CM Controller magazin 6/03 - Peter Hoberg
Für komplexere Situationen ist zu überle–
gen, ob der pauschale Kalkulationszinssatz
differenziert werden muss. In einem um–
fangreicheren vollständigen Finanzplan
lassen sich die notwendigen Differenzie–
rungen (hinsichüich Zeit, Finanzierungs–
quellen, Steuern etc.) gut abbilden. Finanz–
anlagen zum Habenzinssatz brauchen
nicht betrachtet zu werden.
Handlungsmöglichkeiten im Unterneh–
men müssen somit zumindest ihre ge–
samten Finanzierungskosten einspielen.
Es reicht nicht, die Rentabilität von Finanz–
anlagen zu schlagen. Viele in der Litera–
tur verwendete Modelle und Beispiele
können im Interesse der größeren
Realitätsnähe überarbeitet werden, was
erfreulicherweise fast immer zu Verein–
fachungen führen wird.^**
FUßNOTEN
1
Vgl. P. Hoberg, Inves t i t i onsrechnung in der
Praxis, in: Controller Magaz in 3 / 2 0 0 2 , S. 263ff.
2
Vgl. F.-|. Witt, InvestitionskalkiJle auf d em Prüf–
s tand, in: Controller Magaz in 4 / 2 0 0 3 , S. 388 -
3 9 9 .
3
Vgl. z. B. F.-|. Witt, a.a.O., S. 3 8 9 : D. Adam,
Invest i t ionscontrol l ing, 3 . Auflage, MiJnchen,
Wien, Oldenbourg 2 0 0 0 , S. 120ff.
4
Da da s Wort „Alternative" nur in Ausnahme –
fällen sprachl ich korrekt ist, wird in d i e s em
Beitrag generel l v on Hand l ungsmög l i chke i t
(HM) ge sprochen .
5
Vgl. D. Schne ider , Betr i ebswi rt schaf t s l ehre ,
Band 2: Re chnung swe s en , 2. Auflage, Mün–
chen, Wien, Oldenbourg 1 9 9 7 , S. 4 0 3 .
6
Dieser Fall liegt z. B. dann vor, we nn die Haben–
z insen steuerfrei bl e iben (z. B. aus einer Le–
bensver s i cherung mi t 12 lahren Laufzeit und
5 lahren Be i tragszahlungsdauer) und die Soll–
z i ns en abz i ehbar s ind wi e bei Kreditzinsen für
e ine vermi e t e t e Immobi l ie. Die andere Mög–
l ichkeit be s t eh t dann , we nn durch da s Einge–
hen höherer Risiken ein hohe r Habenz i ns sa t z
erwartet wird. Der letzte Fall ist sei t d em Plat–
zen der Speku l a t i onsb l as e am Akt i enmarkt
noch unwahrsche inl i cher g ewo rden .
7
Davon a u s g e n omme n ist natürl ich da s origi–
näre Geschäft der Banken, die als Finanz–
intermediäre gleichzei t ig Geld aus l e ihen (Kre–
di tvergabe) und Geld beschaf fen (z. B. Einlage–
geschäf t ) . Aber s chon we nn es um e ine e i gene
Invest i t ion geht , ist es auch für die Banken fast
nie sinnvol l , Geld zu niedrigen Zins sät zen an–
zul egen und gleichzei t ig teure Kredite aufzu–
n e hme n .
8
Für die Höhe der Zahlungen ist neben d em
Betrag auch die Frage wicht ig, in we l cher Wäh–
rung und mi t we l cher Kaufl<raft (Planung no–
minaler oder realer Größen) sie anfal len.
