Seite 94 - CONTROLLER_Magazin_2003_06

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CM Controller magazin 6/03 - Ingo Klar / Damir Kralj / Roman Stoi
4. WERTORIENTIERTE STEUERUNG
MIT DER BSC
Gerade in Start-ups ist die strategische
Führungsdimension oft nur unzurei–
chend ausgeprägt. Die Unternehmens–
wertberechnung bringt dem Unterneh–
men noch l<eine Wertsteigerung. Der Wert
eines Unternehmens und insbesondere
der eines Start-ups, welches über keine
nennenswerten materiellen Vermögens–
gegenstände verfügt,
wird durch seine
zukünftigen Erlöse und mithin seine
heutigen Erfolgspotenziale bestimmt.
Zur Gestaltung dieser Zukunft und Poten–
ziale sind Strategien notwendig. Bei Top
21 wurde am Ende des lahres 2001 der
strategische Entwicklungsprozess einge–
leitet,
um die Ebene der für Soft Starts
typischen intuitiven Ziel- und Strategie-
ver folgung dur ch e ine expl izi te
Strategieformuliemng zu verlassen.
Das
strategische Controlling muss die Füh–
rung nicht nur im Prozess der Strategie–
findung und -formulierung unterstützen,
sondern auch ein geeignetes Instrumen–
tarium zur Strategieumsetzung zur Ver–
fügung stellen. Die Balanced Scorecard
ist hierfür ein geeignetes J\Aittel. Bei Top
21 werden die erarbeiteten strategischen
Maßnahmen zeitnah umgesetzt und die
Erreichung der Zielgrößen einmal pro
Monat gemessen und im Rahmen von
Geschäftsführermeetings besprochen.
Um den strategischen Entwicklungs–
prozess mit Bedacht anzugehen und eine
Kennzahlenflut zu verhindern, hat man
sich zunächst auf wenige zentrale Kenn–
zahlen fokussiert.
Hauptziel der Top 21
ist die Steigerung
des Unternehmenswertes. Dieser ba–
siert aufgrund des gewählten DCF-Ver–
fahrens hauptsächlich auf dem Bar–
wert zukünftiger diskontierter Cash–
flows.
Diese werden in die wesendichen
Bestandteile Umsatz und Gemeinkosten
aufgespa l t en und in der Finanz–
perspektive der BSC überwacht. Die Nicht–
berücksichtigung immaterieller Aktiva
bei der wertorientierten Steuerung im
Rahmen des DCF-Verfahrens wird bei der
BSC durch Einbezug qualitativer Wert–
treiber wie Kunden, Personal und interne
Prozesse entgegengewirkt. Die BSC ge–
währleistet so eine integrative Durchgän–
gigkeit von der operativen zur strategi–
schen und von der immateriellen zur
materiellen Steuerung. In Abb. 5 ist die
Balanced Scorecard der Top 21 GmbH
auszugsweise dargestellt. Aus der Abbil–
dung macht auch die Verbindung zwi–
schen BSC und wertorientierter Unter–
nehmenssteuerung deutlich.
5. Fazit und Literatur
Die Gründerwelle und grenzenlose Eu–
phorie in der New Economy ist seit dem
Zusammenbruch der Börse einer tiefen
Ernüchterung gewichen. Die Ursache für
das Scheitern vieler Start-ups waren nicht
nur unausgewogene Geschäftskonzepte,
sondern nicht zuletzt ein unzureichen–
des oder gar fehlendes Controlling. Die
Konsolidierung in der Start-Up-Szene hat
zu einer Rückbesinnung auf die klassi–
schen Größen der Unternehmens- und
Erfolgsbewertung geführt, die in der
Wachstums- und Gründungseuphorie
Ende der 90er Jahre sträflich vernach–
lässigt wurden. Im Zentrum einer erfolg–
versprechenden Unternehmensgründung
s t eht desha l b neben e inem guten
Businessplan vor allem ein effektives Con–
trolling. Dabei muss das Rad nicht neu
erfunden werden.
Im Gegenteil -
auch
traditionelle Controllinginstrumente
können bei entsprechender Anpassung
den neuen Anforderungen gerecht
werden.
Im Start-up gilt deshalb für den
Controller zunächst der Grundsatz
„Back
to Basics".
Zentrale Steuerungsgrößen
im Start-up sollten
aus operativer Sicht
die Liquidität und aus strategischer
Sicht der Unternehmenswert
sein.
Die entscheidende Bedeutung des Con–
trolling zur Existenzsicherung des Unter–
nehmens erfordert in Start-ups die explizi–
te Festlegung, wer letztendlich dafür ver–
antwortlich zeichnet. Das Controlling ei–
nes Start-ups ist eine spannende und viel–
seitige Aufgabe. Der Controller koordiniert;,
steuert und navigiert ein junges, sich dy–
namisch entwickelndes Unternehmen
durch ein äußerst turbulentes Unter–
nehmensumfeld und durch die unterneh–
mensinternen häufig chaotischen Zustän–
de. Deutschlands neue Gründeriandschaft
braucht ihn, den
Start-up-Controller!
Treiber des Unternehmenswer tes
• Cash-flows
• Realoptionen
Treiber der Cash- f lows
• Umsatz
• Gemeinkosten
Finanzperspekt ive
• Casti-fiows
• Umsatz
• Gemeinkosten
Kundenperspel<tive
• Kundenakquisition; Anzahl Neukunden p.a.
• Kundenzufriedenheit: Anzahl verlorene Kunden p.a.
Prozessperspekt ive
• Termintreue: Überschreitung Meilensteintermine
in Tagen
* Projektrendite: Deckungsbeitragsmarge
il
Lern- und Entwickiungsperspekt ive
• Weiterbildung: Anzahl Tage für
Weiterbildungsmaßnahmen
Abb. 5: Wertorientierte Steuerung bei Top 21
^ vgl. zum Controlling in Unter–
nehmen der New Economy ausführ–
lich Stoi, 2002
^ zur Vorgehensweise vgl. ausführ–
lich Tomaszewski, 2000 , S. 92ff.
Hommel, U. und Lehmann, H.,
Einsatzmögl i chke i ten des Real-
op t i on s an s a t z e s in der New
Economy aus Control l ing-Sicht ,
in: Controlling, 13. Jg., 2001 , Nr. 1,
S. 15-21.
Stoi , R., New
Economy
Controlling, in: Gleich, R., Möller, K.,
Seidenschwarz, W. und Stoi, R.
(Hrsg.), 2002 , S. 149-170 .
Tomaszewski , C , Bewertung
s t r a t eg i s che r Flexibi l i tät be im
Unternehmenserwerb: der Wert–
beitrag von Realoptionen, Frankfurt
a.M., Berlin, u. a. 2000 .
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