Seite 47 - CONTROLLER_Magazin_2003_06

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CM Controller magazin 6/03
6. Einzalilungen aus Gebührenforde–
rungen und Erstattungsansprüchen
(Kostenfreiheit für den Antragsteller).
Die Höhe ist direkt abhängig von der
Fallzahl.
7. Einzahlungen, die im direkten Zusam–
menhang mit einem Abbau von
überhängigem Personal im Gut–
achterbereich stehen (bedingt durch
rückläufige Fallzahlen oder Steige–
rung der Produktivität). Hierzu gehö–
ren jene unter A. 7. aufgelisteten Ein–
zahlungen, [edoch sind diese in Be–
zug auf die benötigten Eigengutachter
(und damit die Fallzahl) sprungfix.
Natüdich untediegen Wirtschaftlichkeits–
untersuchungen selbst dem Primat der
Wirtschaftlichkeit, d. h. es sollten nur
solche Zahlungen ermittelt und angesetzt
werden, die von ihrem Volumen her als
entscheidungsrelevant anzusehen sind.
Wo das möglich und sachgerecht ist, kann
auf (eventuell vorhandene) Pauschalsät–
ze zurückgegriffen werden.
Die Kapi talwerte al ler Handlungs–
alternativen sind im Fall ärztlicher Gut–
achten im Sozialrecht - wie auch in ande–
ren Bereichen staatlich zu gewährender
Dienstleistungen, für die aus gesellschaft–
lichen Gründen keine oder nicht kosten–
deckende Gebühren erhoben werden -
negativ (sofern die unter den vorstehen–
den Punkten A. 7. und B. 7. genannten
Einzahlungen nicht den Ausgleich her–
führen). Die meisten Zahlungen sind -
linear oder sprungfix - abhängig von
den zukünftigen Fallzahlen der zu bear–
beitenden Gutachten. Insbesondere die
Prognose der zukünftigen Fallzahlen ist
jedoch wegen politischer rechdichen wirt–
schaftlicher demografischer und weite–
ren Unabwägbarkeiten durchweg mit
Risiko behaftet. In derartigen Fällen ist
eine Wahrscheinlichkeitsverteilung für
mögliche Fallzahlen aufzustellen, um
damit die erwartete Fallzahl, mit der die
Kapitalwerte der Handlungsalternativen
zu errechnen sind, zu ermitteln (die mög–
lichen Fallzahlen sind mit ihrer jeweiligen
Eintrittswahrscheinlichkeit zu multiplizie–
ren und die Ergebnisse aufzuaddieren)^^
Entsprechend ist mit weiteren risiko–
behaf teten entscheidungsrelevanten
Größen zu verfahren. Aus der Sicht der
entscheidenden Behörde ist diejenige
Handlungsalternative einzelwirtschaft–
lich vorteilhaft, die den höheren (erwar–
teten) Kapitalwert aufweist.
4.2 Ist das Outsourcing gesellschaft–
lich bzw. gesamtwirtschaftlich vor–
teilhaft?
IV\it der Größe finanzwirksamer IVIaßnah–
men steigen in der Regel durch direkte
und indirekte Wirkungen auch die damit
verbundenen gesellschaftlichen bzw. ge–
samtwirtschaftlichen Kosten und Nutzen
(z. B. soziale, ökologische, haushalts-,
struktur- und makroökonomische Fakto–
ren). Je weiter hinten diese in der Wir–
kungsket te anges iedel t sind, desto
schwieriger sind sie zu prognostizieren"
und umso mehr öffnen sie sich der Sub–
jektivität und der politischen Dimension.
Grundsätzlich sind daher lediglich die
über das Einzelwirtschaftliche hinausge–
henden direkten Wirkungen bei allen
Stakeholdern, insbesondere den ande–
ren beteiligten bzw. betroffenen Verwal–
tungen und staatlichen Organisations–
einheiten (auch jenseits der eigenen Ge–
b i e t skörpe r s cha f t ) , den Behörden–
mitarbeitern sowie den Bürgern und Un–
ternehmen zu berücksichtigen, sofern sie
auch vom Volumen her relevant sind.
