CM Controller magazin 6/03 - Peter Glinder
Die r e l evan t en Zah l ungen : In der
Investitionsrechnung sind die (relativen)
Einzelkosten in Bezug auf das betrachte–
te Produkt (hier: ärztliche Gutachten im
Sozialrecht) relevant. D. h., für alle zu
untersuchenden Handlungsalternativen
(Outsourcing und Eigenerstellung) ist eine
Einzelkostenrechnung (Teilkostenrech–
nung) durchzuführen, in der nur j ene
Kosten und Erlöse zu berücksicht igen
sind, die im bet rachteten Zeitraum mit
Aus- oder Einzahlungen der öffendi–
chen Verwaltung im direkten Zusam–
menhang mit dem Produkt verbunden
sind. Wichtig dabei ist, genaues Augen–
merk auf die relevanten Transaktions–
kosten zu werfen. " Eine Verrechnung
sonstiger Kosten (Gemeinkosten) auf das
Produkt erfolgt hier nicht'^. Somit kön–
nen die aus der in der öffendichen Ver–
waltung - soweit bereits eine Kosten-
und Lei s tungsrechnung als „Neues
Steuerungsinstrument" eingeführt ist -
weitverbreiteten Vollkostenrechnung
gewonnenen Produktkosten für die Out-
sourcing-Entscheidung nicht ohne Kor–
rektur zugrunde gelegt werden. ' '
Zum Problem der unterschiedl ichen
Steuerpflicht: Während private Anbieter
in der Regel e inkommen- oder
körperschaftsteuer- sowie gewerbe- und
umsatzsteuerpflichtig sind, gilt das für
die öffentliche Verwaltung, soweit es sich
nicht um Betriebe gewerblicher Art han–
delt, nicht. Dies darf keineswegs als Wett–
bewerbsverzerrung zu Unguns t en Priva–
ter ausgelegt werden; denn schließlich
ermöglichen die Steuerpflichten auch die
Verrechnung von Aufwendungen und
Veriusten bzw. der Vorsteuer, also ein
Vorteil, dessen sich Steuerbefreite wie
die öffendiche Verwaltung nicht bedie–
nen können.
A. Für die Hand l ungsa l t e rna t i ven
„Outsourcing" sind folgende Zah–
lungen relevant :
1. Auszahlungen für Einkauf der Fremd–
leistungen (Fallzahl ärzdicher Gutach–
ten im Sozialrecht * Entschädigungs–
satz pro Fall).
2. Auszahlungen für Vergabe- und Ab–
rechnungsverfahren (diesbezügliche
Personal- und Sachausgaben^"). Die
Höhe der Auszahlungen ist zumin–
dest teilweise abhängig von der Fall–
zahl.
3. Auszahlungen der Verwaltung für
Herstellung und Erhaltung der De–
facto-Vergabefähigkeit, die nicht er–
stattet werden (z. B. unentgeltliche
Schulungen der Fremdgutachter ,
Herstellung des Online-Zugangs für
Fremdgutachter zu elektronischen
Datenbanken). Die Höhe der Auszah–
lungen ist abhängig von der Fallzahl
(je höher die Fallzahl, desto mehr
Fremdgutachter werden in der Regel
benötigt).
4. Auszahlungen für das - interne oder
externe - Qualitätsmanagement der
vergebenen Leistungen (der Fremd–
gutachten). Die vorrangigen Aufga–
ben des Qualitätsmanagements lie–
gen in Bezug auf die Minimum-
Leistungskriterien einerseits darin,
deren dauerhafte Einhaltung durch
die Fremdgutachter sicherzustellen
(Gutachtenüberprüfungen) sowie
andererseits darin, diese Kriterien
selbst permanent auf den Prüfstand
zu stellen und fortzuentwickeln. Hier–
unter fallen auch die Auszahlungen
aufgrund mangelhafter Qualitäts–
sicherung und eines dadurch not–
wendigen Claim-Managements^'. Die
Höhe der Auszahlungen ist nur par–
tiell abhängig von der Fallzahl.
