CM Controller magazin 6/03 - Walter Schmitting / Andreas Siemes
sich dadurch äußern, dass bei einer
Erhöhung (Verminderung) der Ein–
t r i t t swahr s che i n l i chke i t fiJr ein
Risiko A die Eintrittswahrschein–
lichkeit des Risikos B fällt (steigt).
> Ri s i kokomp l emen t a r i t ä t :
Eine
Risikokomplementarität kann zum
ersten dadurch gekennzeichnet wer–
den, dass bei Eintritt eines Risiko–
ere i gni s ses
A die
Eintri t ts–
wahrscheinlichkeit des verbundenen
(noch nicht eingetretenen) Ereignis–
ses B steigt. Zumzweiten kann eine
Risikokomplementarität in der Form
auftreten, dass bei einer Erhöhung
(Verminderung) der Eintri t ts–
wahrscheinlichkeit fiJr ein Risiko A
die Eintrittswahrscheinlichkeit des
Risikos B sich gleichfalls erhöht (ver–
mindert).
> Risikoindifferenz:
Im Falle der Risiko–
indifferenz beeinflussen sich zwei Ri–
siken gegenseitig nicht.
Ein häufiger Fehler bei der Konzeption
eines Risikomanagementsystems ist die
Vernachlässigung der Wechselwirkungen
zwischen Risiken. Trotzdem wird in der
Praxis oft eine Gesamtrisikoposition für
das Unternehmen berechnet. Es gilt je–
doch, dass nur die Erfassung der Wech–
selwirkungen der Risiken untereinander
eine sachgerechte Quantifizierung des
Gesamtrisikos (Risikoaggregation) er–
laubt. Falls man diese Abhängigkeiten
ignoriert, führt dies bspw. im Falle der
Ri s ikokonkurrenz oder der Risiko–
antinomie dazu, dass die Gesamtrisiko–
position eines Unternehmens deudich
zu hoch ausfällt und keineriei sinnhafte
Steuerungsinformation mehr enthält.
Erfassung der Wechselwirkungen
und Berechnung einer Gesamt–
risikoposition
Das Ausmaß der gegenseitigen Beein–
flussung der Eintrittswahrscheinlich–
keiten von Risikoereignissen ist im Rah–
men eines Risikomanagementsystems so
exakt wie möglich zu quantifizieren.
Je
umfassender die Einschätzung der ge–
genseitigen Beeinflussung von Risiko–
ereignissen gelingt, desto eher kön–
nen typische „JVluster" des Risiko–
geschehens identifiziert werden.
Mit
am bekanntesten unter diesen Mustern
ist das so genannte
„Klumpenrisiko"
(10).
Ein solches kann identifiziert werden,
wenn für eine definierte Menge von
Risiken eine sehr hohe wechselseitige
Risikokomplementarität vorliegt. Im un–
günstigsten Falle kann der Eintritt eines
einzigen Risikoereignisses den Eintritt
aller anderen Risikoereignisse nach sich
ziehen. Dieser Zusammenhang ist auch
als „Schnellballeffekt"
bekannt. Die Er–
kennung eines solchen Geschehens–
musters kann insofern von Bedeutung
sein, als dass eine isolierte Beurteilung
aller Einzelrisiken (unter Vernachlässi–
gung der bestehenden Beziehungen un–
ter ihnen) u. U. ergeben hätte, dass kei–
nes der betrachteten Risiken als bestands–
gefährdend zu qualifizieren wäre - wäh–
rend das für die Gesamtheit der Risiken
unter Berücksichtigung der bestehenden
Beziehungen sehr wohl gilt.
Die weiteren Elemente: Schaden,
Reaktion, Absicherung und Indikator
In einem sehr engen Zusammenhang
zum Risiko steht das Element „Schaden".
