Seite 90 - CONTROLLER_Magazin_2004_06

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Controller
magazin 6/04 - Lars Sudmann / Wolfram Lenzen
„Meh r augenp r i nz i p" ge r ade bei KMU
häufig nicht vo r h a nd e n ist. Aus diesen
Gründen
treten die u n b ewu s s t ablau–
f enden ps ycho l og i s chen Prozes se
hier
be sonde r s starl< auf und beeinf lussen
s omi t a u c h b e s o n d e r s deu t l i ch d a s
Wa h r n e hmu n g s - u n d En t s che i dung s –
verha l t en.
Unternehmenskrise
Eine Unt ernehmenskr i se soll hier definiert
werden als ein ungewünsch t e r Prozess,
der da s Zielsystem des Un t e r nehmens
derar t beeinflusst,
das s eine Bestands–
ge fährdung d e s Un t e rnehmen s ein–
treten
kann. Dabei wird unterstellt , das s
der Bestand des Un t e rnehmens ein grund–
sätzl iches Element des Zielsystems ist.^
Der
Verlauf einer Unt ernehmenskr i s e
l äss t sich schema t i s i e r t a n h a n d dreier
Pha s en beschreiben.^ Die er s t e Pha s e ei–
ner Un t e rnehmenskr i se ist die sogenann–
t e
Strategi sche Krise.
Sie ze i chne t sich
dadu r ch aus , d a s s langfristige Erfolgs–
pot enz i a l e zers tör t oder nicht e rkann t
we rden . St rategi sche Krisen können bei–
spielsweise in der Produktpol i t ik, im ge–
wäh l t en Un t e r nehmen s s t ando r t oder der
Produk t i ons t echno l og i e beg r ünde t sein.
Der s t r a t egi schen schl ießt sich die
Er–
folgskrise
an. letzt erwi r t schaf tet da s
Un t e r nehmen Veduste und zehr t dadu r ch
sein Eigenkapi tal auf. Es en t s t eh t dabe i
die Gefahr einer bilanziellen Überschul–
dung , ein Ta tbes t and, der eine Insolvenz–
ant ragspf l i cht aus l ös en kann . Erfolgs–
krisen können z. B. in Umsa t zrückgängen,
Preisverfall und Kos t ens t e igerungen be–
g r ünde t sein. Aus einer Erfolgskrise wird
schl ießl ich e ine
Liquidi tätskri se .
Die
Zahlungsfähigkei t de s Un t e r nehmen s ist
bed r oh t ode r nicht me h r vo r handen . Die
finanziellen Hand l ungs sp i e l r äume wer–
den ger inger Eine d r ohende ode r vor–
handene Zahlungsunfähigkei t kann eben–
falls e i ne I nso l venzan t r agsp f l i ch t be–
g r ü n d e n . Beispiele hierfür s ind Zins–
fälligkeiten ohn e Deckung ode r Kürzun–
gen der Kredidinien.
Diese Pha s en einer Un t e r nehmensk r i s e
we rden dur ch die Faktoren
Wahrnehm–
barkeit und Hand l ungsdruck s ow i e
Handlungs spi e l raum bzw. Handlungs –
fähigkeit
flankiert, wie Abbi ldung 1 ver–
deut l icht .
Eine s t ra t egi sche Krise läss t sich gewöhn–
lich nur schwe r an s og e n a nn t e n „har–
t en" Faktoren e rkennen . Sie findet keinen
unmi t t e l ba r en Niederschlag in den Um–
satz- und Ergebniszahlen de s Unterneh–
me n s und dami t in der Regel auch nicht
in den klass i schen, auf ha r t e Faktoren
aufgebau t en Cont rol l ingsys temen. Ent–
sp r e chende Ansä t ze zur Erkennung von
langfristigen, s t ra t egi sch b e d e u t s ame n
Entwicklungen sind im Normalfall bei
kleinen und mi tderen Un t e r nehmen nicht
impl ement i er t . Aus d i esem Grund ist die
Wahrnehmung einer s trategi schen Kri–
s e durch die Geschäftsführung oder
das Controlling am schwi er i gs t en.
Dies
ist insowei t t ragi sch, da die
Handlungs –
spi e l räume in der s t rat eg i schen Krise
n o c h am größ t en s ind.