9
Be iderEr fas sungderHandlungsmög l i chke i t en
wird in den Un t e rnehmen t e i lwe i se uns aube r
gearbe i tet . So we rden berei ts Invest i t ionsan–
träge gestel l t für neue Kapazi täten, ohn e da s s
interne Anpas sungsmög l i chke i t en hinreichend
g eprü f t wu r d e n b z w . A l t e r n a t i v e n {Teil–
ver lagerung in Schwe s t erwerke , Out sourc ing
etc.) bewe r t e t wurden . Objektiver g ehen mei–
s t ens internat ionale Konzerne vor, we l che kon–
zernintern in einer Art Aus s chre i bung ermit–
teln, we l che Fabrik e ine neue Produktl inie her–
stel len sol l /darf ,
1
0 Vgl. zu d em Thema der Zahlungsermi t t lung z.
B. H.L. Grob, Einführung in die Invest i t ions–
rechnung: eine Fal l s tudi engeschi chte , 4. Auf–
lage , München 2 0 0 1 , S. 38ff. Ein unfreiwi l l iges
Beispiel für die Schwi er igke i ten gibt ter Horst,
der vorschl ägt , da s s Einzahlungen aus d em
durch die Invest i t ion mög l i chen Verkauf v on
vorhandenen Gegens t änden abg e z o g e n wer–
den dürfen. Entweder mu s s s i ch die Hand–
lungsmög l i chke i t se lbs t t ragen (Beispiel neuer
LKW) oder e s wird auf die Differenz zwi s chen
den Hand l ungsmög l i chke i t en abgestel l t , dann
aber vol l s tändig . Dann mü s s e n natürl ich auch
die verhinderten Einzahlungen de s al ten Ge–
g en s t ande s berücks i cht igt we rden . Vgl. K. ter
Horst, Invest i t ion, Stuttgart , Berlin, Köln 2 0 0 1 ,
S . 4 1 .
1
1 Vgl. zu den zu berücks i cht i genden Zahlungs–
arten P. Hoberg, Inves t i t i onsrechnung in der
Praxis, in: Controller Magaz in 3 / 2 0 0 2 , S. 2 6 4 .
12 Ausführl ich ist d i e s e s Problem von P. Hoberg,
Die Behand l ung intraperiodi sch anfal lender
Zahlungen, in: KRP 4 / 1 9 8 4 , S. 1 5 0 - 1 5 4 abge–
hande l t worden .
13 Hier wird a l so nicht der unnöt i g e i neng enden
und prax i s f remden zahlungsor i ent i er t en Defi–
nition der Invest i t ion gefolgt , nach der Investi–
t i onen mi t (einer) nega t i ven Zahlung beg i nnen
und dann nur noch pos i t i ve Zahlungen folgen.
Vgl. z. B. K. D. Däuml er , Grund l agen der
Inves t i t i onsrechnung , in: Controller Magaz in
1 / 2 0 0 1 , S. 6 2 . Der Fall von Einzahlungen am
Beginn ist gar nicht s o se l ten. Insbe sondere
Großunt ernehmen stel len t e i lwe i se im l etzten
Quartal fest, das s ihre Inves t i t ionsbudget s noch
nicht aus ge s chöp f t sind, s o da s s s i e von sich
aus hohe Anzah l ungen anbi e t en . Die Lieferan–
ten n e hme n d i e s e s Angebo t natürl ich gerne
an, auch we nn sie dafür e inen z i nsbed i ng t en
Abschl ag akzept i eren mü s s e n . Zudem wür–
den ganz e Branchen wegfal l en, die zunä ch s t
Einzahlungen und dann Aus zah l ungen haben ,
wi e z. B. die Vers i cherungs indus tr i e oder auch
große Teile de s schnel l dr ehenden Lebensmi t–
t e lhande l s .
14 Vgl. K. ter Horst, Invest i t ion, Stuttgart , Berlin,
Köln 2 0 0 1 , S. 45 . In s e i nem Beispiel auf S. 4 7
geht er dann aber ers taunl i cherwe i se davon
aus , da s s Übe r s chüs s e in Finanzanl agen anzu–
l egen se i en, obwoh l da s ex ant e aufgrund der
Zinssatzdi fferenz nicht s innvol l se in kann.
1
5 Hier zeigt s i ch be s onde r s deut l ich die Schwä–
che de s al ten Habenz i ns s a t zkonz ep t e s : Die
Un t e rnehmung würde Finanzanl agen tät igen
und gleichzei t ig für andere Un t e rnehmensbe –
reiche n e u e s t eure s Eigenkapital au f nehmen .
So würde z. B. der Akt ionär Risikokapital zur
Verfügung stel len, we l c h e s in Finanzanl agen
fließt!
1
6 Die angebl i che b i l anz s chonende Finanzierung
durch Leas ing gibt e s s omi t nur für den ober–
flächlichen Leser. Die Fremdkap i t a l gebermüs -
s en und we rden natürl ich alle Verpflichtun–
gen, darunter auch die Leasingverpf l ichtungen,
erfassen.
17 Di ese Vo r g ehen swe i s e ist auch aus Akt ionärs–
s icht vernünf t ig. Denn w e n n der Akt ionär
Finanzanlagen wol l te , könnt e er sie direkt kau
fen oder in Un t e r n e hme n / Fo nd s invest ieren,
die sich darauf spezial isiert haben .
18 Vgl. z. B. L. Kruschwitz, Inves t i t i onsrechnung ,
8. Auf lage 2 0 0 0 , S. 42ff. oder D. Adam, Investi–
t ionscontrol l ing, 3 . Auflage 2 0 0 0 , S. 8, der
aber als Al ternat ive eine Abl e i tung aus der
Rentabi l ität andererHand l ungsmög l i chke i t en
vorschlägt .
