Seite 20 - CONTROLLER_Magazin_2004_06

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CM Controller magazin 6/04 - Thomas Schneider
Projekte zu betrachten. Im Konjunktur–
lauf erfolgt mit allgemeiner wirtschaft–
licher Schwäche die Risikoorientierung,
während in der Boomphase alleine die
Chancen gesehen werden. Eine dauer–
hafte Verbesserung der Wettbewerb–
situation ist dagegen eher durch ein anti–
zyklisches Vorgehen möglich.
Generell sollte sich das Controlling ein–
zelnen „Modewellen" kritisch gegenüber
stehen. Ob es sich um Wachstumsmärk–
te handelt, die angeblich unbedingt be–
setzt werden müssen, oder um Control–
linginstrumente, auf die niemand mehr
verzichten kann, oder um Marktführer,
deren Geschäftsmodell möglichst voll–
ständig kopiert werden soll. Dabei ist
allerdings auf das einzelne Unternehmen
abzustellen. Wenn hier nur alt vertraute
Wege beschritten werden, wird die Auf–
gabe des Controlling eher in der Initiie–
rung neuer Möglichkeiten liegen.
Eine fal sch ve r s t andene Kunden–
orientierung versucht die aktuellen, per–
sönlichen Interessen der Unternehmens–
führung möglichst genau in der Arbeit
des Controllings umzusetzen. Daraus re–
sultiert die Gefahr einer gewissen Sprung-
haftigkeit. Versteht sich das Controlling
als kritisch-konstruktiver Partner der Un–
ternehmensleitung, wird eine möglichst
ausgeglichene Betrachtung aller Bereiche
die bessere Lösung darstellen. Wie das
„WEG"-Symbol (Wachstum, Entwicklung,
Gewinn) aufzeigt, kann nur eine alle rele–
vanten Aspekte berücksichtigende Wahr–
nehmung der Aufgabenfelder die Basis
einer erfolgreichen Controllingarbeit sein.
Geschäftsfeldentwicklung
Selbstverständlich sollte das Controlling
bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben
auf die Geschäftsentwicklung reagieren,
allerdings besteht die Gefahr, dass sich die
Tätigkeit der verschiedenen indirekten
Leistungsbereiche in einem bestimmten
Geschäftsfeld gegenseitig verstärkt oder
abschwächt. Dann sind Controlling und
Interne Revision, Marketing und Personal
am besten gleichzeitig tätig. Die operati–
ven Funktionsträger kommen in diesem
Fall kaum noch dazu, ihrer Aufgabe nach–
zukommen, da alle möglichen indirekten
Aufgabenträger zur Unterstützung und
Beratung auftreten. In einem anderen Fall
wird vergeblich auf Unterstützung gehofft,
da das Interesse erioschen ist.
Stark wachsende Geschäftsfelder:
le–
der erinnert sich an den noch nicht lange
zurückliegenden new economy Boom.
Kosten und Erlöse spielten praktisch kei–
ne Rolle, jedes noch so kleine Unterneh–
men war auf dem Weg zum Weltmarkt–
führer, der große Durchbruch stand kurz
bevor Dann standen diese Unternehmen
kurz vor dem wirtschaftlichen Zusam–
menbruch, oder einen Schritt weiter.
Plötzlich wurden altmodische Werte wie
Umsatz und Gewinn wieder aktuell. Mit
der wirtschaftlichen Vernunft kamen
auch die Controller zum Zuge, oft aber zu
spät. Aus der Rückschau ist es leicht, die
damaligen Verhältnisse zu verurteilen
und entsprechende Verhaltensweisen
zukünftig auszuschließen. In der konkre–
ten Situation ist es allerdings äußerst
schwierig, wirtschaftliche Vernunft über
Euphorie zu setzen und als einsamer
Mahner eine Außenseiterrolle einzuneh–
men. Wenn auch bei etablierten Unter–
nehmen nicht derartige Einstellungen
überwiegen, gibt es dennoch immer wie–
der neue Aufgabenfelder oder Märkte,
wo ähnliche Entwicklungen greifen. Hier
sei nur auf die „Fernosteuphorie" hinge–
wiesen, die vor einigen lahren die „Wieder–
vereinigungsbegeisterung" abgelöst hat.
