Seite 80 - CONTROLLER_Magazin_2005_03

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CM Controller magazin 3/05 - Frank-J . Witt
RÜCKGEWINNUNGS–
CONTROLLING
von Prof. Dr. Frank-J.
Witt,
Kenzingen/Freiburg
Kunden sind ais Erlösquellen die langfristig
s t r a t egi schen Erfolgsgaranten. Versiegen
indes diese Quellen, weil der Kunde abwan–
der t , so stellt sich die Frage, ob er ijber-
h a up t und ggf. mi t we l chen iVlitteln bzw.
mi t we l chem Kos teneinsatz zu ha l t en
bzw. wi ede r zugewi nnen ist. Genau hier
se t z t d a s
Churncontrol l ing
bzw. da s
Rückgewi nnung s con t ro l l i ng
an , d a s
eine Gr a twande r ung zwi schen rückhol-
ba r en Edösquel len und evtl. en t gegen zu
r echnenden Mehrkos t en vo r n immt , abe r
dabe i zusätzl ich auch qual i tat ive Aspekte
(z.B. psychologi sche Barrieren) zu berück–
sichtigen hat . Kundenbindung und Kunden–
zufriedenhei t können also t rüger i sch wir–
ken und - bei aktuell sprudelnden "Kunden–
quel len" - langfristige Erfolgspotenziale
vorgauke ln.
Denn
bei Kundenabwande –
r ungen wi rken diese Kundenpot enz i a l e
d a n n plötzlich nur wie Luf tschlösser Der
Controller mu s s d a h e r diejenigen Aktivi–
t ä t en im Fokus haben , die die Kunden–
a bwa n d e r u n g ve rh i nde rn bzw. die
der
Kundenrückgewinnung dienen.
1.
(Wie kam es zum) State-of-the-art
des Kundenmanagement und des
Customer-Treating?
Der V\/andel von der obsol e t en , weil ein–
sei t igen und b l oßen Produktper spekt ive
hin zur market ingnahen Kundensichtweise
ist ein inzwi schen im Controlling l ängs t
vollzogener Fortschritt, der sich neuerdings
noch e inma l in einer Vielzahl von Veröf–
fent l ichungen aus dem Homburg-Umfeld
(Mannheim) manifestiert. Speziell von dort,
abe r z . T. auch au s d em Bruhn-Bereich (Ba–
sel) s t amme n wesent l i che Ansä t ze und
E r k e n n t n i s s e z um Rü c k g ew i n n u n g s –
ma n a g eme n t bzw. -Controlling (vgl. auch
S a u e r b r e y / H e n n i n g 2 0 0 0 ) . Die sog .
kund e nb e z o g e n e Exzel lenz konkreti–
siert s ich im Zeitablauf durch ein inten–
siviertes , ganzhe i t l i ches Manag emen t
und Control l ing der Geschäfts- und
Kundenbez i ehungen .
Man e r kann t e in–
zwi schen, d a s s eine einsei t ige Kunden
(zufr iedenhei ts)or ient ierung in der Sack–
ga s s e ende t . Ein zumi nde s t mittelfristig,
abe r woh l nicht „endgül t ig" wi rkendes
Hei lmi t tel wi rd d a h e r im
Cus tomer -
Re l a t i on s h i p -Manag emen t CRM
ge–
sehen , da s beispielsweise auch Prozess-,
Leistungs- und Pr oduk t a spek t e beinhal –
tet. Die folgende kompak t e Übersicht führt
in eine Art Rückschau aufdi e letzten lahr–
zehnt e ( lensen/Fürst 2003)
• Mi t te der 80er Jahre beschäft igten sich
zwa r imme r me h r Un t e r nehmen mi t dem
Thema Kundenzufriedenheit. Viele ma ß e n
d ama l s ers tmal ig die Zufriedenhei t ihrer
Kunden. Dabei wu r den jedoch häufig nur
Insel lösungen geschaffen, die nicht in ein
umf a s s ende s Kundenor ient ierungskon–
zept e i ngebe t t e t wa r en . Vielerorts br ach
ein Rausch des Ak t i on i smus aus , der sich
in unkoord i n i e r t en E i n z e lma ßn a hme n
äuße r t e . So wu r de hier eine Hotline einge–
richtet, die Kundenzufriedenheit gemessen
u n d d o r t ein Kund e n z u f r i e d e nh e i t s –
beauf t ragt er e r nann t . Heut ige Kunden–
zufriedenheitsinitiativen
berücksicht igen
i nde s sehr viel stärker die Vernetzung
der Teilinitiativen.
Glückl icherweise ha t
sich mi t t lerwei le auch die Einsicht durch–
gese t z t , d a s s die Steigerung der Kunden–
or ient ierung nicht allein Aufgabe des Mar–
ket ing, sonde r n Aufgabe sämt l i cher Un–
ternehmensbereiche darstellt.
Kundenzufriedenhei t ist
kein Projekt,
s onde rn e i ne Daueraufgabe.
In nahe zu
allen Unternehmen, die das Thema Kunden–
or i ent i erung im Rahmen eines Projekts
„durchgezogen" ha t t en , verfielen die Mit–
arbei ter s chon kurze Zeit spä t e r wi eder in
den al ten Trott. Das Ma n a g eme n t von
Kundenzufriedenhei t en t pupp t e sich häu–
fig als reines Strohfeuer So wurde Kunden–
zufr iedenhei t nicht in die Ziel-, Anreiz-,
Informations- und Erfolgskontrollsysteme
integr ier t . Die Er fahrung h a t gezeigt :
Ohne p e rma n e n t e s Nachha l t en dur ch
d a s Ma n a g eme n t erodi eren beispiels–
we i s e P r i o r i t ä t e n s e t z u n g e n be i d e r
Kundenanspr ache .
Kundenbez i ehungs –
ma n a g eme n t hat auch mi t l ang em
At em zu tun.
Kundenzufriedenhei t ist da s Ergebnis
eines Vergleichs zwi schen der e rwa r t e t en
Leistung und der tat sächl ich wahrgenom-
m e n e n
Le i s t u n g .
Die
m e i s t e n
Un t e rnehmen se t z t en jedoch lediglich bei
der Wa h r n e hmung der Leistung an. Ein
s y s t e m a t i s c h e s M a n a g e m e n t
d e r
Kundenerwar tungen
mi t t e l s ent spre–
chende r Kommu n i k a t i o n sma ß n a hme n
findet auch heu t e noch
selten
s tat t . Das
be s t e Beispiel ist der j ahre l ange Unter–
schied zwi schen Bahn und Lufthansa: Die
Bahn fuhr die Kundenwah r nehmung mi t
ihren Verspätungstafeln gleich beim Be–
t re t en des Bahnhofs in den Keller An je–
der Haltestelle rief sie blechern die aktuel–
le Verspätung ins Bewuss t sein. Ganz an–
ders die Lufthansa: Erwar tungsha l tungen
wu r den durch gepufferte Zei tpläne ent–
s p a n n t , jede pünk t l i che Ankunf t pe r
Laut sprecherdurchsage akt iv „gefeiert".
Eine w e i t e r e Fal le d e r Kund e n –
zuf r i edenhe i t sphase b e s t a nd dar in, d a s s
häufig die int erne Kundenor ient ierung
ve r nach l ä s s i g t wu r d e .
Nicht nur di e
Kundenzufr i edenhe i t ist wi cht ig, son–
dern auch die Mitarbeiterzufriedenheit.
Der Satz „If you wa n t your peopl e to
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