Seite 62 - CONTROLLER_Magazin_2005_03

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Controller
magazin 3/05 - Interview Biel / Dr. Ki rsten
Un t e r nehmen , die vielfach fiJr int erne
Zwecke eine e i gens t änd i ge Berichterstat–
t ung h a t t e n und z. T. auch noch haben .
Neben den zusä t z l i chen Kosten, die viel–
leicht gar nicht den gravi erends t en Nach–
teil dars tel len, fiJhrt dies zu einer
Ent-
ob j ek t i v i e rung de r i n t e r n e n Rech–
nung s l egung ,
die d a s JVlanagement dar–
in behinder t , da s Un t e r nehmen kapital–
ma rk t or i en t i e r t zu führen. Ich hoffe, da s
lASB ist sich dieses Konfliktes ausreichend
bewus s t . Bei j edem neuen
Fair Value-
Experiment
de s lASB mü s s e n wir über–
legen, ob die Ergebnisse noch Relevanz
für die Un t e r nehmen s s t eue r ung haben .
Die letzten Versuche de s lASB, m a n den–
ke an lAS 39 ode r IFRIC 3 zur Bilanzie–
r ung der Emi ss ionsrechte , wa r en da eher
unbef r iedigend. Die Reakt ionen wa r en
en t sp r echend . Die Schwere de s Probl ems
wird j edem bewus s t , der z. B. ein Auf–
s i c h t s g r emi um von Ni ch t -Fach l eu t en
dur ch einen IFRS-Abschluss führen mu s s .
ICV:
Seit d em EU-Beschluss zur Rech–
nungs l egung na ch IFRS für die Konzern–
abs ch l üs s e de r bör senno t i e r t en Gesell–
schaf ten gibt es eine lebhaf te Deba t t e
u. a. dazu, we r Gewinner und Verlierer
dieser Ums t e l lung we rden könn t e . Man–
che Bei t räge spr echen von de r existenzi-
ellen Gefährdung der Controller durch
IFRS, ande r e sehen die Controller durch
die IFRS eher ges t ä rk t . Da Sie verantwor t –
lich s ind für die Zent ra lbere i che Con–
trolling, Finanzen, Investor Relat ions und
Konze r n r echnungswe s en mö c h t e n wir
Ihre Sichtweise zu den funkt ionalen und
o r g a n i s a t o r i s c h e n Au swi r kungen de r
IFRS erfahren, i nsbe sonde r e auch zum
Controlling.
TK: Bei IFRS s t eht die Perspekt ive der
Kapitalmarktorientierung, al so die Be–
rei tstel lung von Informat ionen für In–
v e s t o r e n , im Vordergrund .
Für di e
Zent ralbereiche Inves tor Relat ions und
Finanzen er leichter t dies die Kommuni –
kat ion mi t den Kapi talmärkten.
Für die Un t e rnehmens s t eue rung blei–
b e n we s en t l i che Controlling-Funktio–
n e n w i e Analyse und Interpretation
der Informat ionen zur Informations–
versorgung von En t s che i dem weiter–
hin erforderlich.
Die Führung und Steue–
r ung bei ThyssenKrupp erfolgen auch
zukünftig auf Basis eines wer tor ient ier ten
Ma n a g eme n t s y s t ems , da s auf den stra–
t e g i s c h e n u n d o p e r a t i v e n Be r i ch t –
e r s t a t t ungs sys t emen basier t . Hier ist eine
Rechnungs l egung na ch IFRS ein Vorteil,
da sie die Innen- und die Außenwe l t
vereint .
ICV:
Was sind die we s end i chen Themen ,
mi t denen sich de r ThyssenKrupp-Kon–
zern im Rahmen der IFRS-Umstellung
befassen mu s s . Sind es z. B. die Entwick–
l ungskos t en ode r die langfristigen Auf–
t r äge oder ande r e Themen?
TK:
Lassen Sie mich die
we s en t l i chen
Ums t e l l ung s t hemen
in 2 Kategorien un–
ter tei len: in neue Regelungen, die bi sher
un t e r US GAAP nicht relevant wa r en , und
Regelungen, die bi sher zwa r un t e r US
GAAP berei t s relevant wa r en , die abe r
' un t e r IFRS ande r s beur tei l t we rden .
Zu den n e u e n Rege lungen gehören:
- lAS 40 Inves tment Propert ies: Hier
mü s s en nach IFRS zumi ndes t im Anhang
die Marktwer te der als Finanzinvestitionen
geha l t enen Immobi l ien angegeben wer–
den. Die US GAAP kennen diese besonde–
re Immobilien-Kategorie bisher nicht .
- lAS 16 Komponen t enb i l anz i e r ung :
Nach lAS 16 s ind - ande r s als nach den
US GAAP - g r ö ß e r e B i l a n z i e r u n g s –
einhei ten in s epa r a t e Bi lanzierungs- und
Abschre ibungse inhe i t en (Komponenten)
zu zer legen, i nsbe sonde r e dann , we nn
die Komponen t en unt er schi edl i che Nut–
zung s daue r n aufweisen.