Man denke
be i spi e l swe i se da r an , d a s s die Finan–
z i erungsspi e l räume für s t ra t egi sche Neu–
aus r i ch t ungen in einem solch frühen Zeit–
punk t noch gegeben sind. Aufgrund die–
ser Hand l ungs sp i e l r äume , der vorhan–
denen Zahlungsfähigkei t und der fehlen–
den Wahrnehmba rke i t ist der Handlungs–
druck auf die Geschäf tsführung und da s
Controlling j edoch am ger ings t en. Neben
de r Geschä f t s führung e r kenn t häuf ig
a u c h d a s Un t e r n e hme n s umf e l d , wi e
bspw. Lieferanten und Banken eine stra–
t egi sche Krise nicht .
Impul se au s d em
U n t e r n e h m e n s u m f e l d , d i e e i n e n
Hand l ungsdruck au s l ö s e n könn t en ,
s ind kaum vorhanden .
Wah r nehmung
&
Hand l ungsd r uck
Hand l ungs -
spiei raum
Strategische
Krise
Ergebnis–
krise
Liquiditäts–
krise
Insolvenz
Abb. 1: Wahrnehmung und
Handlungsdruck
In der Erfolgskrise erwirtschaftet da s Un–
t e r nehmen Veduste. In diesem Stadium
steigt die Wahrnehmba rke i t der Unter-
n e hme n s kn s e an. Insbesondere da s Con–
trolling sieht erste Anzeichen im Rahmen
der Auswer tung der Geschäftszahlen. Zu–
dem bes t eh t die Möglichkeit, da s s weite–
re Stakeholder insbesondere die finanzie–
r enden Banken, Anzeichen der Unter–
n e hme n s k r i s e b eme r k e n .
Der Hand–
lungsdruck auf die Geschäftsführung
wird größer, der Handlungsspielraum
wird e ingeengt .
In diesem Stadium kön–
nen noch kurzfristig wi rkende Kostenein–
spa rungen oder Erfolgspotenziale umge–
setzt werden. Die Verantwor tung des Con–
trollers steigt , ohne da s Ergreifen von Ge–
g e nma ß n a hme n ist die Liquiditätskrise
häufig nicht meh r zu verhindern.
Die Liquidi tät skr i se ist we i thin wahr –
n e hmb a r So können z. B. Kapi taldienste
n i c h t e r b r a c h t u n d
L i e f e r a n t e n –
r echnungen nicht bezahl t we rden . In der
Liquidi tätskrise ist kein finanzieller Hand–
lungsspi e l raum meh r vo r handen und der
Einfluss Dri t ter e twa der Banken, eng t
den Hand l ungs sp i e l r aum de r Geschäfts–
führung ext rem ein. Der Hand l ungsdruck
n immt seine s t ä r ks t e Ausp r ägung an.
Neben de r Geschäf t sführung ist auch de r
Cont rol ler nun ex t r em geforder t . Der
Druck wird dadu r ch maximi er t , d a s s die
Geschäf t s führung in d i e s em S t ad i um
gese t z l i ch dazu verpfl ichtet se in kann,
e i nen Insolvenzantrag zu stel len.
Falls
d em nicht Folge geleistet wird, d r ohen
eventuell auch strafrechtliche Konsequen–
zen für die Geschäf tsführung.
[e wahrnehmbarer und drohender e ine
Unt emehmenskr i s e wird, des to stärker
wi rkt s i ch der Einf luss von unbe –
wu s s t en , psycho l og i s chen Verhaltens-
mu s t em auf die Geschäftsführung und
das Controlling aus.
Es wird vers tärkt
versucht werden, Anzeichen zu leugnen,
da s Ausmaß herunterzuspielen oder da s
eigene Fehlverhalten
zu
rechtfertigen.
Die Rolle des Controllers
Dem Controller kommt im Veriauf einer
Un t emehmen s k r i s e eine en t s che i dende
Bedeu t ung zu. In seiner Funkt ion ist der
Controller derjenige, der en t s p r e chende
Kr i s e n a n z e i c h e n im R a hme n s e i n e r
Control l ingtät igkei t e r kennen bzw. ent–
s p r e c h e nd e I n s t r umen t e zur Krisener–
kennung und Abwehr im Rahmen eines
Ri s i komanagemen t s entwickeln kann .
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