Controlling soll sich nicht als Bedenken–
träger verstehen. Wenn sich kurzfristig
Chancen bieten, kann nicht alles bis ins
kleinste Detail ausgerechnet werden.
Gewisse Mindeststandards sind aller–
dings einzuhalten. Wichtig in diesem
Zusammenhang ist die Definition dieser
Standards. Wenn bei deren Nichter-
reichen das Geschäftsmodell nicht kri–
tisch hinterfragt wird, geraten Unterneh–
men rasch in die Gefahr, „schlechtem
Geld gutes hinterher zu werfen".
Stabile Geschäftsfelder:
Derartige Ge
Schäftsfelder
sind die Grundlage der
meisten Unternehmen. Die Umsätze sind
stabil, die Gewinne zwar nicht exorbitant
hoch, aber auskömmlich. Das Geschäfts–
modell wird seit langem eingesetzt, neu–
en Anbietern würde es schwer fallen, als
Konkurrenten aufzutreten. Sei es, dass
das erforderiiche Wissen Unternehmens–
externen nicht zur Verfügung steht oder
hohe Investitionen erforderlich sind. Da
die benötigten Anlagegüter meistens
schon lange zum Unternehmen gehören,
werden diese nur noch zu allenfalls gerin–
gen Buchwerten geführt. Investitionen
sind nur in geringem Umfang als Ersatz–
oder Reparaturmaßnahmen erforderlich.
Entsprechend finden sich in Aufstellun–
gen über die Profitabilität der einzelnen
Geschäftsfelder diese Felder häufig im
oberen Bereich. In dem grundsätzlich
stabilen Geschäftsfeld sind Umsätze und
Gewinne konstant, Plan-lst-Abweichun-
gen sind allenfalls in geringem Umfang
zu verzeichnen. Dennoch werden diese
Geschäftsfelder wenig betrachtet, wobei
der Hauptgrund in den geringen Wachs–
tumschancen liegt. Bei meistens leicht
steigender Produktivität entstehen zu–
mindest keine neuen Stellen, teilweise
erfolgt ein leichter Personalabbau, der
aber über die normale Fluktuation abge–
wickelt wird.
Entsprechend „langweilig" erscheint die
Beschäftigung mit diesem Aufgabenfeld.
Hier gibt es auch Anknüpfungspunkte
zum ersten Punkt, dem Interesse der
Unternehmensführung. Vielfach sind
Abläufe eingefahren, Strukturen seit
lahren unverändert. Alle beteiligten ge–
ben sich mit dem Status Quo zufrieden.
Das Gute ist aber bekanntlich der Feind
des Besseren. Ob und welche Verbesse–
rungen hier noch möglich sind, bleibt
meistens im Unklaren. Zufriedenheit kann
schnell zur Selbstgefälligkeit umschlagen.
Der erwähnte Personalrückgang führt zu
einer überdurchschnittlich alten Beleg–
schaft. Durch die starke Spezialisierung
ergeben sich wenige Chancen in anderen
Unternehmensbereichen. Hier ist das
Controlling aufgefordert, für den erfor–
derlichen „frischen Wind" zu sorgen. All–
zu viele Annahmen werden nicht hinter–
fragt, gute Ergebnisse abgenickt, ohne
hartnäckig nach weiteren Optimierun–
gen zu suchen.
Schrumpfende Geschäftsfelder:
Hört
man die Ausführungen vieler Unter–
nehmensführer, dürfte es solche Ge–
schäftsfelder überhaupt nicht geben. Die
Unternehmensleitung setzt auf Wachs–
tum; ist dieses nicht durchsetzbar, wer–
den Desinvestitionen geplant, das Tätig–
keitsfeld für einen möglichst hohen Preis
verkauft, die freien Mittel dann in Zu–
kunftsmärkte investiert.
In schrumpfenden Geschäftsfeldern kön–
nen dennoch gute Eriöse erzielt werden.
Investitionen werden weitgehend zurück–
gefahren. Viele Konkurrenten sind aus
dem Markt ausgeschieden, die Anzahl
von Anbietern und Nachfragern hat sich
reduziert. Da kaum Käufer für derartige
Geschäftsbereiche vorhanden sind, wird
der optimale Kapitaleinsatz bei einer
Fortführung der Geschäftstätigkeit liegen.
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