Seite 87 - CONTROLLER_Magazin_2003_06

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CM Controller magazin 6/03
Nach der Bewertung von Chancen und
Risiken ist es wichtig, die Seriosität des
Interesses des Gesprächspartners zu
prüfen.
Wie bereits erwähnt, werden
bereits in Vorgesprächen häufig sensible
Daten ausgetauscht, die ggf. zum Nach–
teil des Unternehmens verwendet wer–
den können. Insbesondere sei hier an
Informationen bzgl. Kunden, Marktan–
teilen und Kosten- bzw. Preissituation
gedacht, ebenso wie Produkt- bzw. Markt–
strategien und Entwicklungsergebnisse.
Hier kann das Controlling unterstützend
und beratend tätig werden, welche sen–
siblen Daten in welcher Form und wel–
chem Detaillierungsgrad an den Ge–
sprächspartner weitergegeben werden
sollen.
Um die Verwendung der Daten zu Un–
gunsten des eigenen Unternehmens bzw.
vor dem Zugang Dritter zu schützen, ist
es bereits zu diesem frühen Zeitpunkt
ratsam, eine Vertraulichkeitserklärung
zwischen den Partnern zu unterzeich–
nen.
Des weiteren ist es wichtig, Sanktionen
(wie etwa Schadenersatzansprüche) zu
definieren, die bei einem Verstoß gegen
die Vertraulichkeitserklärung greifen. In
der Praxis ist es leider jedoch sehr schwer
Verstöße gegen die vereinbarten Rege–
lungen nachzuweisen. Gelingt dies doch,
ist es häufig schwieng, einen Nachweis
des dadurch entstandenen Schadens zu
erbringen und somit Schadenersatzan–
sprüche geltend zu machen.
Nach Unterze i chnung der Vertrau–
lichkeitserklärung erfolgt der Austausch
von Unternehmensdaten in größerem
Umfang. Anhand dieser Daten wird, zu–
nächst top down, ein gemeinsamer
Businessplan mit Vorgabecharakter vom
Akquisitionsteam erarbeitet.
Controller in PhaseS: Datenaustausch
Jetzt beginnt die Hauptaufgabe des
Controllings: Es geht darum, die zur Ver–
fügung gestellten Daten auf Plausibilität
zu prüfen und bezüglich der Material-
und Sachkosten Branchenvergleiche
heranzuziehen, oder die Daten des
eigenen Unternehmens damit zu ver–
gleichen. Darüber hinaus können die
geplanten Umsätze über das Gesamt–
marktwachstum in der Branche verifi–
ziert werden.
Besonders bei den Materialkosten, die
den größten Kostenblock eines produzie–
renden Unternehmens darstellen, ist es
wichtig, über Informationen hinsichdich
der Produkte und der Fertigungstiefe
(viele Zukaufteile/hoher Eigenfertigungs-
anteil) zu verfügen. Die Richtigkeit der
Materialkosten kann anhand von vier bis
fünf A-Teilen plausibilisiert werden. Es
gilt u. a. auch zu beurteilen, ob die ge–
planten Materialquotenreduzierungen
realistisch sind, welche Maßnahmen er–
griffen werden, um diese Einsparungen
zu erreichen (Cost-Cut Projekte, Wert- und
Kostenanalysen, Nachverhandlungen
mit Lieferanten...) etc.
In Bezug auf die Fertigungskosten ist der
Produktionsstandort und somit die Höhe
der Lohnkosten vor Ort ausschlaggebend.
Die Zahlen hierzu können durch Schät–
zung der Fertigungszeit und des Lohn–
s a t ze s
veri t iziert
werden.
Die
Plausibilisierung der Sachkosten wird
erleichtert, wenn Mitarbeiterzahlen in
den einzelnen Funktionsbereichen be–
kannt sind. Hier ist es ebenfalls wichtig,
das Gehaltsniveau des jeweiligen Stand–
ortes mit in Betracht zu ziehen.