Indirekte Folgewirkungen sind nur dann
zu betrachten, wenn sie hinreichend
wahrscheinlich sind. Bei kleineren Out-
sourcing-Maßnahmen mit nicht relevan–
ten Wirkungen ist hingegen keine ge–
samtwirtschaftliche Wirtschaftlichkeits–
untersuchung durchzuführen.^"
Soweit für die Untersuchung relevante
gesellschaftliche Kosten und Nutzen
monetär bewertbar sind oder - wenn
Marktpreise nicht ermittelbar sind - über
mehr oder weniger subjektive Näherungs–
lösungen (Ersatzpreise, Kompensations–
kosten u
.a.)
monetär bewertbar gemacht
werden können, ist hierfür die Kapital–
wertmethode anzuwenden. In vielen Be–
reichen der öffendichen Verwaltung -
besonders im Sozialbereich - ist das nicht
möglich. Diese Wirkungen sind dann
„nur" der qualitativen Wirtschaftlichkeits-
unt e r suchung mit Hilfe der Nutz–
wertanalyse zugänglich".
4.3. Welche Entscheidung ist bei einzel-
und gesamtwirtschaftlich divergieren–
der Vorteilhaftigkeit zu treffen?
Eine Handlungsalternative ist - natür–
lich im Rahmen der getroffenen Annah–
men - immer dann eindeutig vorteilhaft,
wenn sie einzel- und gesamtwirtschaft–
lich allen anderen Handlungsalternativen
überiegen ist. Gibt es ein derart eindeu–
tiges Ergebnis nicht, gilt bei staatlicher
Aufgabenverantwortung - wie eingangs
erwähnt - das Primat der gesamtwirt–
schaftlichen Vorteilhaftigkeit. Hierbei ist
zu berücksicht igen, dass die einzel–
wirtschaftlichen Kosten und Nutzen der
Behörde letztlich auch gesamtwirtschaft–
liche sind; denn der Staat finanziert sich
ja über Abgaben und Kredite. Sie sind
deshalb - bei entsprechender Relevanz
- in die gesamtwirtschaftliche Wirtschaft–
lichkeitsuntersuchung aufzunehmen.
Trotz Objektivierung des Entscheidungs–
problems „Eigenerstellung oder Out–
sourcing" durch das zuvor präsentierte
Prüfungsschema sollte man sich der un–
vermeidbaren subjektiven Elemente im–
mer bewusst sein: Welche Kosten und
Nutzen wie (z. B. die Höhe des kalkulato–
rischen Zinssatzes, die Wahrscheinlich–
keitsverteilung, die monetäre Bewertung
bzw. Gewichtung von nicht über den
Markt direkt feststellbaren Kosten und
Nutzen) in die Wi r t schaf t l i chke i t s –
untersuchungen einfließen, ist eine poli–
tische Entscheidung, die das Ergebnis in
meist nicht unerheblichem Umfang be–
einflusst und damit auch angreifbar
macht. Die Prämissen zu kennen, die den
- in unserer komplexen Welt unver–
zichtbaren - Wirtschaftlichkeitsunter–
suchungen zugrunde liegen, ist umso
wichtiger in einer Zeit,
in der sich Politi–
ker,
um nicht vom Wähler für falsche
Entscheidungen verantwordich gehalten
zu werden,
zunehmend hinter ver–
meintlich objektiven - häufig in eige–
nem Auftrag erstellten - Expertisen
verstecken
und somit als Folge ent–
scheidungsrelevante Faktoren der politi–
schen Diskussion entziehen. Gerade in
dem zunehmend propagierten Behörden-
und Länder-Wettbewerb haben jene dem
Eigennutz unterworfenen administrati–
ven und politischen Entscheidungsträ–
ger nicht unbedingt den Anreiz, die Inter–
essen aller Stakeholder unter dem Grund–
satz gesamtgesellschaftlicher Gemein-
wohlmaximierung zu gewichten.^' So
bestehen z. B. Zweifel, „wieweit dieser
Grundsatz von den öffentlichen Verwal–
tungen auch tatsächlich befolgt wird,
etwa mit Blick auf Handlungsfolgen, wel–
che die Landesgrenzen überschreiten"^'.
Ebenso können bestimmte Stakeholder
ihre Interessen effektiver durchsetzen als
andere.
Deshalb ist es wichtig, den ge–
samten EntScheidungsprozess so trans–
parent wie nur möglich zu gestalten.
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