Seite 36 - CONTROLLER_Magazin_2004_06

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magazin 6/04 - Ralf Kesten
Der Detailprognosezeitraum besitzt
eine Länge von meistens bis zu 3
Jahren,
in Einzelfällen auch bis zu 5
Perioden. Es ist ein Prognosezeitraum,
der eine differenzierte und noch relativ
gut begründbare Informationsbasis zur
Bewertung bereithält. Die Informationen
werden aus Werttreiberanalysen der Ver–
gangenheit und ihrer Prolongation auf
die
Zukunft generiert und ggf. durch
Auswertung vorhandener Mittelfrist–
planungen im Target wirkungsvoll er–
gänzt. Zudem integriert der Kaufinteres–
sent se ine Res t ruktur i erungsüber -
legungen, die sich im wesentlichen auf
den operativen Cashflow und die Inve–
stitionsplanung auswirken. Alle detail–
liert bestimmten Free Cash-flows werden
abschließend auf den Entscheidungs–
zeitpunkt (t = 0) diskontiert.
Der Globalprognosezeitraum
markiert
zugleich das Ende differenziert wahr–
nehmbarer Informationen. Linter der
Annahme eines Going-concern wird mei–
stens die Idee eines ewig lebenden Unter–
nehmens vertreten, für das ein normali–
sierter Cash-flow (in Abb. 2 ab t = 4 ff.) als
repräsentativ in allen künftigen Perioden
angese t z t wird. Für diesen Global–
prognosezeitraum wird auf Basis eines
Rentenmodel ls der sog.
Rest- oder
Fortführungswert
des Targets zu Beginn
dieses Zeitraumes (t = 3) ermittelt, der
dann abschließend auf den heutigen
Entscheidungszeitpunkt (t = 0) diskon–
tiert wird.
Brutto- oder Nettogewinnhypothese
als theoretische Vorentscheidung
Wer DCF-Verfahren einsetzen will, muss
streng genommen den theoretischen Hin–
tergrund akzeptieren und sich dement–
sprechend auch bei der Berechnung dar–
an orientieren. Es erscheint deshalb nütz–
lich, sich die „Theoriewelt der DCF
-Me–
thoden" kurz vor Augen zu halten:
>• Aktien und Obligationen:
Unterneh–
men werden als Kühe gedacht, die
dazu da sind, Milch in Form von
Zahlungsströmen für ihre Kapitalge–
ber zu produzieren. Private Kapital–
geber sind dadurch charakterisiert,
dass sie als Eigentümer Aktien oder
als Fremdkapitalgeber Obligationen
an jedem Unternehmen halten kön–
nen, die damit jeweils an der Börse
gehandelt werden. Der (langfristige)
Börsenkurs dieser Wertpapiere wird
durch den jeweiligen Ertragswert der
Zahlungen an die Eigen- und
Fremdkapitalgeber bestimmt. Minde–
stens die finanziellen Ansprüche der
Obligationäre können stets von allen
Un t e rnehmen
erfüllt
werden
(Ausschluss des Insolvenzrisikos). Für
die Obligationäre hat dies eine siche–
re Fremdkapitalposition mit sicherer
Verzinsung zur Folge. Transaktions–
kosten fallen nirgends an und auch
Privatpersonen können sich wie Un–
ternehmen zu gleichen Konditionen
verschulden, um Aktien zu erwerben.
Alle Informationen (bspw. zu operati–
ven Cash-flows) werden gratis ange–
boten und in gleicher Art und Weise
von allen Akteuren interpretiert.