5. Auszahlungen, die im direkten Zu–
sammenhang mit der Auflösung der
Eigenerstellung stehen (Desinvesti-
tions-Auszahlungen). Hierzu gehören
u.a. Auszahlungen für das nach dem
Outsourcing überhängige Personal,
das - selbst wenn es sich lediglich
um einen begrenzten Zeitraum han–
deln sollte - nicht anderweitig einge–
setzt oder gekündigt werden kann
oder für das Sozialpläne zu finanzie–
ren sind. Des weiteren sind hier obso–
let werdende vertragliche Zahlungs–
verpflichtungen, die nicht sofort ge–
kündigt werden können (z. B. Mieten
für nicht mehr genutzte Gebäude),
sowie Rechte, die nicht sofort ver–
äußert werden können und zugleich
laufende Aufwendungen verursa–
chen (z. B. Unterhaltung leerstehen–
der bzw. nicht anderweitig nutzbarer
Liegenschaft:en), zu berücksichtigen.
Die Höhe der Auszahlungen ist unab–
hängig von der Fallzahl.
6. Einzahlungen aus Gebührenforde–
rungen und Erstattungsansprüchen
(im Sozialrecht gilt der Grundsatz der
Kostenfreiheit für den Antragsteller
von Sozialleistungen - § 64 SGB X).
Die Höhe der Einzahlungen ist ab–
hängig von der Fallzahl.
7. Einzahlungen, die im direkten Zu–
sammenhang mit der Auflösung
der Eigenerstellung stehen (Des-
investitionserlöse), beispielsweise der
Verkauf von (medizinischen) Anlagen
oder nicht mehr genutzten Liegen–
schaften. Die Höhe der Auszahlun–
gen ist unabhängig von der Fallzahl.
B.
Für die Hand l ungsa l t e rna t i ven
„Eigenerstel lung" sind folgende
Zahlungen relevant :
1
. Auszahlungen für Gehälter der Mit–
arbeiter (Eigengutachter). Die Anzahl
benötigter Eigengutachter errechnet
sich folgendermaßen: Fallzahl pro
Periode / pro Eigengutachter in einer
Periode durchschnitdich erstellbare
Anzahl von Gutachten. Dabei ist die
Anzahl der benöt igten Eigengut–
achter „sprungfix", d. h. sie verän–
dert sich nicht mit jeder geringen
Änderung der Fallzahl, sondern erst
ab einer bestimmten Größenordnung
der Änderung.
2. Auszahlungen für die Personalver–
waltung der Eigengutachter, sofern
sie diesen direkt zuordenbar sind und
die Auszahlungen nicht mehr anfal–
len würden, wenn es die Eigengut–
achter nicht mehr gäbe (z. B. Gehälter
für Sachbearbeiter, die ausschließ–
lich oder überwiegend für die Perso–
nalverwaltung der Eigengutachter
zuständig sind). Die Auszahlungen
sind in Bezug auf die benötigten Eigen–
gutachter (und damit die Fallzahl)
sprungfix.
3. Auszahlungen für Schulungen und
Dienstreisen der Eigengutachter so–
wie für benötigte Sachmittel (Büro–
ausstattung, Hard- und Softwareu.a.).
Die Auszahlungen sind zu einem
wesendichen Teil in Bezug auf die
benötigten Eigengutachter (und da–
mit die Fallzahl) sprungfix.
4. Auszahlungen für das - interne oder
externe - Qualitätsmanagement der
eigenerbrachten Leistungen (der
Eigengutachter). Siehe Ausführungen
zu A.4.
5. Auszahlungen, die im direkten Zu–
sammenhang mit einem Abbau von
überhängigem Personal im Gut–
achterbereich stehen (bedingt durch
rückläufige Fallzahlen oder Steige–
rung der Produktivität). Hierzu gehö–
ren jene unter A.S. aufgelisteten Aus–
zahlungen. Allerdings sind diese in
Bezug auf die benöt igten Eigen–
gutachter (und damit die Fallzahl)
sprungfix.
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