgt. Er ist
somit die massgebliche Grösse für die Produkt–
beurteilung. Das DB I-Volumen verändert sich,
wenn von einem Produkt mehr oder weniger
Einheiten verkauft werden oder, der Definition
folgend. Änderungen imNettoerlös oder in den
proportionalen Herstellkosten eintreten.
Die proportionalen Herstellkosten können - wie
beschrieben - eindeutig einer Produkteinheit
oder einem Auftrag zugeordnet werden, weil sie
durch die Produktstruktur (Stückliste und Ar–
beitsplan) bestimmt sind. Dadurch wird der DB
I zu einer verantwortbaren Grösse. Die Struk–
turkosten können jedoch mangels direktem Ur-
sache-ZWirkungszusammenhang nie zweifels–
frei einer Produkteinheit zugerechnet werden.
Wer einer Produkteinheit (verkauft oder herge–
stellt) Strukturkosten zurechnen will, muss zu
Umlageschlüsseln greifen. Jede Verwendung
von Umlageschlüsseln führt zur Abkehr von
27