Seite 68 - CONTROLLER_Magazin_2003_06

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CM Controller magazin 6/03 - Urs Bramsemann / Carsten Heineke
jeweils ein vergleichsweise enger Perso–
nenkreis be fass t . " Eine solche Imple–
mentierungsstrategie ist unseres Erach–
tens im Falle der Wertorientierung auch
angemessen.^** Die konzeptionelle Ausge–
staltung eines solchen Steuerungssystems
setzt in hohem JVlaße die Existenz von
Expertenwissen voraus. Die Partizipation
einer großen Anzahl von iVlitarbeitern ist
angesichts der bestehenden Wissens–
defizite also aus rein „sachlichen" GriJn-
den von vornherein ausgeschlossen. Der
Kreis möglicher Promotoren der Implemen–
tierung ist im Falle der Wertorientierung
somit von vornherein recht begrenzt. Der
Mangel an Partizipationsmöglichkeiten bei
der Ausgestaltung der neuen Steuerung
gefährdet die Akzeptanz der Wert–
orientierung im Unternehmen."
3. 2 Implementierungshürden aus
Praxissicht
Die im vorangegangenen Abschnitt an–
gestellten „theoriegeleiteten" Überiegun–
gen bezijglich potenzieller Implementie–
rungsprobleme werden durch die Resul–
tate fragebogengestützter Interviews
bestätigt, die wir im Zentralcontrolling
der von uns untersuchten vier Konzerne
geführt haben. Die nachstehende Ab–
bildung vermittelt eine Übersicht über
diese Ergebnisse (vgl. Abbildung 3).
Als wichtigste Hürden auf dem Weg zu
einer das gesamte Unternehmen um–
fassenden Implementierung der Wert–
orientierung erweisen sich die Komplexi–
t ä t und Int ranspar enz der wert–
orientierten Steuerungskonzepte sowie
der Mangel an qualifiziertem Personal.
Es empfiehlt sich daher, zunächst eine
möglichst einfach ausgestaltete Steue–
rungskonzeption zu implementieren: Die–
se ermöglicht es den Mitarbeitern, die
neue Steuerungsphilosophie schnell zu
verstehen und ein „Gefühl" für die neuen
Steuerungsgrößen zu entwickeln. Im
Anschluss an diesen ersten, sehr grund–
sätzlichen Lernprozess kann das wert–
orientierte Steuerungssystem dann im–
mer noch ausdifferenziert werden. Ein
derartiges Vorgehen bietet sich auch an,
um die zusätzliche Arbeitsbelastung bei
der Einführung und Betreibung des Steue–
rungssystems in Grenzen zu halten.
Probleme zeigen sich in der Praxis auch
bei der Bewältigung sehr grundsätzlicher
Implementierungserfordernisse: Die Be–
reitstellung aktueller Daten, die Ermitt–
lung der Werthebel sowie die Lösung von
Be- und Zurechnungsproblemen sind
bereits von Beginn an zu gewährleisten,
da ansonsten das System gar nicht erst
zur Anwendung gelangen kann. In den
untersuchten Konzernen gab es dagegen
nur geringe Probleme, die grundsätzli–
che Idee der Wertorientierung an die Mit–
arbeiter zu vermitteln bzw. ihre Eignung
für die Steuerung positiv hervorzuheben.
Sowohl die Basisinhalte der Steuerungs–
konzeption als auch die Ausrichtung an
den Interessen der Shareholder scheinen
in den Unternehmen durchaus auf Ak–
zeptanz zu treffen.
3. 3 Einschätzung von Implemen–
tierungsmaßnahmen
Vor dem Hintergrund der aufgezeigten
Implementierungsprobleme soll im Fol–
genden untersucht werden, welche
Implementierungsmaßnahmen die be–
fragten Konzern-Controller in den unter–
suchten Unternehmen als besonders
wichtig erachtet haben. Die nachfolgen–
de Übers i cht ordnet wesent l i che
Implementierungsmaßnahmen nach ih–
rer Bedeutung (vgl. Abbildung 4).
Die höchs t e Bedeutung für den
Implementierungserfolg besitzen einer–
seits ein geordnetes Vorgehen während
des Einführungsprozesses und anderer–
seits
die Kommunikation des Projektes
im Un t e r nehmen .
Das Aufstel len
konzernweit einheitiicher Richtlinien für
die Berechnung der Steuerungsgrößen
sowie die
Entwicklung eines Leitfadens,
der die Integraüon der Steuerungsgrößen
in die Führungsteilsysteme sicherstellt,
erweisen sich aus Sicht der Konzern-Con–
troller als geeignete Maßnahmen, um
ein
konsistentes Vorgehen im gesamten
Unternehmen sicherzustellen. Die Größe
und Heterogenität von Unternehmen
wirft die Notwendigkeit auf, vergleich–
bare Steuerungsgrößen zu verwenden,
um Transparenz zu schaffen und den
Überblick über das eigene Unternehmen
nicht zu vedieren. Informationsveranstal–
tungen und Schulungen dienen dazu,
das neue Konzept bekannt zu machen
und dessen Akzeptanz zu fördern. Zu–
dem tragen diese Maßnahmen der ver–
gleichsweise großen Komplexität und
schwierigen Verständlichkeit der wert–
orientierten Steuerungssysteme Rech–
nung. Die Einbeziehung und Unterstüt–
zung nachgelagerter Einheiten bei der
Entwicklung, Einführung und Umsetzung
der Steuerungskonzeption erweist sich
aus Akzeptanzgründen und aufgrund der
Implementierungshürden aus Sicht der Praxis (0 = geringe Bedeutung, 4 = sehr hohe Bedeutung)
Steuerungskonzept wird als zu komplex
und intransparent empfunden
Mangel an qualifiziertem Personal
zur Einführung und Umsetzung
Konzept wird als zusätzliche
Arbeitsbelastung empfunden
Mangel an aktuellen Daten, so dass
das Ergebnis des wertorientierten
Handelns nicht deutlich wird
Werthebel zur Steigerung des Un–
temehmenswertes sind unbekannt
Berechnungs- und Zurechnungspro–
bleme bei der Ermittlung der Spitzen–
kennzahl
a
Zweifel an der Eignung des
Konzepts für Steuerungszwecke
Fehlende Integration wertorientierter
Steuerungsgrößen in das Berichts–
wesen
Mitarbeiter verstehen das Konzept
inhaltlich nicht
Angst vor einseitiger Orientierung
an Shareholder-Interessen
Beurteilung auf Basis der Wertsteige–
rung wird ais ungerecht empfunden
Zweifel an günstigem Kosten-
Nutzen-Vemaltnis des Konzepts
Abb. 3: Implementierungshürden
einer wertorientierten
Steuerung
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