Seite 67 - CONTROLLER_Magazin_2005_03

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Controller magazin
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Steuerungsdef i z i te be im kamera–
l i s t i schen Rechnungswe s en^
Das
kameral i st i sche Re c hnung swe s e n
arbei tet auf der Basis von Einnahmen
und Ausgaben,
die en t sp r echend ihrer
r e s s o u r c e n - b z w
i n p u t o r i e n t i e r t e n
Zwe ckbe s t immung be i e i nze l nen Ti–
teln d e s v om Parlament fes tges te l l ten
Haushal t splans ausgebracht we rden
und grundsätz l i ch an d e n Zweck und
das Haushal tsjahr g e bund e n sind.
Die
Titel wi ede r um sind s og e n a nn t e n Kapi–
teln und Einzelplänen zugeordne t , die in
der Regel der Aufbauorgani sat ion der
Verwal tung folgen.
Ein Au swu c h s di eser
t i t e l b e z o g e n e n
Inputor i ent i erung
ist d a s
b e r ühmt e
„Dezemberf ieber":
Vor Ende de s Haus
ha l t s j ahres neigen Behörden dazu, noch
nicht ve r au s gab t e Finanzmi t tel , die ei–
ne r se i t s n i ch t e n t g e g e n ihrer Zweck–
b e s t immu n g ve rwende t we rden dürfen,
ande r e r se i t s abe r „verfallen", sowei t sie
nicht in Anspruch g e n omme n werden,
für Beschaffungen zu ve rwenden , die
zwa r der vorgegebenen Zweckbes t im–
mu n g en t spr echen , deren Notwendigkei t
j edoch - zumi nde s t tei lweise - recht
zweifelhaft ist.
Da in der Praxis Hau s ha l t s an s ä t z e kom–
me nd e r jähre auf der Basis t a t sächl i ch
bewi r t schaf teter Ansä t ze vorangegange–
ner lahre for tgeschr ieben werden, stellt
die Behörde mi t di esem objekt iv unwirt–
schaft l ichen Verhal ten sicher, keine übe r
die unverme idl i chen paus cha l en Kürzun–
gen h i nau s gehenden Mi t tel s t reichungen
h i nnehmen zu mü s s en .
Die Verantwor tung der einzelnen Behör–
de für s p a r s ame s und wi r tschaf t l iches
Hande ln be s ch r änk t sich d a h e r auf die
Einhal tung der Hausha l t s ans ä t ze . Dage–
gen t r ä g t sie ma n g e l s Kos ten- u n d
Lei s tungs informat ionen hinsicht l ich der
von ihr zu e rbr i ngenden Leistungen de
facto
ke ine Verantwortung für Effizienz
(= we r den die von der Politik geforder ten
Le i s t ungen k o s t e n g ü n s t i g e r b r a c h t ?
S t i mm e n
Qu a l i t ä t u n d
Kund e n –
zufr iedenhei t dieser Leistungen?)
s ow i e
Effekt ivi tät
( = en t f a l t en die von de r
Politik bzw. vom Pa r l amen t geforder ten
Le i s tungen die g ewü n s c h t e Wi rkung?
Sind e s die „r i cht igen" Le i s tungen?) .
Weder sind ihr solche Ziele konkret ge–
se t z t noch findet ma ng e l s definierter
Ou t pu t s eine en t s p r e chende Ergebnis–
me s s u n g s t a t t .
Die Kameralistik eröffnet somi t eine Steue–
rung nach Lage der Finanzen, nicht aber
eine Steuerung anhand der mone t ä r en
und nicht mone t ä r en Leistungsergebnisse
des Verwal tungshandelns . Hinzu kommt ,
dass mangels kaufmännischer Vermögens–
rechnung der Wert des nicht liquiden Ver–
mögens des Landes nicht bekannt ist.
