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Controller
magazin 3/05
Typische
Abwanderungsursachen
(Hom-
bu r g / Fü r s t / S i eben 2003 , S. 62) sind z. B.
(gemessen auf einer Sechserskala mi t der
Höchs t no t e
6
= be sonde r s wichtig):
Wechsel des Ansprechpartners
4,1
Produktunzufriedenheit
3,6
Preisunzufriedenheit
3,6
Fehler im Leistungsprozess
3,2
Schlechter Service
3,1
Vertrauensbruch
2,5
Negativimage
2,4
Schlechtes Beschwerdehandling
2,4
Angebotslücken
2,4
Standortlücken
1,6
Kundenabwerbung durch Konkurrenz
3,4
Attraktivere Konkurrentenwerbung
aus Kundensicht
2,7
Tod des Kunden
3,9
Wohnortwechsel
3,4
Änderung der Lebensgewohnheiten
2,8
Abwechslungswunsch
2,0
Aus so l chen z i e l bee i nf l us senden Vor–
ü b e r l e g u n g e n r e s u l t i e r e n
k o n k r e t e
Ziele im Rückgewi nnungsmanagement
(Hombu r g / Fü r s t / S i eben 2003) :
• Profitabilitätssteigerung:
Auf der Ebe–
ne einzelner Geschäf tsbeziehungen kön–
nen Profi tabi l i tätspotenziale erfolgreich
zurückgewonnene r Kunden abgeschöpf t
werden. Auf Un t e r nehmens ebene t r äg t
die gezielte Rückgewinnung attraktiver,
erfolgsstarker Kunden zu einer Verbesse–
rung der Kundens t ruktur bei. Zudem kön–
nen Akquisi t ionskosten für den Ersatz
abgewande r t e r Kunden e ingespar t und
zukünft ige Cashflows stabilisiert werden.
• Schadensminimi erung:
Ein effekti–
ves Rückgewi nnung smanagemen t kann
nega t i ve Mund - z u -Mund - P r op a g a nd a
ehema l iger Kunden ve rme i den oder zu–
mi nde s t reduzieren helfen. Negat ive Er–
fahrungen werden in der Regel we i t aus
häuf i ge r we i t e r g e g e b e n a l s pos i t i ve .
U n t e r s u c h u n g e n im F i n a n z d i e n s t –
lei s tungsbereich e twa zeigen, d a s s ein
abgewande r t e r Kunde dur ch d a s Mittei–
len schlechter Eindrücke durchschni t t l ich
1,5 wei tere Abwande r ungen verur sacht .
• Informat ionsgewinnung:
Schließlich
zielt Rückgewi nnungsmanagemen t auch
darauf ab , Informat ionen übe r bet r ieb–
liche Schwächen und Ma r k t chancen zu
gewi nnen und so zukünf t ige Abwande–
r ungen zu ve rh i nde rn bez i ehungswe i se
neue Kunden akqui r ieren zu können .
Zuerst j edoch mu s s die Frage bean twor –
t e t we r den : „Welche Kunden s ind als
wi ede r gewonnen zu be t r a ch t en? " Wir
empfehlen, einen Kunden d a n n als voll–
s t änd i g z u r ü c k g ewo n n e n a n z u s e h e n ,
wenn er seine Kündigung ausdrückl i ch
widerrufen ha t oder i nne rha l b eines be–
s t immt en Ze i t raums wi eder zu e i nem
übl icherweise zu e rwa r t enden Geschäfts-
bez i ehungs - bzw. Tr an s ak t i on smu s t e r
zurückkehr t .
Die drei zentralen Erfolgs–
g r ößen
de s Rückgewi nnung smanage –
me n t s könn t en einen mo n e t ä r or i en t i e r
t en Ausschni t t einer komp l e t t en Rück–
gewinnungs-BSC darstel len:
• Die
Rückgewinnungsrat e
be r echne t
sich als Quot i ent au s der Anzahl de r wie–
de r gewonnenen Kunden u n d den insge–
s am t kont akt i er t en Ex-Kunden. Das ist
eine rein me n g e nmä ß i g e Be t r ach t ung .
• Der
Rückg ewi nnung s g ewi nn
ergibt
sich au s der Differenz zwi schen Rück–
g ew i n n u n g s n u t z e n u n d -kos t en. Ent–
sp r echend den Detailzielen eines Rück–
g ew i n n u n g sma n a g eme n t s (Profitabili–
t ä t s s t e i ge r ung , Schadensmi n imi e r ung ,
Informa t ionsgewinnung) s t eckt im Nut–
zen der Kundenrückgewi nnung eine öko–
nomi sche , eine kommun i ka t i ve und eine
informat ive Komponen t e .
