Seite 93 - CONTROLLER_Magazin_2004_06

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recht zu erha l t en, e i nbezogen werden .
Dies ist i rrat ional , da die Ausgaben s chon
ge t ä t igt wo r den s ind u n d ni cht rückgän–
gig g ema c h t we rden können - nur zu–
künft ige Kosten u n d Eriöse s ind relevant .
Der Effekt kann dazu führen, d a s s ver–
l us t r e i che Proj ekt e n i ch t au f gegeben
werden . Im Volksmund he i ß t es dazu;
„Dem sch l ech t en Geld noch Gutes hinter–
he r werfen".
Attributionseffekte:
Wie berei ts eingangs
e rwähn t , neigen Mens chen oft dazu, po–
sitive Entwicklungen sich selber und den
eigenen Hand l ungen („unsere Strategie")
zuzuschr e i ben , wäh r end negat ive Ent–
wicklungen ande r en Personen oder ex–
t e r nen Einflüssen („die Wi r tschaf tsent –
wicklung") zugeschr i eben werden.
Gruppendenken:
Auch soz i a l psycho–
logi sche Faktoren spielen eine e n o rme
rol le. Obwoh l a n g e n o mm e n we r d e n
k a nn , d a s s im Di a log e i ne r Gr u p p e
I r r a t i ona l i t ä t en au s geg l i chen we r d e n
können , zeigen Un t e r suchungen , d a s s
genau d a s Gegenteil der Fall ist. Gruppen–
mi tgl ieder ve r t r auen darauf, d a s s „die
ande r en es schon wi ssen mü s s en" . Auch
he r au s r agende Personen ordnen sich oft
e i ne r v e rme i n t l i c h v o r h e r r s c h e n d e n
Gr uppenme i nung u n t e r
Theorieansätze zur Erl<lärung des
Wirl<ens der psychologischen Fal<-
toren in Krisensituationen
Die be s ch r i ebenen Fälle s ind
bei jedem Menschen in Ab–
hängigkei t von seiner Persön–
lichkeit unterschiedl ich s tark
ausgepr äg t . Allerdings häng t
die St ärke ihres Einflusses
auch von mome n t a n e n Situa–
t i onen , wi e be i sp i e l swe i s e
S t r e s s a b . Eine Un t e r –
nehmenskr i se läuft in der Re–
gel den grund l egenden Inter–
e s s e n d e r Füh r ung s k r ä f t e
e n t g e g e n u n d ist d a du r c h
s t ark St ress aus lösend . Dies
gilt i nsbesonde r e dann , wenn
die Krise auch Auswi rkungen
auf d i e p e r s ö n l i c h e Ver–
mö g e n s p h ä r e h a b e n kann ,
wi e e s be i
g e s c h ä f t s –
f üh r enden Gese l l scha f t e rn
k l e i n e r
u n d
m i t t l e r e r
Un t e r nehmen häufig der Fall
ist.
Ein Erk l ä rungsansa t z für da s Auftreten
de r Ra t iona l i t ä t s fa l l en be s ch r e i b t di e
be s ch r änk t en kogni t iven Fähigkei ten ei–
ne s Men s chen , komp l exe Si t ua t i onen
vol l s tändig zu erfassen und schnel l zu
e iner En t s che i dung zu ge l angen . Da–
neben gibt es in der wi ssenschaf t l ichen
Forschung zwei wei tere Erklärungsan–
sä t ze , näml i ch zum einen d a s
Konzept
der kogni t iven Di s sonanz
u n d z um an–
deren d a s
Kontrollmotiv.'"
Die Theor ie de r kogni t iven Di s sonanz
besag t , d a s s der Mensch s t e t s b emü h t
ist,
Uns t immi gke i t en in se iner e i g enen
Wahrnehmungs - und Gedankenwel t zu
verme i den
ode r diese schnel l s tmögl ich
zu besei t igen. Die Stärke des Bedürfnisses
nach kogni t iver Dissonanzfreihei t
häng t
v om Commi tment für di e jewei l s ge–
t r o f f e n e E n t s c h e i d u n g ab .
Da s
Commi tmen t einer Person für eine Ent–
sche i dung häng t wi ede rum von verschie–
denen Faktoren ab wie Ent sche idungs –
f r e i he i t ,
V e r a n t w o r t u n g ,
No rm–
abwe i chung und Kosten der Entschei–
dung (auch „psychi scher Kosten").
Der zwei te Theor i eansa t z legt da s soge–
n a n n t e Kontrol lmot iv zug r unde .
Men–
s c h e n s t reben danach , ihre Umwe l t
kontrol l ieren zu können .
Dabei geh t e s
nicht um t a t säch l i che Kontrolle, sonde r n
um
emp f und e n e , w a h r g e n omme n e
Kontrol le.
S i t ua t i onen , in d e n e n de r
Mensch da s Gefühl hat , diese nicht me h r
CM
Controller
magazin 6/04
Strategische
Krise
Ergebnis–
krise
Liquiditäts–
krise
Insolvenz
Bedeutung
„Psychologischer
Effekte"
Abb. 2: Psychologische Effekte nehmen zu
597
kontrol l ieren zu können , rufen Unbeha–
gen he rvor Eine Un t e r nehmenskns e führt
dazu , d a s s die Füh r ungsk r ä f t e e i nen
Kont rol lver lus t w a h r n e hm e n könn e n ,
bei spiel swei se auch de sha l b , weil ande–
re int erne und ex t e rne Akteure an Ent–
s che i dung sma ch t gewi nnen . Das Phäno–
men de s Kontrol lverlustes kann unter–
schiedl iche Reakt ionen hervorrufen, wie
beispielsweise ex t r em ges t e iger t e Risiko–
freude gefolgt von un t e r Ums t änden ge–
s teiger ter Risikoscheu, Fluchtverhal ten,
od e r e b e n d e n o b e n b e s c h r i e b e n e n
„Irrat ional i täten".
Berücksicht igt ma n die be iden oben be–
schr i ebenen Theor i eansä t ze , wird deut –
lich, d a s s sich der Grad der Stärke und
der Bedeu t ung der psychologi schen Ef–
fekte mi t dem Grad der Wa h r n e hmung
der Un t emehmen s k r i s e und d em wahr –
g e n omme n e n Hand l ung s d r uck in Zu–
s amme n h a n g br ingen lassen. Psycholo–
gi sche Effekte, Wa h r n e hmu n g der Krise
und Hand l ungsd r uck bed i ngen und ver–
s t ärken sich gegensei t ig und beeinflussen
so d a s Denken und Hande ln der Ent–
s che i dungs t r äge r in dieser Si tuat ion. Die
Be d e u t ung p s ycho l og i s che r Fak t or en
n immt im Krisenveriauf al so zu, u n d je
s t ärker der Hand l ungsd r uck wird, de s t o
s t ä r k e r k a n n di e Fü h r u n g s k r a f t ge–
dankl ich von der „rat ionalen, bet r iebs–
wi r t s c h a f t l i c h e n " S i t ua t i on e n t r ü c k t
we rden .