CM Controller magazin 6/03 - Bernd Kunze
WELCHE EINSATZMÖGLICHKEITEN
GIBT ES FÜR DEN INTERIM-MANA–
GER?
1. Überbrückung einer unerwarteten
Vakanz ohne interne Überbrückungs-
möglichkeiten
Interim-Managern werden bei unerwar–
teten Vakanzen engagiert, weil
-
in den Betrieben als Folge des Lean-
Management kaum noch Führungs–
reserven vorhanden sind und organi-
zational slacks nicht mehr zur Ver–
fügung stehen;
-
infolge der zunehmenden Anzahl
werkvertraglicher Beziehungen mit
finanziellen Wirkungen bis hin zu
Konventionalstrafen Engpässe im
Zuge von Oppor tuni t ä t skos t en-
übedegungen überwunden werden
müssen;
-
Qualitäts- und Servicestandards er–
halten werden sollen oder aus recht–
l ichen bzw. aus We t t bewe rbs –
gründen nicht unterschritten werden
dürfen;
-
aufgrund steuedicher oder sonstiger
recht l i cher Wi rkungen termin–
kritische Probleme auftreten können.
Meistens werden sehr schnelle Problem–
lösungen - auch als Folge der Verzöge–
rungen bei Entscheidungen, ob der Ein–
satz eines Externen definitiv nötig ist
oder ob man sich nicht doch mit Bord–
mitteln selbst helfen kann - erwartet.
Nicht selten sind massive Sanierungs–
arbeiten nötig, um das Ressort wieder in
den anforderungsgerechten Zustand zu
entwickeln. Bei derartigen Tätigkeiten
muss der Interim-Manager viel Erfahrun–
gen und Fingerspitzengefühl mitbringen,
weil regelmäßig trotz nachhaltiger Pro–
bleme, die zu lösen sind, das verantwort–
liche Management den Eindruck vermit–
telt, „dass das Ressort durchaus geord–
net ist und lediglich die Führungskräfte
wieder motiviert werden müssen."
Die Einsatzdauer des Manager auf Zeit
bemisst sich nach dem konkreten Auf–
trag: Wenn nur die Zeit bis zur Neube–
setzung zu überbrücken ist, dann kön–
nen drei bis sechs Monate ausreichen; in
diesem Fall kann oft auch ein Teilzeit–
management genügen. Wenn das Res–
sort oder der Geschäftsbereich wieder
auf das geforderte Leistungsniveau ge–
bracht werden soll, damit der neue, mei–
stens externe Linienmanager nicht von
vornherein überfordert ist und womög–
lich kaum eine Chance zur notwendigen
Einarbeitung hat, dann sind schon neun
bis zwölf Monate anzusetzen. Bei strate–
gischen Defiziten dagegen bedarf es ein–
einhalb bis zwei fahre, bis die Neuord–
nung konzipiert und soweit implemen–
tiert worden ist, dass der nachfolgende
Verantwordiche ohne nachhaltige Brü–
che übernehmen kann. Abweichungen
von diesen zeitlichen Erfahrungswerten
können schon einmal dazu führen, dass
der Manager auf Zeit sein eigener Nach–
folger wird.
2. Einsatz bei Projekttätigkeiten
In diesem Rahmen ergeben sich folgende
drei Aufgabenbereiche:
-
Die klass i sche Projekt lei tungs–
aufgabe:
Diese Aufgabe ist eigendich
eine traditionelle Consultant-Aufgabe
- nämlich mit begrenzten, von Fach–
abteilungen bereit gestellten Ressour–
cen das Projektziel mit Hilfe eines
definierten Planungs- und Führungs–
instrumentes in time zu erreichen.
-
P r o j ek t l e i t ung s au f gaben
bei
funktionsübergreifenden Entwick–
lungen
und Implementierungen mit
Reorganisationskomponenten, die
vorab nicht exakt definiert werden
können, sondern laufend in Zusam–
menarbeit mit den Fachbereichen
entwickelt und entschieden werden
müssen.
-
Projekte,
die mit Interim-Managern
durchgeführt werden, weil sie per se
während der zeitlich l imitierten
Durchführungsphase erhebliche An–
forderungen an das Fach-, Organi–
sations- und Führungswissen stellen.
Beispiele sind klassischerweise Pro–
jekte im Anlagenbau, in der Bau–
branche, im Engeneeringbereich und
im Industrie- bzw. Dienstleistungs–
sektor in zunehmendem Maße
bei
Fusionen, Gründungen von Toch–
tergesellschaften,
Aufbau und Ent–
wicklung neuer Geschäftsbereiche,
Outsourcing-Vorhaben, Markterwei–
terungsaktivitäten ins Ausland usw.
3. Weitere Optionen des Einsatzes
von Interim-Managern
In zunehmendem Maße wird der Einsatz
von Interim-Managern aus strategischen
Anlässen heraus vorgenommen wie zum
Beispiel
bei Turn around-Prozessen,
bei notwendigen und einschneidenden
Or gan i s a t i ons en twi ck l ungen ,
bei
Personalentwicklungsprozessen, beim
Krisenmanagement
sowie bei sonstigen
qualitativen Weiterentwicklungen wie
z. B. Kulturänderungen im Nachgang zu
nachhaltigen Strukturänderungen im
Unternehmen oder dessen angestamm–
ten Märkten bzw. von Fusionen. Um die
unüberschaubare Vielzahl von Einsatz–
möglichkeiten strukturiert darzustellen
und für den über den Einsatz von Inte–
rim-Managern zu entscheidenden Ver–
antwortlichen planbar
zu
machen, wird
praktischerweise eine Kategorisierung
anhand von Unternehmensentwicklungs–
phasen vorgenommen (vgl. Abbildung),
anhand der schwergewichtig die fach–
lichen und persönlichen Anforderungen
an Intenm-Manager konkretisiert wer–
den können.
EIN WICHTIGES ZIEL: HER–
STELLUNG DER NACHHALTIGKEIT
Der Manager auf Zeit wird bei jedem
Einsatz regelmäßig mit der Frage kon–
frontiert:
Und was wird aus dem ge–
meinsam Erreichten nach Beendigung
des Einsatzes?
Dahinter verbirgt sich die
Befürchtung, dass
-
externe Manager lediglich das Ziel
anstreben, zum Zeitpunkt des Ver–
tragsendes die vereinbarte Aufgaben–
stellung erreicht zu haben - ohne
Rücksicht darauf, ob der Status an–
schließend stabil ist und erhalten
werden kann;
-
der nachfolgende Manager alles neu
konzipiert und eine Strategie verfolgt,
die die vorhergehende Arbeit wieder
zunichte macht;
-
das Wissen, das im Zuge der prakti–
schen Arbeit automatisch kumuliert
wird, mit dem Ausscheiden des Inte–
rim-Managers dem Unternehmen
vedoren geht.
Ganz sicher sind alle Befürchtungen be–
rechtigt. Deshalb ist es notwendig, so–
wohl von Seiten der Unternehmens-
führung als auch von Seiten des Mana–
gers auf Zeit entsprechende Maßnahmen
zu ergreifen, um diese Nachteile von vorn–
herein auszugleichen, insbesondere
vor-
behaltiose Abstimmung der strategi–
schen Ziele und Maßnahmen sowie
laufende Information der Beteiligten.
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