> Al ternat ivrendi te: Die Alternativ–
rendite (sog. Eigenkapitalkostensatz)
der potenziellen Eigentümer setzt sich
aus einem sicheren Basiszinssatz so–
wie einem Risikozuschlag zusam–
men. Entschließen sich Privatper–
sonen zu einer Investition in Aktien,
so erwerben sie eine Eigenkapital–
beteiligung mit „unsicheren Rest–
betragsansprüchen" an erwarteten
Überschüssen des Unternehmens, da
Fremdkapitalgeber (Obligationäre)
stets bevorzugt befriedigt werden;
idealerweise also „Festbetragsan–
sprüche" in Form von sicheren Zins-
und Tilgungszahlungen erhalten. Da
sich Eigenkapitalgeber bewusst der
Gefahr aussetzen, auch mal „leer aus–
zugehen", veriangen sie einen Risiko–
zuschlag auf den sicheren Basiszins,
der aus dem Fremdkapitalzinssatz
abgeleitet wird. Wie sich aber nun
dieser Risikozuschlag zusammen–
setzt, erklären insbesondere zwei
wichtige Theoriebausteine: MM-An–
passung und CAPM-Bewertungs-
gleichung.
>- CAPM-Bewertungsgleichung: Das
mit der MM-Anpassung völlig kom–
patible Capital Asset Pricing Model
(kurz: CAPM) beantwortet die Frage,
welchen Alternativertragsatz poten–
zielle Eigenkapitalgeber eines Unter–
nehmen s mit gegebenem Ver–
schuldungsgrad zu seiner Bewertung
anzusetzen haben, falls sie risiko-
avers veranlagt und bereits unter
Nutzung von Erkenntnissen der Port–
folio Selection Theory perfekt bezüg–
lich ihrer Kapitalanlagen diversifiziert
sind, so dass ihr zu haltendes Markt–
portfolio nur noch dem sog. syste–
matischen Risiko (vorstellbar als all–
gemeine Konjunkturschwankungen)
ausgesetzt ist. In einem gedachten
Marktgleichgewicht halten alle Pri–
vatpersonen ein identisch zusam–
mengesetztes Aktienportfolio, in dem
jede einzelne Akrie ein Element dar–
stellt, jede Aktie bzw. jedes Unter–
nehmen leistet zum Ertragsrisiko des
Marktportfolios aber einen unter–
schiedlich hohen Risikobeitrag, so
dass potenzielle Aktionäre bei opera–
tiv unterschiedlichen Unternehmen
auch unterschiedliche Risikoprämi–
en erwarten, die sich im geforderten
Alternativertragsatz auswirken. Um
den Eigenkapitalkostensatz zu be–
stimmen, findet die lineare CAPM-
Bewertungsgleichung Anwendung.
Danach ergibt sich der Kostensatz
aus zwei Elementen: Einem sicheren
Basiszinssatz sowie einer Risiko–
prämie, die sich aus Multiplikation
der „Risikomenge der betrachteten
Aktie am Gesamtaktienmarkt" mit
dem „objektiven Marktpreis des Risi–
kos" ergibt. Mit Hilfe der Bewertungs–
gleichung soll es also gelingen, ad–
äquate Eigenkapitalkostensätze zur
Bewertung von Aktien bzw. Unter–
nehmen mit unterschiedlichen ope–
rativen Geschäftsfeldern zu bestim–
men, die aber ansonsten zunächst
eine identische Kapitalstruktur auf–
weisen.
>• MM-Anpassung:
Die auf die Nobel–
preisträger Modigliani und Miller
(kurz: MM) zurückgehende MM-An–
passung ist für den Fall der ewigen
Rente und einer einfachen Gewinn–
steuer auf Unternehmensebene kon–
zipiert. Sie stellt eine Reaktions–
hypothese in Form einer linearen Glei–
chung dar und erklär t , we l che
Renditeforderung Eigenkapitalgeber
als Privatpersonen erheben sollten,
falls sie überiegen, sich entweder als
Aktionär an einem schuldenfreien
Unternehmen U1 oder sich am ope–
rativ identischen, allerdings auch mit
Fremdkapital arbeitenden Unterneh–
men U2 als Eigenkapitalgeber zu be–
teiligen. „Operativ identisch" bedeu–
tet, dass beide Unternehmen vor Be–
rücksichtigung von Unterschieden in
der Finanzierung den gleichen Free
Cash-flow (vor Zinsen und vor Steu–
ern, aber nach Investitionen) erzie–
len, der noch zur Verteilung an die
Kapitalgeber (sowie an den Fiskus)
zur Verfügung steht. Mit diesem sog.
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