* Das operat i ve Geschäf t wi rd zu
stark von En t s che i dungen zentraler
Stel len be s t immt
In der öffentlichen Verwal tung be s t eh t
die Tendenz „zu einer s t arken Übers teue–
rung de s Tagesgeschäf tes im Detail durch
die Führungsspi t ze bzw. dur ch zent ra l e
Stel len"^ Diese wi ssen dabe i häufig nicht
um alle Auswi rkungen ihrer Entscheidun–
gen. Als p r ä gn a n t e s Beispiel ist hier die
s ogenann t e
„Rasenmäher-Methode"
zu
nennen , bei der zur Ent l as tung des Lan–
de s hau s ha l t s paus cha l ein prozen t ua l e r
Anteil der Finanzmi t tel und Personal–
stellen aller Behörden unabhäng i g von
d e n jewei ls t a t s äch l i ch v o r h a n d e n e n
Effizienzpotentialen gekürz t wird. Solche
Ma ß n a hme n , die spezifische St rukturen
vor Ort unbe r ück s i ch t i g t l a s s en ,
be –
s chränken di e Ent s che i dungs f reude
und Eigeninitiative der Mitarbeiter
vor
Ort und beeint rächt igen somi t wirtschaft–
liches, qua l i t ä t s bewu s s t e s und kunden–
or ient ier tes Verhal ten se i t ens der Ver–
wa l t ungsmi t a r be i t e r
^ Ein zu starres öf fent l iches Dienst–
recht verhindert e ine be s s e r e Motiva–
t ion der Verwal tungsmi tarbei ter
Nach der Übe r zeugung vieler „hinkt da s
Diens t recht de s St aa t es und hinkt da s
Tar i f recht u n s e r e r An g e s t e l l t e n d e r
Lebenswi rk l i chke i t völlig h i n t e r he r " ^
Dabei we rden häufig i nsbe sonde r e drei
Aspekt e als mo t i v a t i on s h emme nd her–
vorgehoben : Die in der Regel l ebens l ange
Anstel lung (bei Beamt en begründe t durch
ihre Neutral i tätspfl icht), die dur ch d a s
Dienstal ter und weniger dur ch die indivi–
due l l e Le i s t ung b e s t i mm t e Karriere–
laufbahn sowi e die fehlende ode r nur
sehr be s che i den ausfal lende Be lohnung
außerordent l icher Leistungen.'* Allerdings
wird dabe i häufig übe r s ehen , d a s s die
v e r f a s s ung s kon f o rme Wa h r n e hmu n g
hohei t l icher Aufgaben ein be s onde r e s
öffentliches Diens t recht - we nn auch
modifiziert - nicht nur rechtfertigt , son–
dern auch no twend i g ma ch t .
Das erklär te
Hauptziel der Einführung
Neuer St euerungs i ns t rument e ist die
Ste igerung von Effektivität und Effizi–
enz
in der öffentlichen Verwal tung, un t e r
folgenden Ma ßg a b e n bzw. Unterzielen: '
^ Landeseinhei t l ichkei t und Flächen–
deckung:
Die Neuen St euerungs ins t ru–
me n t e sind in allen Behörden (flächen–
de ckend ) u n d für d a s b e a b s i c h t i g t e
B e n c hma r k i n g l a n d e s e i n h e i t l i c h zu
impl ement i eren .
* Einführung e ines software-gestütz-
ten Haushal t smanagement sys tems :
Die
kameral ist ische Haushal t swi r t schaf t soll
beim Land Baden-Wür t temberg weiter–
hin die Aufgaben eines ext ernen Rech–
nungswe s ens übe r nehmen (entspricht in
e twa den Aufgaben der Finanzbuchhal –
tung in der Privatwirtschaft)."' Externe
Adressa t en sind hier Par lament , Rech–
n u n g s p r ü f e r u n d Öf fent l i chke i t : Als
Ausfluss de s p a r l ame n t a r i s c h e n Etat–
r ech t s e rmäch t i g t der kamera l i s t i sche
Hausha l t spl an die öffentliche Verwaltung,
ge ldwi rksame Ma ß n a hme n durchzufüh–
ren, die der par l ament ar i schen Finanz–
kontrolle unter l iegen. Ebenso ist für die
interne Liquidi tätssteuerung ein zahlungs-
orient iertes Rechnungswesen auch künf–
tig erforderlich.
Anstel le der bisher we i t
verbre i teten „Papierbelegwirtschaf t"
soll jedoch ein landeseinhei t l ich software–
ges tüt z t es System
von jeder berechtig–
ten Stelle aus den schne l l en Online-
Zugriff
auf die aktuel len Hausha l t sda t en
sowie ein en t spr echend aufdie jeweiligen
Bedürfnisse abges tel l tes Ber ichtswesen
ermögl ichen. Planung, Vollzug und Rech–
nungs l egung des Landeshausha l t s sind
sys temtechni sch mi teinander zu verknüp–
fen und somi t zu opt imieren.
^ Schaffung der erforderl ichen Trans–
parenz der n e u e n St euerungsgrößen:
Die kamera l i s t i sche Sichtweise ist dur ch
Informat ionen übe r die Kosten, die Qua–
lität und die Kundenzufr iedenhei t de r
e r b r a ch t en Ve rwa l t ungs l e i s t ungen ( =
Output ) bzw. die finanzmi t tel- bzw. input-
or i en t i e r t e S t eue r ung du r ch eine am
Lei s tungsergebni s or ient ier te S t eue r ung
zu e r gänzen (erwei ter te Kameralistik).
Dazu mü s s e n die Vorgaben de s Landes–
leitbildes in Form von
l e i s tungsbezo -
g e n e n Kennzahl en zu Finanzen und
Kosten, zu Qualität und Kundenzufrie–
d e n h e i t ( Bü r g e r n ä h e ) s o w i e zur
Le i s t ung s f äh i gke i t der Mi t arbe i t er
operat ional i s ier t werden . Zudem ist eine
Ve rmögens r echnung e inzur i cht en, um
auch den Wert des nicht l iquiden Ver–
mö g e n s ermi t teln zu können .
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