Seite 38 - CONTROLLER_Magazin_2004_06

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magazin 6/04 - Ralf Kesten
Niemand wird die oben knapp skizzierte
Welt, in der es eigentlich keine Banken
und keine nicht an der Börse gehandel–
ten Unternehmen bzw. Vermögens–
gegenstände gibt, als halbwegs der Rea–
lität ent sprechend charakterisieren.
Gleichwohl kann man bei Verhandlun–
gen die Argumentationsfunktion stützen,
wenn man der Gegenseite mit theoreti–
schen Argumenten die Datengewinnung
in Frage stellen kann. Deshalb ist es
manchmal nützlich, die Theoriewelt hin–
ter den DCF-Verfahren zu reflektieren.
DieAnnahmezur Finanzierungspolitik
best immt die Wahl des DCF-Ver-
fahrens
Akzeptiert man die Theoriewelt der DCF-
Verfahren, so lässt sich mittels Festlegung
einer eher autonomen oder einer eher
wertorientierten Finanzierungspolitik
im zu bewertenden Target die Verfahrens–
auswahl bestimmen. Diese Aussage gilt
insbesondere im Zwei-Phasen-Modell mit
einem endlichen
Detailprognosezeit–
raum: Theoretische Überlegungen haben
gezeigt, dass sich zwar am Ende bei allen
Verfahren gleiche Bewertungsergebnisse
erzielen lassen (vgl. bspw. Wallmeier
1999) . Allerdings setzt dies im endlichen
Betrachtungszeitraum einen Rückgriff auf
die Annahmenkombination eines ande–
ren DCF-Verfahrens voraus oder erfordert
zumindes t den Einsatz speziel ler
Lösungsalgorithmen. Im Klartext: Wer
bspw. eine autonome Finanzierung un–
terstellt, startet seine Bewertung am be–
sten mit dem APV-Ansatz, um ein korrek–
tes Modellergebnis zu erzielen und sog.
„Zirkularitätsprobleme" zu umgehen.
Möch t e er dann bei
glei cher
Finanzierungspolitik den WACC-Ansatz
anwenden, so werden methodisch kor–
rekte Resultate nur dann erreicht, wenn
der Bewerter auf den zuerst genutzten
APV-Approach zurückgreift; denn der
WACC-Ansatz geht von einer anderen
Finanzierungsprämisse aus. Doch wel–
chen Sinn macht diese „Harmoniesucht"
zwischen den DCF-Verfahren, die sich in
den letzten lahren hartnäckig in Theorie-
und Praxisbeiträgen ausmachen lässt,
wenn man sofort durch Einsatz eines
adäquaten Verfahrens sein Bewertungs–
problem korrekt lösen kann?
Abb. 4 zeigt wichtige Unterschiede zwi–
schen einer autonomen sowie einer wert–
orientierten Finanzierungspolitik:
>• Autonome Finanzierungspolitik be–
deutet die konkrete Planung von
Fremdkapitalbeständen
(FK) in al–
len Planungsperioden, wobei ein si–
cherer Kreditzinssatz (i), ein konstan–
ter Gewinnsteuersatz (s), ein bekann–
ter Eigenkapitalkostensatz bei ange–
nommener Schuldenfreiheit des Un–
ternehmens (k") sowie ein festes Inve–
stitionsprogramm als bereits gege–
ben zu unterstellen ist. Als Folge be–
kannter bzw. sicherer Fremdkapital–
bestände lassen sich sichere Tax
Shields in allen Perioden erzielen. Zur
Autonome
Finanzierungspolitik
i.d
.R.
abweichende
, Untemehmenswerte!
•Planung von konkreten FK.-Beständen
•i, s und FKo gegeben
•Künftiges Investitionsprogramm steht fest
•Sichere Steuervorteile in allen Perioden
durch Abzug der FK-Zinsen von der
Besteuerungsgrundlage (sicheres tax shield)
•k" sollte gegeben sein
APV-Ansatz führt uns
sofort zum Ziel!
FTE-Ansatz ist bei Annahme der
Bruttogewinnhypothese faktisch
überilüssig!
wertorientierte
Finanzierungspolitik
•Planung von wertorientierten FK-Quoten (a
bzw. FK/GK) bzw. einer sogenannten „Ziel-
Kapitalstruktur"; FK-Bestände unbekannt
•i, s und a gegeben
•Künftiges Investitionsprogramm steht fest
•Sichere Steuervorteile durch Abzug der FK-
Zinsen nur in der unmittelbaren Folgeperiode,
aber unsichere Steuervorteile in allen weiteren
nachfolgenden Perioden (unsicheres tax shield)
•k' sollte gegeben sein
WACC-Ansatz führt uns
sofort zum Ziel!
Abb.
4:
Zu präferierende
DCF-Verfahren beim Zwei-Phasen-Modell
in Abhängigkeit der im Target
anzunehmenden
Kreditfinanzierungspolitik
Abbildung dieser Politik ist der
APV-
Ansatz prädestiniert
(vgl. bspw
Kruschwitz/Löffler 1999 und 2003
Dinstuhl 2002 ; Henselmann/Knies
2002 , S. 293-294 ; Drukarczyk 2001
>- Wer tor i ent i er t e Finanz i erungs
Politik bedeutet die konkrete Planung
bzw. Vorgabe von zumeist perioden–
konstanten ökonomischen Fremd–
kapitalquoten (a), die sich aus der
Relation von Fremdkapital (FK) zum
Unternehmensgesamtwert (GK) er–
geben. Da die Fremdkapitalquoten
fest vorgegeben sind, spricht man
auch von einer
Zielkapitalstruktur,
die allerdings an unsichere Unter–
nehmenswerte gekoppelt ist. Da der
Unternehmenswert die letztlich ge–
suchte Zielgröße darstellt, müssen
die konkreten Kreditbestände unbe–
kannt sein, da man sie ansonsten nur
durch die Fremdkapitalquote a zu
dividieren brauchte, um sofort den
doch gesuchten Unternehmenswert
zu bestimmen; eine Berechnung wäre
obsolet. Zur Abbildung dieser Politik
ist der WACC-Ansatz geeignet (vgl.
bspw. Kruschwitz/Löffler 1999 und
2 0 0 3 ; Drukarczyk 2 0 0 1 , Hensel-
mann/Kniest 2002 , S. 293-294) , für
dessen Einsatz neben i noch der
Eigenkapitalkostensatz des misch–
finanzierten Unternehmens (k') be–
kannt sein muss.
|e nachdem, welche Finanzierungs–
philosophie zum Bewertungszeitpunkt
unterstellt wird, ergeben sich in der Regel
auch
abwei –
chende Unter–
nehmenswerte,
wie
folgende
Ü b e r l e g u n g
zeigt: Autonome
Kredi tplanung
generiert sichere
Tax Shields, da
f es t e
Kredit–
b e s t ände ge–
plant werden.
Wertorient ierte.
Kredi tplanung
ist hingegen an
unsichere Unter–
nehmenswer t e
gebunden und
gener i er t des–
halb auch „nur"
unsichere Wert–
bei träge durch
Verschuldung,
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