Seite 21 - CONTROLLER_Magazin_2004_06

Basic HTML-Version

Allerdings wird häufig ein gewisses
Mindestwachstum gefordert, das sich in
unrea l i s t i schen Planwer ten nieder–
schlägt. Selbst bei dauerhafter Unter–
schreitung wird wieder und wieder ein
unrealistischer Aufschwung geplant.
Das Controlling sollte im ersten Schritt
die Akzeptanz des RiJckganges bei den
Verantwortlichen wecken. Die Konzen–
tration auf das Machbare sollte unreali–
stische Wachstumsprognosen ablösen.
Dennoch ergeben sich auch hier Chan–
cen. Mit dem Ausstieg von Konkurrenten
wird der kleine Kundenkreis anwachsen
können, wobei die Mengen voraussicht–
lich weiter zuriJckgehen. Es ergeben sich
allerdings Möglichkeiten, bei interessan–
ten Abnehmern durch die „HintertiJr" ein–
treten zu können. Den optimalen Aus–
stiegszeitpunkt zu finden, ist eine an–
spruchsvolle Aufgabe. Zumal eine Viel–
zahl von Variablen zu berücksichtigen
ist, werden „Hau Ruck Aktionen" selten
den richtigen Weg darstellen.
Prozesse im Geschäftsmodell
Mit dem Konzept der „Kernkompetenzen"
hat sich bei den Unternehmen eine Kon–
zentration auf wenige Geschäftsfelder
durchgesetzt. Tätigkeiten, die nicht un–
ter diesen Begriff fallen, werden fremd–
vergeben. Dennoch wird es immer gewis–
se Randbereiche der Aktivitäten eines
Unternehmens geben, die schnell aus
dem Fokus der Beteiligten geraten. Hier
ist auch das Controlling einzubeziehen.
Ungewöhnlich:
Es wimmelt von Spezia–
listen, die sich in einer unverständlichen
Fachsprache untereinander unterhalten.
Gewisse Marotten sind diesen zu eigen
und stärken den Gruppenzusammenhalt.
Wer dabei spontan an die Spezialisten
der Datenverarbeitung denkt, liegt nicht
falsch. In diesem Bereich hat sich das
Controlling in der Vergangenheit stark
zurückgehalten und die Bedeutung für
das gesamte Unternehmen lange Zeit
unterschätzt. Mitderweile haben auch
Mitarbeiter des Controlling die erforder–
lichen Kenntnisse erworben, um ein akti–
ves Controlling zu gewährieisten. Gene–
rell wird es sich nicht vermeiden lassen,
dass bei neuen Entwicklungen, insbe–
sondere in nicht technischen Bereichen
oder ungewöhnlichen Märkten,
das Con–
trolling für die Übernahme einer akti–
ven Aufgabenwahmehmung eine ge–
wisse Zeit braucht.
Hier sind jedoch die
Probleme mi tt lerwei le erkannt und
Schritte zur Optimierung eingeleitet
worden. Schwierigkeiten bestehen in
weniger auffälligen Randbereichen des
Unternehmens, wobei insbesondere ge–
setzliche Vorgaben als nicht zu beeinflus–
sende Faktoren aufgeführt werden. Hier
ist nicht nur auf den Personalbereich hin–
zuweisen, sondern bspw. das Aufgaben–
feld der Entsorgung anzuführen. Die Mit–
arbeiter in den jeweiligen Bereichen
bauen gerne entsprechende Verhältnisse
auf, um Ansprüche des Controllings, so–
wohl an die Transparenz als auch den
Ergebnisbeitrag, abzuschwächen. Der–
artige Aufgabenfelder ergeben sich auch
in relativ „normalen" Geschäftsprozessen,
insbesondere wenn gewisse personelle
Engpässe vorhanden sind. Sei es, dass
die Qualität von Leistungen beurteilt oder
die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften
kontrolliert wird. Wenn dann ein einzel–
ner Mitarbeiter zuständig ist, ergeben
sich rasch erhebliche Kontrolllücken. Ein
weiterer Hinweis ist, wenn ausgeschie–
dene Mitarbeiter nach kurzer Zeit wieder
in das Unternehmen zurückkehren, um
die alte Aufgabe fortzuführen oder Ruhe–
ständler als Nebentätigkeit Teilaufgaben
der alten Tätigkeit wahrnehmen. In die–
sem Zusammenhang sind auch die so
genannten „Kümmerer" aufzuführen. Bei
bestimmten Problemen wendet man sich
an einen bestimmten Mitarbeiter, der sich
dann um alle damit verbundenen Auf–
gaben „kümmert".
