CM Controller magazin 6/03
kaufmännischen Hintergrundinforma–
tionen geschätzt werden.
An einigen
Stellen wird deutlich, dass sich die Adres–
saten wie F&E-Manager noch aktuellere
(monat l iche) Zahlen wi jnschen, um
schneller auf Fehlentwicklungen reagie–
ren zu können. Auch sie bestätigen je–
doch, dass der Controller bei „seinen Lei–
sten" bleiben miJsse.
Übereinstimmend wird berichtet, dass
das Verhältnis nicht unabhängig von der
personellen Besetzung ist. Gerade durch
den Generationenwechsel auf Seiten der
F&E-Manager und ein offeneres Herange–
hen der neuen Führungskräfte an das
F&E-Controlling ergaben sich positive
Effekte. In Einzelfällen bilden sich durch
die gegenseitige Abhängigkeit zwischen
Controller und F&E-Mitarbeitern „sym-
biotische Beziehungen" heraus, in denen
F&E-Managerund Controller gemeinsam
im Team auftreten und wichtige Aufga–
ben aufteilen. Der F&E-Mitarbeiter über–
nimmt die fachliche Führung, während
der Controller die Aussagen mit detail–
lierten Zahlen fundiert. Somit werden
einerseits Spezialisierungsvorteile reali–
siert, andererseits sorgt die
Bündelung
der Kompetenzen
in einem Team für
Effektivität und breitere Akzeptanz.
Neben den rein fachlichen Aspekten
wiesen Controller an verschiedenen Stel–
len darauf hin, dass sie auch die zwi–
schenmenschliche Atmosphäre als posi–
tiv empfinden. Sie sind sich zwar be–
wusst, dass sie ein gewisses Maß an
Unabhängigkeit und Distanz von der F&E-
Abteilung brauchen, fühlen sich aber
dennoch menschlich integriert und ak–
zeptiert. Eine Beobachtung, die über–
raschen muss, betrachtet man die in der
Literatur beschriebene Verschiedenartig–
keit der Akteure. Der Begnff des „Con–
trolling" ist in den Köpfen der F&E-Mitar–
beiter zwar tatsächlich negativ belegt,
diese scheinen aber bereits zwischen
„dem Controller" als erbsenzählendem
pedantischen Kontrolleur und „ihrem
Controller" als verständnisvollem Bera–
ter zu unterscheiden. Es gibt also sehr
wohl stereotype Einschätzungen des
Gegenübers, diese werden aber durch
die täglichen Erfahrungen und die guten
persönlichen Beziehungen widedegt.
In den geführten Gesprächen zeigte sich,
dass zumindest in den drei untersuchten
Unternehmen das Verhältnis zwischen
F&E-Controllern und F&E-Mitarbeitern
(so–
wohl fachlich als auch zwischenmensch–
lich) offensichtlich wesendich besser ist,
als gemeinhin angenommen wird.
Erklärungsansätze für das gute Ver–
hältnis
Der geringe Umfang der Befragung und
die relativ enge Auswahl der befragten
Berufsgruppen lassen natüriich Zweifel
an der generellen Übertragbarkeit der
Beobachtungen aufkommen. Zudem ist
es unwahrscheinlich, dass es sich bei den
beschriebenen Konflikten ausschließlich
um einen weitergetragenen Mythos han–
delt.
Es lassen sich jedoch Erklärungs–
ansätze für die gewonnenen Erkennt–
nisse finden.
Es erscheint denkbar, dass F&E-Mitarbeiter
und Controller
im Laufe der Jahre Ver–
ständnis für die Positionen des Gegen–
übers entwickeln
und sich einander an–
genähert haben. Dies wird durch die Aus–
sage mancher Mitarbeiter bestätigt, die
durchaus noch Erinnerungen an häufige–
re Konflikte zwischen den beiden Berufs–
gruppen in der Vergangenheit haben.
Offensichdich verstehen F&E-Mitarbeiter
heute, dass auch sie sich der Profit–
orientierung ihres Unternehmens nicht
entziehen können. Ökonomisches Kalkül
ist ihnen nicht mehr fremd. Sie wissen,
dass ihre F&E-Projekte wirtschafUichen
Erfolg generieren müssen, wenn sie lang–
fristig Mittel zur Finanzierung bekommen
wollen, und schätzen daher die Unterstüt–
zung der Controller bei der Zielerreichung.
Auf der anderen Seite haben aber auch
F&E-Controller Verständnis für die Schwie–
rigkeiten der F&E-Mitarbeiter entwickelt.
Auch sie wissen, dass genaue Projekt–
verläufe in Forschung und Entwicklung
nicht vorhersehbar und planbar sind. In
Konsequenz veriangen sie nicht mehr in
jedem Fall die sklavische Einhaltung von
Plänen und Budgets, sondern sind be–
reit, in gut begründeten Fällen auch ein–
mal eine größere nachträgl iche An–
passung vorzunehmen.
War das Verhältnis der Gruppen zueinan–
der vor einiger Zeit noch von gegenseiti–
ger Unkenntnis und Misstrauen geprägt,
haben beide Seiten im Lauf der Jahre
gegenseitiges Vertrauen aufgebaut. Sie
haben festgestellt, dass alle beteiligten
Gruppen gemeinsam versuchen, mit ih–
ren Mitteln zum Unternehmenserfolg
beizutragen.
An dieser Stelle gilt es allerdings zu be–
denken, dass die Berufsbilder der in der
Untersuchung befragten Personen die
größtmögliche Nähe auf dem Kontinu-
um (F&E-Controller und F&E-Manager)
zueinander aufweisen, so dass auch hier–
in ein Erklärungsansatz für die beobach–
tete Harmonie zu sehen sein könnte. In–
wiefern sich das gute Verhältnis auch
zwischen weiter voneinander entfernten
Gruppen, z. B. operativen Forschern und
Konzerncontrollern, bestät igen ließe,
muss in einer separaten Untersuchung
geklärt werden.
Fazit und Literatur
Das stereotype Bild der unüberbrück–
baren Gegensätze zwischen F&E-Control–
lern und F&E-Mitarbeitern scheint über–
holt. Die durchgeführte Untersuchung
weist darauf hin, dass die althergebrach–
ten Annahmen heute nicht mehr in je–
dem Fall der Realität entsprechen müs–
sen. Der Zusammenprall von F&Eler als
schwierige Primadonna und Controller
als pedantischer Erbsenzähler ist heute
ein Klischee, das es in der Realität nicht
mehr gibt. Für die Erklärung dessen las–
sen sich verschiedene Ansätze finden,
die zumeist auf eine Annäherung der
beiden Berufsgruppen und auf den Wil–
len zu vermehrter Zusammenarbeit hin–
deuten.
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