Seite 39 - CONTROLLER_Magazin_2004_06

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Cont rol l er ma g a z i n
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die bei sonst gleichen Daten aufgrund
ihrer Unsicherheit mit einem höheren
Zinssatz zu diskontieren sind und damit
stets weniger wert sein miJssen (vgl.
näher Kruschwitz/Löffler 1999) .
Wer
unterschiedl iche Finanzierungsprä–
missen unterstellt, braucht sich nicht
über abwei chende Unternehmens –
werte zu wundern.
Lediglich in einer
Bewertungssituation, die nur den Global–
prognosezeitraum in Form eines ewigen
Rentenmodells betrachtet (bspw. aus
Gründen mangelnder Datenlage und/
oder aufgrund erhöhten Zeitdrucks),
wirkt sich die Annahme der Finan–
zierungspolitik nicht auf den Unter–
nehmenswert aus: Im Modell der (ein–
fachen) ewigen Rente sind alle DCF-Ver–
fahren sowohl ineinander überführbar
als auch zu beiden Finanzierungs–
ansätzen kompatibel, wenn sie konse–
quent der Bruttogewinnhypothese fol–
gen. Wertdifferenzen treten nicht auf. Da
die Literatur zunächst intensiv die DCF-
Verfahren im Rentenmodell diskutierte,
mag sich das „Vorurteil" festgesetzt ha–
ben, auch im endlichen Planungshorizont
müssten alle Verfahren gleiche Unter–
nehmenswerte erzeugen. Dass durch die
Aufgabe der Unendl ichkeitsannahme
zugleich eine Finanzierungspolitik fest–
zulegen ist, die den Unternehmenswert
beeinflusst, wurde einige )ahre nicht sehr
betont.
Im Zwei -Phasen-Model l weisen die
Finanzierungsannahmen den Weg zum
theoriekonformen Methodeneinsatz. Der
eigentümerorientierte
FTE-Ansatz
(Flow
to Equity), der uns intuitiv einleuchtet,
kann hier nur dann zu korrekten Resulta–
ten führen, wenn bereits mit einem ande–
ren Verfahren gerechnet wurde:
>• Bei autonomer Kreditplanung ändern
sich die Verschuldungsgrade sowie
die Wertbeiträge der Tax Shields in
jeder Periode des Detailprognose–
zeitraumes und damit auch die zur
Diskontierung heranzuziehenden
Eigenkapitalkostensätze. Leider kann
man diese erst bestimmen, wenn man
die entsprechenden Verschuldungs–
grade kennt. Um diese zu ermitteln,
benötigt man unter anderem die je–
weils periodenspezifischen Werte des
Eigenkapitals. Und diese sind gerade
gesucht, so dass sich der Bewerter
„Zirkularitätsproblemen" aussetzen
würde, falls er nicht auf den APV-
Ansatz zurückgreift. Tut er das ,
kommt es lediglich zur Nachahmung
des ohnehin schon bekannten kor–
rekten Unternehmenswertes.
> Bei wertorientierter Kreditplanung
sind zwar die Eigenkapitalkosten–
sätze für den FTE-Approach bekannt,
doch ohne Kenntnis der perioden–
spezifischen Kreditbestände können
weder die Fremdkapitalzinsen und
-tilgungen, die Ertragsteuern, noch
abschließend die Free Cash-flows an
die Eigentümer bestimmt werden. Da
die Kreditbestände an den perioden–
spezifischen Gesamtunternehmens–
bzw. Bruttokapitalwert gekoppelt
sind, werden diese erst bekannt ,
wenn auch die jeweiligen Unter–
nehmensge samtwe r t e vorl iegen.
Folglich ist auf den WACC-Approach
zurückzugreifen, will man mit dem
eigentümerorientierten Verfahrens–
ansatz theoriekonforme Ergebnisse
erzielen.