19 Vgl. zur Ermi tt lungsweise der relevanten Zah–
lungen z. B. P. Hoberg, Invest i t ionsrechnung in
der Praxis, in: Controller Magazin 3 / 2 0 0 2 , S. 264 .
2 0 Im deu t s chen Mi t te l s tand mu s s j edoch be–
rücksicht igt werden , da s s Unt ernehmer häu–
fig pr i va t a u ß e r h a l b d e s U n t e r n e hm e n s
Ha f t ung sma s s e zur Verfügung stel len, s o da s s
da s Gesamtbi ld dann freundl icher aus s i eht .
21 Vgl. D. Adam, Invest i t ionscontrol l ing, 3 . Aufla–
ge, München , Wien, Oldenbourg 2 0 0 0 , S. 8 4 .
22 Vgl. H.-). Neubürger, Wertorient ierte Unt emeh–
mens führung bei S i emens , in: ZfbF 3 / 2 0 0 0 , S.
188 - 196 . Die Berücks i cht igung der Steuern,
we l che aus der Anwe ndung de s EVA-Konzepts
folgt, ist unglückl ich. Entweder spielen die Steu–
ern ke ine we s en t l i che Rolle (Vorteilhaftigkeits-
reihenfolge ändert sich nicht) oder sie s ind
wicht ig, dann ist die paus cha l e Berücksichti–
gung ung enau . Das EVA-Konzept wurde v on
der Beratung Stern Stewart & Co erfunden,
s i ehe G. B. Stewart , The Ques t for Value, New
York 1 9 9 1 . Vgl. zur kri t ischen Beurtei lung der
Steuerberücks i cht igung D. Schneider, Oh, EVA,
EVA, s c h l imme s Weib: Zur Fragwürdigkei t ei–
ner Zielvorgabe-Kennzahl nach Steuern im Kon–
zerncont ro l l i ng , in: Der Betr i eb 4 8 / 2 0 0 1 ,
S. 2 5 0 9 - 2 5 1 4 .
2 3 Am Rande sei bemerkt , da s s di es i.d.R. nicht
fijr den Privatbereich gilt! Durch zahl re i che
s teuer l i che Sond e r b e s t immung e n sol l te der
Privatanleger die Steuerwi rkung fast immer
berücks i cht igen,
2 4 Dem Autor ist natürl ich klar, da s s sich Aus–
n a hme n z. B. über mög l i che Sonderabschre i –
bungen kons trui eren l as sen .
25 Dies führt häufig zu ma s s i ven Verzerrungen
der betriebswirtschaf t l ichen Verhäl tni sse. So
hat t en vor der Maueröffnung viele große Un–
t e r n e hme n z. B. aus der Zigaret ten- ode r
Computerindustrie in Beriin Produkt ionen, die
ohne die S t eue rvor t e i l e / Subvenr i onen dort
ni emal s anges i ede l t worden wären . Heutzuta–
ge kann man in Iriand einige Unt ernehmens –
f ragment e internat ional er Konzerne s ehen ,
deren woh l einziger Zweck darin bes t eht , Steu–
ervortei le für die Konzernmüt ter zu erzielen.
Die Ressourcenal lokat ion wird ma s s i v beein–
flusst. Vgl, dazu D. Schneider, Betriebswirt-
schaft:slehre, Band 2: Re chnung swe s en , 2, Auf–
lage, Beriin, Wien, Oldenbourg 1997 , S. 255ff.
2 6 Vgl.
H.
L. Grob, Einführung in die Invest i t ions–
rechnung: eine Fal l s tudi engeschi chte , 4. Auf–
lage, München 2 0 0 1 , S. 408fL
27
Auchindera l l er jüngs t enLi t eratur (Mi t t e2003)
findet s i ch leider der Habenz i ns sa t z , vgl . R.
Ewert und A. Wagenho f e r , Interne Unter–
nehmen s r e chnung , 5. überarbe i tete Auflage,
Berlin, Heidelberg, New York 2 0 0 3 , S. 526ff.
Die dort geforderte Grenzverz insung in Höhe
de s Zinssatzes der Geldanlage am Kapitalmarkt
ist nicht real ist isch, s o l ange noch Kredite ge–
tilgt we rden können .
2 8 Auch die auf den ersten Blick stark einschrän–
kende Forderung de s vo l l s t änd i gen Kapital–
markt s nach Gleichheit v on Soll- und Haben–
z i ns sa t z stellt für Be t rachtungen von Unter–
n e hme n ein viel kleineres Problem dar. Im
Gegensa t z z um Privatbereich ist sie häuf ig
g e g eben . Die Abhängigke i t v om Invest i t ions–
v o l ume n mu s s j edoch ggfs . berücks i cht i gt
we rden , w a s aber nur für sehr große Investi–
t i onen relevant ist.
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