CM Controller magazin 6/03 - Peter Glinder
Zuordnung CM-Themen-Tableau
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PRUFUNGSSCHEMA
FÜR OUTSOURCING-
ENTSCHEIDUNGEN
in der öffentlichen Verwaltung
- am Beispiel ärztlicher Gutachten im Sozialrecht
von Peter Glinder, Kornwestheim
Diplom-Verwal tungswi r t (FH)
D i p l om - Ök o n om Dr. Pe t e r
Gl inder ist Leiter der Stabsstel le
„Neue Steuerungsinstrumente
(NSI)" beim Landesversorgungs–
amt Baden-Würt temberg (NSI
umfassen ein SAP-gestütztes
Haushal tsmanagementsystem,
Kosten- und Leistungsrechnung
sowie Control l ing).
In Anbetracht immer kleiner werdender
Spielräume staatlicher Haushalte rijcken
auch bei der öffentlichen Verwaltung
Übedegungen zur Effizienz des Ver–
waltungshandelns zunehmend ins Be–
wusstsein der verantwortlichen Ent–
scheidungsträger Die fortschreitende
EinfiJhrung bet r i ebswi r t schaf t l i cher
Steuerungsinstrumente bei Bund, Län–
dern und Kommunen tut dazu ihr Übri–
ges. Insbesondere die Sozialverwaltung
ist in den vergangenen lahrzehnten - vor
allem durch Zuweisung immer neuer so–
zialer Aufgaben - stetig gewachsen. Mitt–
lerweile dürfte jedem klar sein, dass die–
ser Trend zukünftig nicht mehr fortsetz–
bar ist. Der erst am Anfang stehende
Rückzug vom Wohlfahrtsstaat hin zu
mehr Eigenverantwortung dürfte sich in
den kommenden jähren fortsetzen.' Den–
noch gilt, das verfassungsrechUich ver–
ankerte Sozialstaatsgebot selbst in Zei–
ten knapper Kassen nicht aus den Augen
zu vedieren und auch zukünftig eine die–
sem Gebot en t spr e chende Bas i s –
sicherung zu gewähdeisten. Neben einer
umfassenden Überprüfung aller vom
Staat wahrgenommenen Aufgaben („Auf–
gabenkritik": wird ein öffenUicher Zweck
verfolgt?) müssen Effizienzpotenziale -
wo vorhanden - besser ausgenutzt wer–
den, ohne aber die Einhaltung notwendi–
ger Mindeststandards bei der Qualität
der Aufgabenerfüllung zu gefährden. Zu
der sich daraus ergebenden Notwendig–
keit zur Neuor i ent i erung und Re-
struktunerung der Sozialverwaltung ge–
hört ferner die Prüfung, ob Leistungen
effizienter eigen- oder fremderstellt wer–
den können.^ Nachstehend wird ein ent–
sprechendes Prüfungsschema am Bei–
spiel ärzdicher Gutachten im Sozialrecht
präsentiert, das jedoch ebenso auf ande–
re Leistungen der öffentlichen Verwal–
tung übertragen werden kann (siehe Ab–
bildung).
1. SIND DIE ZUM OUTSOURCING
VORGESEHENEN LEISTUNGEN DE
JURE VERGABEFÄHIG?
Die Untersuchung der De-Jure-Vergabe-
fähigkeit ist ein Gegenstand der Staats–
aufgabenlehre und hat jeder Vergabe-
und Privatisierungsdiskussion vorauszu–
gehen.^ Behörden als Betriebe der öffent–
lichen Verwaltung sind gemäß Artikel 20
des Grundgesetzes formalrechUich Aus–
übungsorgane der exekutiven Staats–
gewalt und als solche an die „Vorgaben"
der anderen Staatsorgane - (grund)ge-
setzliche Regelungen, Rechtsprechung
sowie Weisungen der vorgesetzten Be–
hörden - gebunden. Für welche Leistun–
gen die öffendiche Verwaltung zuständig
ist, bestimmen also nicht wie bei priva–
ten Unternehmen - vorrangig - die Gege–
benheiten des Marktes, sondern staat–
liche Institutionen auf Kommunal-, Lan–
des-, Bundes- und supranationaler Ebe–
ne (das gilt auch für die Aufgabenkritik).
Diese sind
demAllgemeinwohl, also ei–
ner gesellschaftiichen und gesamtwirt–
schaftlichen Ausrichtung
verpflichtet."
Die für Private übliche einzelwirtschaft–
liche Betrachtungsweise muss hier folg–
lich um derartige Kosten- und Nutzen–
aspekte ergänzt werden.
Die Zuständigkeit der öffentlichen Ver–
waltung für eine Aufgabe bzw. Leistung
beinhaltet auf jeden Fall die Verantwor–
tung dafür, dass die Erbringung gemäß
den staatiichen Vorgaben erfolgt bzw.
gewährleistet ist
(Gewährleistungs–
verantwortung).
Davon zu trennen ist
die
Erfüllungs- bzw. Produkt ions –
verantwortung:
Nicht jede (Teil-)Leistung
muss nämlich auch zwingend von der
öffentlichen Verwaltung selbst erstellt
bzw. produziert werden. Das trifft nur auf
jene Bereiche zu, bei denen dieses ge–
setzlich vorgegeben ist, also dort, wo das
Verwaltungshandeln öffentlich-rechdich
(hoheitlich) sein muss: die Kernbereiche
Polizei, Verteidigung und Justiz, in der
Leistungsverwal tung zumindest die
Entscheidungsfindung und die Kontrolle
der Umsetzung (Entscheidungsverant–
wortung). Alle anderen Leistungen sind
de jure markt- bzw. an Private vergabe-
fähig.^
Vergabefähig ist erstens der gesamte
fiskalische Bereich:
Darunter fallen der
Fremdbezug von Material, die Fremd–
erstellung von Bauten
sowie die Fremd–
erbringung nichthoheitl icher Dienst–
leistungen im Querschnittsbereich, wie
Vermögensverwaltung, Gebäudereini–
gung und
- U n t e r h a l t u n g ,
Wachdienst,
Kantine, Druckerei, Information und
Kommunikation, betriebswirtschafdiche
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