Somit ist für den
FTE-Ansatz
bei Vedas–
sen des ewigen Rentenmodells festzu–
stellen, dass ihm
keine eigenständige
Problemlösungskompetenz
innewohnt
und sich
die Frage nach der überiegenen
DCF-Variante auf die Frage nach der
plausibleren Finanzierungspolitik im
Target zu konzentrieren scheint. Eine ggf.
dritte FinanzierungspoliUk, die „FTE-like"
ist, liegt (noch) nicht vor
Aus Praxissicht ist der autonomen
Finanzierungspolitik der Vorzug zu
geben:
>• Unternehmen planen primär konkre–
te Fremdkapitalbestände und keine
Fremdkapitalquoten, so dass man
allein aus Gründen der Vereinfachung
zum Bewertungszeitpunkt die Vor–
gabe von solchen Quoten rechtferti–
gen könnte.
>• Obligationäre und andere Kreditge–
ber wie Banken erwarten veriässliche
bzw. planbare Tilgungs- und Zins–
zahlungen ihrer Schuldner einschließ–
lich Stellung von Sicherheiten, wes–
halb sie sich wohl kaum auf an un–
sichere Unternehmensweri:e gekop–
pelte Kreditvergabeentscheidungen
einlassen werden.
>• Eine Unternehmenswertberechnung
mittels wertorientierter Finanzie–
rungsannahme kann sich als Bume-
rang erweisen, wenn die später tat–
sächlich realisierbare Fremdfinanzie–
rung signifikant teurer ist als durch
den WACC-Ansatz zum Bewertungs–
ze i tpunkt unt er s t e l l t ; übe rhöh t
berechnete Unternehmenswerte mit
überhöht gezahlten Kaufpreisen sind
die mögliche Folge, falls nach dem
Kauf nicht „quotenkonform" finan–
ziert werden kann.
Dass internat ionale Beratungsunter–
nehmen den WACC-Approach bislang
favorisieren, ist (für mich) vor diesem
argumentativen Hintergrund kaum ver–
stehbar
Die Ausführungen zeigen zu–
dem die kritischen Ansatzpunkte, die
Controller in die Methodendiskussion
zur Unterstützung der eigenen Argu–
mentationslinie einzubringen haben.
Deshalb abschließend
zwei Beispiele für
beliebte Methodenfehler,
mit denen sich
Bewerter blamieren, falls sie auf eine
methodisch kompetente Vertragspartei
treffen:
>• Wird einerseits mit einem laufzeit–
konstanten WACC-Zinssatz gerech–
net, werden aber andererseits Kredit–
bestände deterministisch im Bilanz–
plan eingestellt, so liegt ein Methoden–
fehler vor, denn: Wer den WACC-
Approach nutzt, muss die Kredit–
bestandsplanung im Target von den
prognos t i z i er t en Brut tokapi t a l -
werten in den künftigen Perioden
abhängig machen oder laufzeit–
spezifische Zinssätze benutzen.
>- Nutzt eine Verhandlungsseite den
FTE-Approach bei gleichzeitig auto–
nomer Kreditplanung, so ist zu be–
a ch t en , das s sich g emä ß der
Bru t t ogewi nnhypo t he s e
der
Verschuldungsgrad in jeder Plan–
periode ändert. Dann müssen die
Unternehmensbewer ter in ihrem
Modell aber auch mit perioden–
spezi f ischen Eigenkapi talkosten–
sätzen rechnen, wollen sie keinen
Methodenfehler betreiben.
Wertbeitrag des ewigen Rentenzeit–
raumes schlägt Zinssatzdisl<ussionen
Unter der Annahme eines Going-concern
wird ein Unternehmen bei einer DCF-
ba s i e r t en Bewer tung aus rechen–
techni schen Vereinfachungsgründen
und/oder mangels „natüriichem Tod"
oftmals als ewig lebend gedacht. Denkt
man sich ein sog.
Start-up-Unterneh-
men,
das aktuell noch keine positiven
freien Cash-flows zu erwirtschaften ver–
mag,
so bes t immt der Rest- bzw.
Fortführungswert des Globalprognose–
zeitraums in der Regel weit über
1 0 0 %
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