Der ökono–
mi s che Nut zen der Rückgewi nnung
l iegt vor al lem im kund e nb e z o g e n e n
Deckungsbei trag,
der dur ch die Rückge–
wi nnung de s Kunden geha l t en oder so–
gar ges teiger t we rden kann. Über eine
Oppo r t un i t ä t s b e t r a c h t ung l as sen sich
d em ökonomi s chen Rückgewi nnungs –
nu t zen zudem Kosten zur echnen , die im
Falle einer endgü l t i gen Abwa nd e r ung
du r c h Ve r t r a g s b e e nd i gung u n d Neu-
kundenakqui s i t ion angefallen wären .
Der
kommunikat ive Nutzen der Rückgewin–
nung ist vor al lem darin zu s ehen , da s s
negat ive Mund-zu-Mund-Propaganda
durch abgewande r t e Kunden vermie–
den we rden kann. Außerdem sprechen
w i e d e r g ewonn e n e Kunden häufig be–
s onde r s pos i t iv über das Unterneh–
me n .
Zum Dr i t t en we r d e n üb e r d a s
Rü c k g ew i n n u n g sma n a g eme n t b e s on –
ders wertvol le Informat ionen gesamme l t .
Dies ist der
informative Nutzen.
Wicht ig
ist da s gewonnene Wi ssen übe r bet r ieb–
liche Schwachs tel len und Ma rk t chancen ,
um zukünf t ige Abwande r ungen vermei –
den und neue Kunden gewi nnen zu kön–
nen.
Die Rückgewi nnung sko s t en set–
z en s i ch aus Kommunikat ions- und An–
gebo t sko s t en zu s amme n .
Wie Praxis–
er fahrungen zeigen, übe rwi egen i.d.R. die
Kommun i ka t i onskos t en . Sie umf a s s en
F^rsonalkosten (etwa die Gehäl ter der
Call-Center-Angestellten und de s Leiters
de s Rückgewi nnung smanagemen t ) so–
wie Sachkos t en (etwa die Kosten der Call-
Center-Infrastruktur und de s IT-Systems),
ferner Kosten für die schriftliche und tele–
f on i s che Ko n t a k t a u f n a hme mi t d e n
wi ede r zugewi nnenden Kunden. Die An–
gebo t skos t en se t zen sich vor al lem zu–
s a mm e n a u s d e n f inanz i e l l en Rück–
gewi nnung s an r e i z en be z i ehung swe i s e
d em Gegenwe r t de r ma t er i e l l en ode r
imma t e r i e l l e n Wi e d e r g u t ma c h u n g e n
sowi e au s den Aufwendungen für die
Lösung der Probleme, die zur Kunden–
a bwa nd e r ung führ ten.
# Die
Rückgewi nnungs rend i t e
ist der
Quot i ent au s Rückgewi nnungsgewi nn
und -kosten u n d di ent dem Vergleich mi t
a nd e r e n Inves t i t ionen (etwa der Neu-
kundenakqui s i t ion) .
3. Typische Rückgewinnungsregeln
für die Controlling- und Marketing–
praxis
In der Euphor ie de s Rückgewinnungs –
ma n a g eme n t en t s t ehen t yp i sche Rück–
gewi nnungs r ege ln , die zwa r grundsä t z –
lich sinnvoll sind, jedoch nicht imme r der
empi r i schen Effektivität s t andha l t en . So
ze i gen e t wa H omb u r g / F ü r s t / S i e b e n
2 0 0 3 folgendes Regelkonzept auf, bei
d em es um
Prinzipien und Erfolgstreiber
d e s R ü c k g e w i n n u n g s ma n a g e m e n t
geht :
(vgl. zur wi ssenschaf t l ich e twa s
ausführ i icheren Dars tel lung der Rück–
gewi nnung s r ege l n i nsbe s . H omb u r g /
S i eben / S t ock 2004 , S. 34-36) .
• Als Ausgangspunk t eines sys t ema t i –
s chen Rü c k g ew i n n u n g sma n a g eme n t s
mü s s e n Manage r
die Frage nach der
Zielgruppe
bean two r t en , es mu s s al so
geklärt werden: „Welche Kunden sind als
abgewande r t zu be t r ach t en?" Diese auf
den ers ten Blick triviale Frage ist nicht
einfach zu bean two r t en , und zwar au s
folgenden Gründen: Erstens b a hn t sich
der Abbruch einer Geschäf t sbeziehung
übe r einen längeren Zei t raum an, bevor
explizit der Abbruch (z. B. Kündigung)
erfolgt. Zwei tens wande r n ma n c h e Kun–
den nur partiell ab (stille Abwande r ung
u n d / o d e r mul t iple sourcing gerade bei
Diens t lei s tungen) , so d a s s z. B. Kern–
leistungen wei terhin vom Stammanbieter ,
Zusa t z l e i s tungen abe r woande r s bezo–
gen werden. Dri t tens ist zu beach t en , d a s s
eine Kundenabwande r ung sowohl direkt
(Unt ernehmens l e i s tungen werden weni–
ger oder gar nicht meh r in Anspruch ge–
n o mm e n ) a l s a u c h i n d i r e k t ( de r
Bedar fsdeckungsantei l wird verringert)
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