- lAS 38 Entwi cklungsaufwendungen:
Entwi cklungsaufwendungen sind nach
lAS 38 - bei Vorliegen be s t immt e r Vor–
aus s e t zungen - aktivierungspflichtig. Die
US GAAP sehen dagegen grundsätzl ich -
bis auf wenige explizit geregel te Ausnah–
men , z. B. die Entwicklung selbs t genutz–
ter Software - ein Akt ivierungsverbot vor.
Zu den bekannten Regelungen gehören:
- lAS 19 Pens ionsverpf l ichtungen: Hier
ist u.a. von Bedeu t ung , d a s s die IFRS eine
Bewe r t ung der Verpfl ichtungen grund–
sä t z l i ch auf Bas i s de r ve r s i che rungs –
ma t h ema t i s c h e n Pr ämi s sen zum Bilanz–
s t i cht ag ver i angen, wä h r e nd un t e r US
GAAP die Bewer tung zum „early measure–
me n t da t e " vo r g e nomme n we rden kann,
d. h. der Bewe r t ungs süch t ag kann auch
vor dem Bi lanzst ichtag liegen.
- lAS 39 Ofi^balance Transakt ionen: lAS
39 sieht im Vergleich zu US GAAP z. T
engere Vor aus se t zungen für die Ausbu–
chung von Ve rmögen s gegen s t änden im
Rahmen sog. as se t backed-Transakt io-
nen vo r
- lAS 36 Imp a i rme n t Goodwi l l : Der
Goodwi l l - Impa i rmen t -Tes t
unter
IFRS
ent spr i cht formal we i t gehend d em Good-
wiU- lmpa i rment -Tes t u n t e r US GAAP
Gleichzeitig s ind jedoch au s IFRS-Sicht
einige me t hod i s che Unt er schi ede zu be–
rücks i cht igen ( i nsbesonde r e ein- s t a t t
zweistufiger Test, Test de s Goodwills auf
der
Cash Generating Unit-
s t a t t (i.d.R.
höheren) Repor t ing Unit-Ebene).
Darüber h i naus gibt es im Detail eine
Reihe von Unt er schi eden zwi schen US
GAAP und IFRS, die z u s amme n genom–
me n j edoch nicht zu we s end i chen Aus–
wi rkungen führen.
ICV:
Welche Veränderungen e rwa r t en Sie
in Ihrer zukünf t igen IFRS-Konzernbilanz
gegenübe r d em heu t i gen Absch l us s als
US-GAAP-Bilanzierer? Müs sen Sie wesent –
l iche Ve r ände r ungen g e g e n ü b e r d em
Kapi talmarkt kommuni z i eren?
TK:
Unsere Strategie und unse r en Um–
stel lungsfahrplan ha t t e ich e ingangs kurz
e r l ä u t e r t . Da wi r de r z e i t m i t t e n im
Ums t e f l ungsprozes s sind, mö c h t e ich
mi ch zu einzelnen Aspekt en nicht äu–
ßern . Das Nennen einzelner Umstel lungs-
efl'ekte auße rha l b des Gesamt zusammen–
hang s des IFRS-Abschlusses führt letzt–
lich zur Verwirrung, weil die IFRS-Effekte
isoliert nicht interpret ierbar sind und dann
no twend i g auf den bekann t en US GAAP-
Abschluss bezogen würden ; es wü r den
also ganz klassisch „Äpfel mi t Birnen"
vergl ichen. Wir sollten uns also bis zur
Veröffendichung der vol lständigen, ge–
prüften und mi t uns e r en Gremien bespro–
chenen Zahlen Anfang 2006 gedulden.
Zur Klarstellung nur der Hinweis, d a s s da s
Un t e rnehmen un t e r IFRS wohl kein ande–
res als un t e r US GAAP sein wird. Beide
Sys t eme sind ausgereift und vermi t teln
ein hinreichend klares und sehr ähnl iches
Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertrags–
lage. Ferner noch der Hinweis, da s s für
uns als IFRS-Erstanwender der Stand der
IFRS Anfang 2006 maßgebl i ch sein wird.
Trotz gegenteiliger Bekundungen gibt es
in ein oder zwei für uns wesent l ichen De–
tailfragen derzei t noch erhebl iche Instabi–
lität, auf da s Thema „Emissionsrechte"
ha t t e Ich ja schon hingewiesen.
ICV:
Welche Er fahrungen ma c h e n Sie im
Rahmen de s Einführungsprozesses mi t
d em St anda rd IFRS 1 und wie ges t a l t en
Sie den IFRS-Einführungsprozess?
TK: Der IFRS 1 formuliert im Wesent l ichen
einige Au s n a hme n vom Grundpr inzip der
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