Seite 65 - CONTROLLER_Magazin_2005_03

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Controller magazin
3/05
Römer-Kolumne
Sollte der Controller
gerade jetzt für höhere
Preise plädieren?
von Gerhard
Römer,
Hamburg
Aber gerade in dieser Zeit des „Geiz ist geil"-Slogans, so wird der Leser
vermuten, werden docii allerorten Preissenkungen durciigefijiirt. Die
Gesciiäftsführung, die jetzt gerade eine Preissenkung durchgeführt
hat, muss sich einem Ertragseinbruch stellen. Dabei verweist sie auf
den Preisdruck der Konkurrenz, den sie meint, mitmachen zu müssen.
Dabei macht sie zwei fundamentale Fehler: Erstens kopiert sie die
Preissenkungsmaßnahme ihrer Konkurrenz, ohne zu wissen, wieviel
ihre Zielgruppe eigentlich bereit ist, für ein bestimmtes Produkt tat–
sächlich mehr zu bezahlen als bisher. Zweitens verlässt sich die
Geschäftsführung auf einen zu kurzen Entscheidungs- und Planungs–
horizont bei ihrer Preispolitik. Sie kann zwar kurzfristig mit Preisan–
passungen Umsatz und Ertrag steuern, jedoch langfristig ist ein
sicheres und verlässliches Preis-Image besser geeignet, Alt-Kunden
zu behalten und Neu-Kunden anzulocken.
An steigende Preise wagt jede Geschäftsführung nurzu denken, wenn
sie den Kostendruck auf Energie, Rohstoffe und Rohmaterialien ihren
Kunden plausibel zu erklären vermag. Andererseits ist und bleibt der
Preis das entscheidende Kaufmotiv der Kunden. Deshalb
muss eine
Geschäftsführung ihre Preisstrategie differenzierter aufstellen.
Das sei hier kurz skizziert.
Als erstes ist der eingetretene Wildwuchs an Sonderangeboten mit
verschiedenen Preiskonditionen und Erlösschmälerungssystemen zu
beseitigen. Die Kunden und auch die Verkäufer an der Preisfront
wollen wieder
Einfachheit, Sicherheit und Berechenbarkeit
in der
Preispolitik nachempfinden können.
Dazu passt als zweiter Schritt die Anpassung einer möglichen Preis-
Anhebung oder -Senkung an den Auslastungsgrad der Kapazität. Sinkt
der Auslastungsgrad, sinkt auch der Brutto-Verkaufspreis; steigt die
Auslastung, steigt wiederum der Brutto-Verkaufspreis.
Als dritten Schritt gilt es, die früher so geschätzten Gesamtpreise
wieder zu entflechten, so dass Preisspielräume ausgenutzt und/oder
variable Preisanreize gesetzt werden können;
Indem das Kern–
produkt von seinen mit Ihm verbundenen Dienstleistungen
entkoppelt wird,
gewinnt der Verkaufsmanager einen Freiheitsgrad
zur Preisfestsetzung. Nur noch jene Dienstleistungen werden den
Kunden gewährt, für die sie auch bereit sind, einen Preis zu bezahlen.
Zu diesen Maßnahmen zählt als viertes auch der Abschied von dem
Einheitspreis für alle Produktvarianten: die Preise werden nach den
Ausstattungsvarianten differenziert. Ziel einer solchen Vorgehenswei–
se muss eine eindeutige Preis-Leistungs-Positionierung sein, d. h.
nicht nur ein technisch anspruchsvolles Produkt anzubieten,
•*• sondern auch Dienstleistungen um das Produkt herum zu
offerieren, die
-
einerseits den Kundenbedürtnissen entgegenkommen und
-
andererseits auch angemessen bezahlt werden.
Dabei sollte sich der Produktmanager von dem Grundsatz leiten
lassen: „Etwas weniger Leistung kann einen größeren Stück–
deckungsbeitrag bedeuten." Demnach müssen um ein entschlacktes
Kernprodukt weitere Dienstleistungs-Komponenten gruppiert werden,
für die die Kunden - nach einemMarkttest - erkennen lassen, dass sie
dafür eine Zahlungsbereitschaft zeigen, so dass für das Produkt mit
unterschiedlichen Dienstleistungspaketen unterschiedliche Verkaufs–
preise festgelegt werden können.
Auch
der einzelne Verkäufer
am point of sale wird „an die Hand
genommen": anstatt ihm ein individuelles Verhandeln mit dem Kunden
zu gestatten, wird ihm eine Preisliste mit Brutto-Verkaufspreisen und
definierten, dienstleistungsabhängigen Erlösschmälerungen mitge–
geben; mitunter darf er auch kundengruppenspezifische Erlös-
schmälerungssysteme anwenden.
Sinn und Zweck dieser neuen Preisstrategie ist, dienstleistungs- und/
oder kundengruppenorientierte, aber feste Netto-Verkaufspreise zu
erzielen, mit denen sich Preisanpassungen im Zeitablauf besser
steuern lassen. Im Endeffekt lassen sich somit signifikante und nach–
haltige Umsatz- und Ertragssteigerungen erreichen, weil Kunden–
zufriedenheit und Kundenbindung deutlich zunehmen.
Zuordnung CM-Themen-Tableau
25
33
35
A
K
V
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