Ebenso werden Aufgaben, die die Mit–
glieder der Unternehmensführung be–
treffen, oft mit der Aura des Geheimnis–
vollen versehen. Keiner soll Gehalts- und
Zusatzleistungen erfahren, Kontrollen
werden dann umgangen, Transparenz
ausgeschaltet.
Das Controlling muss entsprechende
Schwachstellen identifizieren und aus–
schalten. Dabei geht es nicht alleine um
die Bedeutung dieses Aufgabenfeldes.
Wenn bestimmte Lücken im Planungs–
und Kontrollsystem toleriert werden, wird
das gesamte Controllingkonzept in Fra–
ge gestellt. Unzufriedenheit und Unruhe
entsteht bei den Mitarbeitern, die nicht
entsprechende Ausweichmöglichkeiten
besitzen. Im nächsten Schritt wird dann
versucht, sich selber entsprechende Frei–
räume zu schaffen.
Unangenehm:
In jedem Unternehmen
gibt es „unangenehme" Arbeitsbereiche,
die sich nicht nur räumlich am Rand des
CM
Cont rol ler ma g a z i n
6/04
Daten des Rechnungswesens
Die Daten des Rechnungswesens stellen
eine wesentliche Grundlage für die Ar–
beit des Controllings dar Inwieweit
einzelne Aufgabenfelder vom Controlling
525
Unternehmens befinden. Irgendwie ist
die Tätigkeit erforderiich, begeistern tut
sie dagegen keinen. Die zuständigen Mit–
arbeiter sind meistens unterdurchschnitt–
lich bezahlt; es ist schwierig, neue Ar–
beitskräfte für diese Aufgaben zu gewin–
nen. Die Standorte liegen am Rande des
Unternehmensgeländes, die Büros im
Keller des Verwaltungsgebäudes. In den
Arbeitsbereichen ist es besonders kalt
oder warum, laut , schmutz ig oder
geruchsintensiv. Ein Besuch macht ein–
fach keine Freude.
Dabei sind nicht nur technische Aufga–
ben wie die Entsorgung zu berücksichri-
gen, auch im kaufmännischen Bereich
werden gewisse Tätigkeiten wenig ge–
schätzt. Anhand der Unteriagen der Per–
sonalabteilung sollten einmal die Be–
reiche mit den geringsten Durchschnitts–
einkommen identifiziert werden. Entspre–
chend ist das gesamte Image des Berei–
ches schlecht. Welche Abteilung im Un–
ternehmen hat die meisten spöttischen
Beschreibungen?
Leicht übernimmt das Controlling hier
eine ähnliche Einstellung. Es wird kaum
ein Besucht abgestattet, mit der Betreu–
ung wird der jüngste Mitarbeiter beauf–
tragt, bis endlich ein anderer eingestellt
wird und die Aufgabe glücklicherweise
abgegeben werden kann.
Vorbildfunktion sollte auch abteilungs–
intern wahrgenommen werden. Warum
nicht den besten Mitarbeiter mit diesen
Aufgaben betreuen, zumal die oft jahre–
lange Zurückstellung auf hohes Ver–
besserungspotenzial schließen lässt.
Exotisch: Doch auch das Gegenteil unan–
genehmer Aufgaben ist zu betrachten.
Eine Niederiassung befindet sich an ei–
ner äußerst reizvollen Stelle; eine kleine
Sparte ist mit der Fertigung der Luxus–
version des eigentlichen Produktes be–
schäftigt. Dann wollen die Controller erst
gar nicht in den Verdacht kommen, „Lust–
reisen" durchzuführen; außerdem ist man
der Wirtschaftlichkeit verpflichtet. Da
kann es nicht opportun sein, an das Ende
der Welt zu reisen. Aus einer falsch ver–
standenen Vorbildfunktion wird die üb–
liche Betreuung dann oftmals ausfallen.