Seite 4 - CONTROLLER_Magazin_2004_06

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magazin 6/04 - Josef Hattig
Es hat mit der IVlarkensubstanz und der
Markenqualität zu tun, wenn, um einige
Beispiele zu nennen, etwa die Deutsche
Post AG ihre Logistik mit der Marke „DHL"
verbindet, wenn aus der Preussag, ei–
nem Grundstoffkonzern, jetzt der Markt–
führer „TUl" wird, wenn die Touristik-Air–
line „Condor" von Thomas Cook über–
nommen, „Thomas Cook" genannt und
nach einiger Zeit, nämlich in diesen Ta–
gen, wieder auf „Condor" zurückbenannt
wird. Hapag Lloyd, die TUl-Marke, fliegt
jetzt auch im Billig-Preissegment. Lassen
sich diese Platzierungen, Veränderungen,
im Goodwill wiederfinden?
WennBeck ' s für3 , 5Mrd.DM= 1,8 Mrd.
Euro an Interbrew verkauft wird,
was
eigentlich hat den Käufer veranlasst,
diesen Preis zu zahlen?
Kapazitäten,
Organisationen, Kundenbeziehungen,
Vertriebsbindungen, technisches Know-
How, Qualitätsprogramme? Brauerei–
kapazitäten gibt es auf der Welt hin–
reichend, Bier zu brauen ist Können, aber
nicht auf Geheimnisträger begrenzt .
Qualität ist auch Geschmackssache, da
gibt es Unterschiede. Können, Qualität,
Geschmack gibt es, etwa in Deutschland,
umfassend und trotzdem ist die Erwar–
tung, einen solchen Preis zu erzielen, sehr
zurückhaltend formuliert, kein Selbst–
läufer Wenn man sich in diesen Tagen im
deutschen Biermarkt umsieht, kann man
das schnell bestätigt finden.
Natürlich
werden auch Synergien gekauft. Aber
Synergien haben kurze Beine.
Mit ih–
nen läuft man nicht allzu lange.
Gekauft wird Marke, ihr Erfolg, Ihre
Substanz für weiteren Erfolg, zu
Hause und weltweit
Den Markenwert zu erfassen, lässt nach
der dafür notwendigen Grundorientie–
rung fragen. Die Antwort gibt schon in
den 20iger jähren des zurückliegenden
Jahrhunderts Domizlaff; „Der Wert eines
Markenartikels beruht auf dem Vertraut–
sein des Verbrauchers mit dem Gesicht
des Markenartikels."
Vertraut heißt be–
rechenbar, wiedererkennbar, selbst–
ähnlich, zutrauend, zutrauen.
Vertrauen
ist Emotion.
Ansehen,
wir sind gewohnt
Image zu sagen,
ist in der Gefühlswelt
verankert,
wie sehr diese auch ihre ratio–
nalen Bezugspunkte haben mag.
Wir blicken, wenn wir nach dem mone–
tären Markenwert fragen, also auf den
Konsumenten, den Verbraucher. Die Me–
thoden, den Markenwert zu erfassen,
will ich nur andeuten: Sie lassen sich
zusammengefasst in finanz- und konsum–
orientierte aufteilen. Die methodische
Differenzierung hat sicher ihre Nützlich–
keit, wie jedes methodische Bemühen.
Entscheidend ist jedoch der Verbraucher
Auch alle methodischen Fragen muss
letztlich er beantworten. Überhaupt sind
Zahlen in der Zielsetzung, den Marken–
wert zu erfassen, sehr problematisch,
tendenziell eher Täuschung als ziel–
führend.
Marke ist Qualität und Emotion
Es bedarf keiner langen Ausführungen,
dass technische, also körperliche Pro–
duktqualität, eine unabdingbare Größe
für Markterfolg ist. Das eigentliche Pro–
blem liegt seit längerem und wohl auch
zukünftig in der Frage, wie transportiere
ich Qualität, wie kommuniziere ich sie,
wie wird sie durch die Marke unverwech–
selbar An meine Eingangsbemerkung zur
Emotionalität der Kommunikation darf
ich erinnern.