Dieses ist definiert als eine Konsequenz
(unter ggf. mehreren) des Eintritts eines
oder mehrerer Risikoereignisse. Diese
Auswirkung wird sich i.d.R. in einer öko–
nomisch fassbaren (Wert-)Dimension
niederschlagen (man könnte den Scha–
den auch als „Folge" bezeichnen, wenn
man nicht zwangsläufig von einem nega–
tiven Wertbeitrag des Eintritts eines
Risikoereignisses ausgeht). Es sei ange–
merkt,
dass der Zusammenhang zwi–
s c hen dem Eint r i t t de s Risiko–
ereignisses und einem zugeordneten
Schaden grundsätzlich als kausal an–
genommen wird.
Einem Risiko können
nunmehr prinzipiell mehrere Schäden
zugeordnet sein, die sich bei Eintritt des
Risikoereignisses mit einem festgelegten
zeiUichen Abstand zu demselben nega–
tiv auswirken. Da charakteristisch für
den Schaden ein ökonomischer Nachteil
ist, wird der Schaden in der Regel als
• Auszahlung,
• Vermögensveriust oder
• entgangene Einzahlung spezifiziert
werden.
Der zeitliche Abstand zwischen
Risikoereignis und Schadenseintritt
Der Eintritt des Schadens muss zeidich
nicht unmittelbar im Anschluss an den
Eintritt des Risikoereignisses stattfinden.
Zwischen Risikoereignis und Schadens–
eintritt kann vielmehr ein zeidicher Ab–
stand gegeben sein. Diese Zeitspanne kann
entweder absolut fixiert sein oder von
spezifischen Kontextfaktoren abhängen.
Neben Risiken und Schäden werden im
Risikomanagement unter dem Stichwort
Maßnahmen die Elemente „Absiche–
rungen" und „Reaktionen" subsumiert
(11). Unter einer „Absicherung" wird hier
eine Maßnahme verstanden, deren
Zweck es ist, entweder die Wahrschein–
lichkeit des Eintritts des Risikoereignisses
- im Idealfall bis auf Null - abzusenken
oder die aus ihm resultierenden Schäden
zu mildern. Kennzeichnend für eine Ab–
sicherung ist dabei insbesondere die Tat–
sache, dass die entsprechende
Maß–
nahme zeitlich vor dem Eintritt des
Risikoereignisses beschlossen und er–
griffen wird.
Dabei ist für die Realisation
der Absicherung in der Regel ein Einsatz
von (Geld-)Mitteln notwendig. Der Mittel–
einsatz wird zumeist vor Eintritt des
Risikoereignisses zu leisten sein.
In Orientierung an der Art der Wirkung
kann zwischen proaktiven und reaktiven
Absicherungen unterschieden
werden:
• Proaktive Absicherungen:
Als pro
aktiv
werden
hier alle Absicherun–
gen aufgefasst , die die Eintritts–
wahr s che i n l i chke i t des Risiko–
ereignisses absenken oder auf Null
reduzieren. In der Literatur werden
solche Maßnahmen im Kontext der
Risikogestaltung bzw.
-Steuerung
auch als „ursachenbezogen" bezeich–
net (12). Eingeordnet werden hier i.a.
die Risikovermeidung und Maßnah–
men der Risikominderung. Als Bei–
spiel können für das Risiko des Bran–
des einer Lagerhalle das Verbot offe–
nen Feuers in derselben sowie eine
Vermeidung der Lagerung leicht ent–
zündlicher Flüssigkeiten genannt
werden. Kennzeichnend für eine pro–
aktive Absicherung ist somit, dass es
nach ihrer Realisation
zu
einer un–
mittelbaren Änderung der Eintritts–
wahrscheinlichkeit des entsprechen–
den Risikos bzw. Risikoereignisses
kommt.
• Reaktive Absicherungen:
Eine reak–
tive Absicherung übt keineriei Ein–
fluss auf ein Risiko bzw. das Risiko–
ereignis aus, sondern bezieht sich
auf einen Schaden bzw. mehrere
Schäden. Die Absicherung soll den
Umfang der ökonomischen Nachteile,
die mit dem Schaden verbunden sind.
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