CM Januar/Februar 2008
kungen für die Anleger haben. Folgende Bei–
spiele verdeutlichen diese Effekte.
Ein Haus wurde im Jahr 1956 von einem jun–
gen Familienvater für damals 195.000 DM
(Deutsche Mark) gekauft und über ein Darle–
hen finanziert. Umgerechnet sind dies ca.
99.700 €. Die ganze Zeit über wurde das
Haus selbst genutzt. Im Jahr 2006 verkauft
der Eigentümer, der mittlerweile mehrfacher
Großvater ist, das Haus für den Preis von
500.000 €.
War das ein gutes Geschäft und wie hoch ist
die Rendite für diese Immobilie? Man kann
den Eindruck haben, dass das Haus über den
langen Zeitraum ein gutes Investment war
und eine hohe Rendite erwirtschaftet hat. Im–
merhin hat man mit einem Einstandsinvest–
ment von noch nicht einmal 100.000 € in 50
Jahren über 400.000 € absoluten Wertzu–
wachs gehabt. Rechnet man allerdings die
Rendite aus, kommt man auf einen durch–
schnittlichen Wertzuwachs von nur 3,28 %
pro
Jahr (Die fünfzigste Wurzel aus dem Quo–
tienten 500.000/99.700). Die Inflationsrate
in Deutschland betrug von 1956 bis 2006 im
Durchschnitt 2,77 % pro Jahr. (Berech–
nungsbasen: von 1956 - 1999 4 Personen-
Haushalte von Arbeitern und Angestellten mit
mittlerem Einkommen, von 2000-2006 Ver–
braucherindex, Quelle: Statistisches Bundes–
amt; alle Angaben ohne Gewähr).
Von der Inflation werden somit ca. 291.000 €
vom nominellen Wertzuwachs des Hauses
aufgebracht; die effektive Wertsteigerung
der Immobilie beträgt lediglich ca. 109.000
€. In Prozent ausgedrückt hat das Haus in
den 50 Jahren nach Abzug der Inflation noch
nicht einmal 1,5 % pro Jahr durchschnittlich
an Wert zugelegt. Vergleicht man diese Ren–
dite mit Renditen alternativer Anlageformen
wie z.B. Aktienindizes oder die Verzinsung
von Staatsanleihen, erkennt man, dass es
durchaus attraktivere Investments für den
Großvater im Jahr 1956 gegeben hätte.
Reichen 200 Euro Zusatzrente?
Ein 30-jähriger Diplom-Betriebswirt schließt
im Jahr 2007 eine private Rentenversiche-
• Dominik Heberling
Diplom-Betriebswirt im Controlling der BASF IT Services in-
Ludwigshafen und Dozent für Finanzierung und Betriebswirt–
schaftslehre an der FH Nordhessen
E-Mail:
rung ab, die ihm ab seinem 67. Lebensjahr
eine lebenslange Rente von monatlich 200 €
garantiert. Der Akademiker unterliegt eben–
falls dem Phänomen der Geldillusion wenn er
davon ausgeht, dass er sich im Jahr 2044 für
die 200 € genau so viele Waren kaufen kann
wie im Jahr 2007 Welche spürbaren Folgen
dies haben kann, zeigt vorherige Abbildung 2.
Nimmt man an, dass die Inflationsrate in den
nächsten 37 Jahren durchschnittlich 3 % pro
Jahr beträgt, haben die 200 € nur noch eine
Kaufkraft, die der von 67 € im Jahr 2007 ent–
spricht. Die 200 € haben 2044 real also nur
noch gut ein Drittel ihres Wertes, im Jahr
2054 sogar nur noch ein Viertel. Eine Besteu–
erung der Rente verringert den Wert sogar
noch weiter Durch dieses Nichtberücksich-
ligen der Inflation können hohe Versorgungs–
lücken im Alter entstehen, die, zu spät er–
kannt, kaum noch korrigierbar sind.
Aber auch Anleger, die zeitnah in Ruhestand
gehen, müssen bei ihren Entscheidungen das
Phänomen Geldillusion berücksichtigen. Ein
60-jähriger Beamter tritt im Jahr 2007 seine
Pension an. Von seiner Lebensversicherung
erhält er die Summe von 200.000 €. Er
möchte das Geld fest und sicher anlegen, das
Kapital für seine Erben erhalten und von den
Zinsen leben. Er hat die Möglichkeit das Geld
für 5 % p.a. bei seiner Bank anzulegen. Dafür
erhält er jedes Jahr 10.000 € Zinsen (die Be–
steuerung wird bei dieser Rechnung nicht be–
rücksichtigt).
Der Pensionär unterliegt der Geldillusion,
wenn er nun im nächsten Jahr die komplette
Zinszahlung in Höhe von 10.000 € abhebt
und ausgibt. Um den realen Wert des Kapitals
zu erhalten, muss er nämlich einen Teil der
Zinsen auf dem Sparkonto belassen, um den
Inflationseffekt auszugleichen. Beträgt die In–
flation beispielsweise 3 %, dann ist es erfor–
derlich, dass er von den 10.000 € Zinsen
6.000 Euro auf dem Sparkonto thesauriert
und lediglich 4,000 € abhebt. Ansonsten wird
der reale Wert des Kapitals immer niedriger
und nicht erhalten.
Fazit: Die Anleger müssen aufge–
klärt werden
Finanzberater sind aufgefordert, zukünftig sol–
ches grundlegendes Investmentwissen bei der
Kommunikation mit den Kunden zu berücksich–
tigen. Der Effekt der Geldillusion ist in jedem
Anlagesegment zu beachten. Ein Finanzdienst–
leister wird langfristig nur dann Erfolg haben,
wenn die Anleger aufgeklärt sind und imZu–
sammenspiel mit ihrem Betreuer zufrieden stel–
lende Renditen nach Abzug der Inflation erzie–
len. Private Anleger müssen lernen, immer die
durchschnittliche Inflationsrate und die Steuer–
belastung von der Anlagerendite abzuziehen,
Zudem sollten sie sich stets am
Barwert
(Wert, den eine zukünftig anfallende Zah–
lungsreihe am Anfang der Laufzeit besitzt)
eines Investments und nicht am Endwert orien–
tieren.
Die private Altersvorsorge ist in Deutschland
und in den meisten anderen europäischen Län–
dern mittlerweile ein Massenphänomen
und
wird staatlich gefördert
Damit man als priva–
ter Anleger seinen Ruhestand wirklich
„fröhlich genießen" kann,
muss man jedoch
bei
den Vorsorgeentscheidungen frühzeitig die
Inflationseffekte einplanen und darf sich von
der Geldillusion nicht täuschen lassen,
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