Seite 41 - CONTROLLER_Magazin_2004_06

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Controller
magazin 6/04
transaktion zur mitlaufenden Kontrolle
e i nge s e t z t werden, wodurch sich
S ch l üs s e l annahmen zum Erwerbs–
zeitpunkt kritisch verfolgen lassen.
Vollausschüttungshypothese hinter–
fragen
Die
im methodenkonformen integrierten
Finanzpl an abzub i ldende Vollaus–
schüttung aller freien Cash-flows kann
der Controller durch Betrachtung der
Plan-Bilanz am fehlenden Kassen- bzw.
Geldbestand erkennen. In der Regel sind
auch keine Wertpapiere des Umlaufver–
mögens vorhanden.
Vollausschüttung ist in den DCF-Modellen
der Unternehmensbewertung standard–
mäßig so konzipiert, dass Entnahme- bzw.
Ausschüttungsbegrenzungen als stets
überwindbar gelten. Gerade dieses sollte
vom Bewerter in jedem Einzelfall über–
prüft werden. Wer mehrheiüich ein Un–
ternehmen erwirbt, kann leichter Cash-
flows zur Ausschüttung führen als im
Falle eine Minderheitsbeteiligung. Im letz–
teren Fall sollte aus Gründen kaufmänni–
scher Vorsicht besonderer Wert auf die
erwarteten Bilanzgewinne gelegt werden,
da eine faktische Vollausschüttung ohne
Zustimmung der Eignermehrheit nicht
durchsetzbar erscheint. Übersteigt der
Cash-flow den handelsrechtlichen jahres–
überschuss sowie den Gewinnvortrag, ist
die weitere Eigenkapitalstruktur auf so–
fortige Auflösbarkeit hin zu untersuchen;
ggf. sind Eigenkapitalherabsetzungen ein–
zuplanen. Hierbei sollte auch an den Fall
der bilanziellen Überschuldung als mögli–
che Nebenbedingung gedacht werden, je
mehr Einschränkungen man im Einzelfall
für die Eigenkapitalgeberposition erkennt,
umso eher empfiehlt
sich eine
Abkehr
von den Entity-Ansätzen und die Zuwen–
dung auf den praxisgerechteren FTE-An–
satz, da dieser zumindest im Zähler der
Diskontierungsformel sämtliche Beson–
derheiten und Nebenbedingungen aus
Eignersicht erfassen kann. Allerdings setzt
man sich dann dem Vorwurf einer „me–
thodischen Annahmenbeliebigkeit" aus,
was aber für interne Diskussionszwecke
kein gravierendes Akzeptanzproblem auf–
werfen dürfte.
Veränderungen des Working Capital
nicht vergessen
Ein bedeutender Fehler vieler praktischer
Unternehmensbewertungen findet bei
der Prognose des Working Capitals statt.
Unter Working Capital versteht man die
Differenz aus Umlaufvermögen und kurz–
fristigen Verbindlichkeiten. Separiert man
diejenigen Positionen, die sachlich eng
mit kurzfristiger Geldbeschaffung (bspw.
Kontokorrentkredit) und Geldanlage
(bspw. Wertpapiere des Umlaufvermö–
gens) verknüpft sind, verbleibt eine Teil–
menge, die sich mit „operativ erforder–
lichem Betriebsvermögen oder Betriebs–
kapital" umschreiben lässt. In der Regel
führen Wachstumsprozesse nicht nur zu
zusätzlichen Zugängen bei den Sachan–
lagen, sondern parallel auch zu einem
Anstieg des operativ erforderlichen Be–
triebsvermögens.