Damit ist zu fragen, ist die Qualität für sich
genommen ein hinreichendes Unterschei–
dungsmerkmal? Kann sich etwa die Bier–
marke X durch tatsächliche oder behaup–
tete Qualitätsunterschiede bei Hopfen,
Wasser, Malz usw. im Markt mit einer
Alleinstellung positionieren? Von tech–
nisch komplizierten und damit erklärungs–
bedürftigen Produkten einmal abgesehen,
ist die technisch-qualitative Gleichwertig–
keit der Produkte eine tatsächliche, zu–
mindest nicht auszuschließende Grund–
einstellung des heutigen Verbrauchers. Mit
anderen Worten: Selbst qualitativ unter–
scheidbare Produkte im gleichen Produkt–
segment sind für den Verbraucher in der
produkttechnischen Bewertung mehr
oder weniger vergleichbar, in dieser Kon–
sequenz also Gattungsbegriffe.
Gattung heißt: Austauschbar.
Gattung
ist nicht Marke. Herkunft ist nicht Marke.
„Made in Germany" vielleicht noch Sta–
tik, aber nicht Inhalt der Marke. Es heißt
in einer global organisierten Wirtschaft
„Made by DaimlerChrysler", „Made by
BMW", der Hinweis auf Deutschland ist
allenfalls Unterbau, nicht Inhalt.
je mehr Gattung, umso notwendiger die
Unterscheidungsmögl i chkei t ,
ums o
härter die Antwort durch die Gefühls–
welt.
Psychologische Segmentierung also
die Herausforderung.
Marke ist Qual i tät und Emo t i on .
Produktqualität ist eine unabdingbare
Größe für den Markterfolg. Aber das ei–
gentliche Problem liegt in der Frage,
wie
transportiere ich Qualität, wie kommu–
niziere ich sie,
wird
sie
nur durch die
Marke unverwechselbar? Damit halte ich
fest,
dass Sachverhalte heute und zu–
künftig zunehmend im Wesentlichen
nur durch Emot ionen noch trans–
portierbar sind.
Kann man Marke, kann mit ihre
Gefühlswelt organisieren?
Ist Marke an einen Vorstand, Unterneh–
mensbereich, eine Hauptabteilung zu
delegieren, also Teil der funktionalen Or–
ganisation? Haben die Funktionsträger
dann die höheren Weihen, den dominie–
renden Anspruch, was sagen die Ande–
ren dazu, etwa der Vertrieb, das Con–
trolling, die Technik. Zunächst: Auch
Markenführung ist handwerkliche Arbeit.
Die handwerklichen Teile des Marketing
erfordern Schlussfolgerungen, die letzt–
lich den Verbraucher antworten lassen
müssen, ihn gewissermaßen simulieren.
Aus Fakten wird in die Gefühlswelt des
Verbrauchers interpoliert.
Wohl un–
schwer ist die Feststellung zu akzeptie–
ren, dass vor diesem Hintergrund das
Handwerkliche besonders konzentriert,
qualifiziert erfolgen muss. Insoweit ist
Marketing ein Funktionsträger der Orga–
nisation wie jeder andere Unternehmens–
teil. Schlussfolgerungen sind ein Denk–
sport besonderer Art; und viel schwieri–
ger, wenn die Schlussfolgerung Emotio–
nalität verstehen und bewirken muss.
Ichwill in diesem Kontext nur einen Punkt
der Arbeitsweise ansprechen: Das sog.
„Briefing" als Auftrag an die Agentur
zur kreativen Leistung. Briefing ist Kurz–
fassung, konzentrierte Gedankenführung
zu dem, was ichwill, warum ich es will.
Konzentrierte Gedankenführung verlangt
konzentrierte Sprache. Einfach, knapp,
verständlich, keine Interpretationsweide
der Agentur
Das Briefing belegt, be–
weist, ob das Unternehmen weiß, was
es will.
Ist es wirklich eine Kurzfassung,
sprachlich prägnant und jeder „Bläh-
Sprache" entzogen? Wie wird Briefing und
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