Seite 66 - CONTROLLER_Magazin_2003_06

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CM Controller magazin 6/03 - Urs Bramsemann / Carsten Heineke
^ Das zweite Entscheidungsi<riterium
bezieilt sich auf die
Reliabilität der
Kennzahlen.
Die Reliabilität bezeich–
net das
Ausmafi, in dem eine Kenn–
zahl vor Manipulationen geschützt
ist . ' °
Eine Kennzahl wird als
manipulationsanfällig bezeichnet ,
wenn es viele Wahlrechte, Ermessens–
spielräume bzw. Möglichkeiten zur
Sachverhaltsgestaltung gibt, die ihre
Interpretation (insbesondere für zen–
trale Stellen) erschweren. Überiegun–
gen bezüglich der Reliabilität spre–
chen in kapitalintensiven Branchen
beispielsweise für eine Nutzung des
CVA: Durch die Zahlungsorientierung
der Kennzahl bleibt die Performance-
Messung hier unbeeinflusst von un–
t e r s ch i edl i chen Abs chr e i bungs –
politiken."
Ist die Entscheidung für die Auswahl einer
wertorientierten Spitzenkennzahl gefallen,
so erfolgt in einem nächsten Schritt die
Festlegung der Berechnungsmethodik.
Auch hierbei sind wieder die Kriterien der
Verständlichkeit und Manipulations–
freiheit zu beachten. Die Berechnung der
Kennzahl sollte daher eine möglichst ge–
ringe Komplexität aufweisen und konzern–
weit einheidich erfolgen. Die Forderung
nach einer geringen Komplexität der
Kennzahlenberechnung zielt auf eine weit–
gehende Beschränkung der Wahlrechte,
die dezentralen Einheiten bei der Berech–
nung der Steuerungsgrößen eingeräumt
werden. Auch sollte die Ausübung eines
zugebilligten Wahlrechtes durch eine de–
zentrale Einheit auf jeden Fall für die
Konzernzentrale transparent sein.
Eine
konzern- bzw. unternehmensweit ein–
heitliche, einfache und transparente
Ausgestaltung des wertorientierten
Steuerungssystems ist für zentrale Stel–
len die unabdingbare Voraussetzung
dafür einen „objektiven" Überblick über
die wirtschaftliche Situation der Teilbe–
reiche zu erlangen.
Im Anschluss an die Entscheidung über
die zu verwendende Kennzahl und die
Berechnungsmethodik ist festzulegen,
welche Unternehmensbereiche mit der
wertorientierten Kennzahl gesteuert wer–
den sollen. Das hierzu maßgebl iche
Entscheidungskriterium ist die Beein–
flussbarkeit der Kennzahlenentwicklung
durch den zu steuernden Bereich bzw.
Entscheidungsträger Eine Kennzahl wird
nur dann vom Mitarbeiter akzeptiert und
damit Steuerungswirkung entfalten,
wenn er durch entsprechendes Handeln
auf sie Einfluss nehmen kann: Es macht
beispielsweise also wenig Sinn, einen
Vertriebsmanager der über keinen Ein–
fluss auf die Entwicklung des Anlagever–
mögens in seinem Bereich verfügt, über
eine wertorientierte Spitzenkennzahl zu
führen, die entsprechende Veränderun–
gen abbildet. Grundsätzlich sind in die
wertorientierte Steuerung daher nur sol–
che dezentralen Einheiten einzubeziehen,
die eigenständig wirtschaftlichen Er–
folg erzielen,
^ denen gleichzeitig eine Vermögens–
basis eindeutig zugerechnet werden
kann und
^ die zudem über die notwendigen
Entscheidungskompetenzen verfü–
gen, neben ihrem Markterfolg auch
die Entwicklung ihrer Vermögens–
basis zu beeinflussen.
Unternehmensbereiche, welche diese
Kriterien nicht erfüllen, können mit Hilfe
von entsprechend ausgestalteten Wert–
treiberhierarchien in das Steuerungssy–
stem integriert werden (vgl. das durch
Abbildung 2 visualisierte Beispiel eines
Werttreiberbaums).'^
Um späteren internen Kämpfen um die
konkrete Ausgestaltung einer dezentra–
len Werttreibersteuerung vorzubeugen,
sollte die Unternehmensleitung bereits
in der ersten Implementierungsphase ein
entsprechendes Rahmenkonzept erarbei–
ten. Ein solches Rahmenkonzept legt fest,
welche Tatbestände (Abbildung eines
bestehenden Geschäftsmodells versus
Konkretisierung der verfolgten Strategie)
durch welche Arten von Werttreiber–
hierarchien (funkt ionale oder sach–
logische Verknüpfljngen) erfasst werden
sollen.
Zum Abs ch l us s der ers ten Imple–
mentierungsphase ist darüber nachzu–
denken, inwiefern die Steuerung über die
wertor ient ierten Spi tzenkennzahlen
durch Zielsetzungen ergänzt werden soll,
die die Entscheidungsträger zur Verfol–
gung der langfristig eingeschlagenen
Geschäft;sstrategie verpflichten (z. B. stra–
tegische Meilensteine). Solche Zielvor–
gaben definieren Nebenbedingungen, die
bei allem (kurzfristig ausgerichteten) Stre–
ben um die Maximierung der wert–
orientierten Zielfunktion nicht verietzt
werden dürfen. Sie verhindern damit,
dass der den wertorientierten Zielvor–
gaben inhärente Anreiz zum sparsamen
Umgang mit Kapital zu dysfijnktionalen
Entscheidungen fiJhrt: Ein Untedassen
strategieinduzierter Investitionen mag
zwar kurzfristig Kapitalkosten senken,
langfristig betreibt es aber Raubbau an
den Zukunf t schancen eines Unter–
nehmens.
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Umsatz
Betriebliche
Steuern
Betriebliche
Kosten
Gesamt-Ka-
pitalkosten
Eigenkapi–
talkosten
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Fremdkapi-
talkosten
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Kosten
I— Fixkosten
Unnsatz
Produkt A
Umsatz
Produkt B
Umsatz
Produkt C
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Wettbewerbs-Intensitat
Preis
Produkt C
Menge
Produkt C
Produktlebenszyklus
Produktqualität
Kundenbindung
Marktvolumen
Abb. 2: Werttreiberbaum
am Beispiel des Economic Value Added
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