Drei Beispiele:
/ Betrachtet man den
Wert treiber
„Umsatzwachstum",
so wird dieses
bspw. in reifen Märkten oder im Rah–
men von Marktdurchdr ingungs–
strategien vielfach durch Gewinnung
von Kunden mit ungüns t igeren
Zahlungssitten realisiert, was Um–
satzerlöse ohne zeitgleiche Einzah–
lungen provoziert . Die erhöhten
Forderungsbestände (als Teilmenge
des erforderlichen Betriebsvermö–
gens) sind entsprechend vorzufinan-
zieren. Dieser Prozess endet erst,
wenn das Umsatzwachstum aus–
bleibt und sich das Zahlungsver–
halten der Kunden stabilisiert. In Län–
dern mit schlechter Zahlungsmoral
kommt allein schon der
Zahlungs–
sittenanalyse
eine erhebliche Bedeu–
tung im Rahmen einer Unterneh–
mensbewer tung oder Geschäfts–
bereichsbeurteilung zu.
/
Eine
Erhöhung der Fert igungs–
kapazität
wirkt sich in der Regel so–
fort auf die Bestandentwicklung von
Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen aus.
Es hängt nun von den Konstellatio–
nen auf den Beschaffungsmärkten ab,
ob sich hieraus positive Einkaufs–
ef fekte ergeben (bspw. l ängere
Zahlungsziele durch die Lieferanten
und/oder Rabatte), die den Bestands–
zuwachs an vorzufinanzierendem
Umlaufvermögen durch Aufbau kurz–
fristiger Verbindlichkeitspositionen
kompensieren helfen.
/ Ein weiterer wichtiger Einflussfaktor
auf die Prognose der Working Capi-
tal-Veränderungen sind
Nachfrage–
zyklen,
die sich auf die Bestands–
situation an Halb- und Fertigfabrika–
ten auswirken können: Ein auf Lager
liegendes Produkt hat Ressourcen
und damit auch Cash-flow verzehrt,
aber noch keine Umsatzeinzahlung
generiert. Stockender Abverkauf er–
höht den Finanzierungsbedarf zur
Wahrung des finanziellen Gleichge–
wichts in einer Periode.
Gerade im Bereich des Working Capital
kann eine integrierte Finanzplanung
Abbi ldungs- und dami t erhebl i che
Bewertungsfehler vermeiden helfen, da
hier die notwendige Differenzierung von
Cash-flow- und Ergebni srechnungs–
größen konsequent umgesetzt wird. Die
Auseinandersetzung mit dem Working
Capital lenkt zudem den
Blick auf die
Leistungserstellungsprozesse
im Unter-
nehmen und kann
Ausgangspunkt
einer näheren Prozessanalyse im Rah–
men einer Due Diligence sein.
Kalkulatorischer Unternehmerlohn
beim Erwerb von Personengesell–
schaften
Denken wir uns eine Kapitalgesellschaft,
die eine Personengesellschaft erwerben
möchte. Oder denken wir uns einen an–
gestellten Steuerberater, dem ein Ange–
bot vorgelegt wird, eine andere Steuer–
kanzlei zu übernehmen. In beiden Fällen
sind kalkulatorische Kosten bei der Unter–
nehmensbewertung zu berücksichtigen,
was zu einer Reduktion der Kaufpreis–
zahlung führen wird. Erwirbt man eine
Personengesellschaft, so wird man für
das bislang inhabergeführte Unterneh–
men ein neues Management benötigen.
Anstelle kalkulatorischer Kosten kann
man selbstverständlich auch von einzu–
planenden zusätzlichen Personalkosten
sprechen. Überlegt sich im zweiten Fall
ein angestellter Steuerberater den maxi–
mal zu zahlenden Kaufpreis für die ihm
offerieriie Kanzlei, so hat er zu bedenken,
dass ihm nach dem Erwerb
die Hand–
lungsalternative „als Angestellter sein
Geld verdienen" nicht mehr zur Ver–
fügung s teht
und damit Teil seiner
Opportunitätskosten wird. In beiden
Situationen gilt es also eine Welt herzu–
stellen, in denen der Käufer als reiner
Kapitalist gedacht wird: Ein Investor,
dessen primäres Handlungsmotiv das
Erzielen von Einkommen durch Kapital-
überiassung (und nicht durch aktive
Mitarbeit) im zum Erwerb angebotenen
Unt e rnehmen darstel l t . Genau auf
dieser Sichtweise basieren die DCF-
Verfahren.
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