Zur Beurteilung der vom Partnerunter–
nehmen vorgelegten Zahlen
sollte auch
ein Besuch vor Ort dazugehören,
wo–
durch zusätzliche hilfreiche Informatio–
nen und Eindrücke gewonnen werden
können. Vieles ist aus den bisher zur Ver–
fügung gestellten Daten nicht ersichtiich.
Bei einer Untemehmensbesichtigung
kann man sich einen Überblick über das
Alter des Anlagevermögens und die
Struktur der Fertigung verschaffen.
Ist der Maschinenpark alt, sind hohe Re–
paraturkosten bzw. hohe Investitionen in
den kommenden Jahren damit verbun–
den, hohe Afa-Aufwendungen zu erwar–
ten. Es ist zu prüfen, ob diese Kosten in
den vorgelegten Plandaten berücksich–
tigt sind. Ist dies nicht der Fall, sind die
Planzahlen dahingehend zu überarbeiten.
Um den Vertragsparteien den gleichen
Wissenstand bzgl. Unternehmenszahlen
zu verschaffen, wird in den meisten Fäl–
len eine Due Diligence durchgeführt. Auch
hier ist der Controller gefordert mitzuwir–
ken, welche Daten in welcher Form für
eine Due Diligence bereitgestellt werden
müssen.
Im Wesendichen handelt es sich hier um
die Zusammenstellung der Jahresab–
schlüsse der letzten 3 bis 5 Jahre, Unter–
lagen zu Patenten, laufende Prozesse,
Daten zu Kunden und entsprechende
Verträge. Auch Lieferanten- und Ent–
wicklungsverträge sind den Unteriagen
der Due Diligence beizulegen. Zu allen
Unteriagen sind zusätzliche erklärende
Daten und Informationen bereitzustel–
len,
die vom Controlling vorbereitet und
zur Verfügung gestellt werden können.
Des weiteren ist es sinnvoll, den
Con–
troller als einen der Ansprechpartner
des Due Diligence Teams
des Trans–
aktionspartners zu benennen. Er verfügt
über detaillierte Kenntnis der vorgeleg–
ten Zahlen und weiß um deren Zusam–
mensetzung. Zudem ist er im Umgang
mit sensiblen Daten vertraut.
Für Phase 3 sollten in der Planung ca. 1 - 2
Monate angesetzt werden, um Besuche
vor Ort und die kritische Prüfung der zur
Verfügung gestellten Daten mit der nöti–
gen Sorgfalt durchführen zu können.
Controller in Phase 4: Definition des
Geschäftsmodells
Zu Beginn dieser Phase wird ein Um–
setzungsteam festgelegt, zu dem auch
ein Controller gehören sollte. Ist dieses
Team definiert, erfolgt gemeinsam mit
den Verantwordichen die Erstellung ei–
nes Geschäftsmodells für das zukünftige
Unternehmen.
Gegenstand des Geschäftsmodells
sind
Organigramme der einzelnen Funktions–
bereiche (welche Personen besetzen wel–
che Funktionen im gemeinsamen Unter–
nehmen, wer ist wichtig für den Erhalt
des Know How und die Pflege bzw. den
Ausbau von Kundenbez i ehungen) ,
S t andor tp l anungen
(an
we l chen
Produktionsstandorten wird das neue
Unternehmen fertigen, müssen Standor–
te geschlossen werden), die Festlegung
der administrativen Aufgaben, welche
das gemeinsame Unternehmen eigenver–
antwortlich erledigt und welche als Lei–
stungen von den Mutterunternehmen
erbracht werden.
Es sind
Vereinbarungen hinsichdich der
Intercompany-Beziehungen und den zu
verrechnenden Preisen zwischen den
Mutterunternehmen und dem Joint–
venture
zu treffen. Dies betrifft vor allem
Produkte und bezogene Leistungen.
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