Seite 9 - CONTROLLER_Magazin_2003_02

Basic HTML-Version

CM Controller magazin 2/03
BALANCED SCORECARD
- Konzeptionelle Grundlagen und
betriebsverfassungsrechtliche Problemfelder
RAin Claudia Stöhr-Dill, Referentin Dr. Guido Leidig, Leiter Abteilung
Abteilung Sozialpolitik/Recht, Betriebswirtschaft, Bundesverband
Bundesverband Druck und Medien, Druck und Medien, Wiesbaden
Wiesbaden
von Claudia
Stöhr-Dill
und Guido
Leidig,
Wiesbaden
A. EINLEITUNG
Das Balanced-Scorecard-Konzept erfreut
sich zwischenzeitlich auch im deutsch–
sprachigen Raum zunehmender Beliebt–
heit - auch imBereich mittelständischer
Betriebe. Diese haben erkannt, dass es
nicht allein ausreichend sein dürfte, eine
„Strategie" oder eine „Vision" alleine „im
Kopf" zu haben, sondern diese
muss auch
dokumentierbar
sein, um sie nicht nur
im Hinblick auf Mitarbeiter zu kommuni–
zieren, sondern auch z. B. in Bezug auf
Kreditgeber etc. Als Stichwörter seien in
diesem Kontext nur zwei genannt:
Basel
II und Rating.
Damit die Balanced Scorecard (BSC) ihre
Wirkungspotenziale entfalten kann und
der Implementierungsprozess nicht zu
einem
„Management by Top of the
Flops" wird, sind bestimmte betriebs–
verfassungsrechtliche Rahmenbedin–
gungen imVorfeld zu beachten.
Selbst
wenn alle anderen Erfolgsfaktoren bzgl.
der Einführung Berücksichtigung finden,
kann eine effiziente Umsetzung in „letz–
ter
Minute" scheitern oder sich verzö–
gern, da man den rechtlichen Rahmen–
bedingungen nicht rechtzeitig Beachtung
schenkte.
Um dieses Problemfeld aufzubereiten,
sollen vorab die zentralen Intentionen
dieses Konzepts kurz dargestellt werden,
um darauf aufbauend in die
rechtsöko–
nomische Analyse
des Konzepts der Ba–
lanced Scorecard vertiefend einzusteigen.
B. GRUNDINTENTIONEN
I. Zielsetzung
Bisherige Kennzahlensysteme haben
meist zwei zentrale Defizite: Sie orientie–
ren sich an h i s t or i s chen Werten
(Vergangenheitslastigkeit) und verfügen
über einen starken Bezug zu finanziellen
Größen (Finanzlastigkeit). Mit der BSC
sollen diese Schwachstellen beseitigt
werden. Sie ergänzt finanzielle Kennzah–
len vergangener Leistungen um die trei–
benden Faktoren künftiger.
Ziele und
Kennzahlen resultieren aus der Vision
und der Strategie des Unternehmens.
Grundsätzlich lassen sich
folgende Ziel–
setzungen der BSC
nennen:
^ Konzentration auf strategisch bedeut–
same Erfolgsfaktoren;
^ Qualifizierung und Quantifizierung von
nachhaltigen Zukunftspotenzialen;
^ Veränderungen werden systema–
tisch geplant;
••• Verbindung von „harten" und „wei–
chen" Kennzahlen, die für den Unter–
nehmenserfolg bedeutsam sind;
^ Einbindung des Benchmark ing–
gedankens, um so anspruchsvolle
Kennzahlen für die Zielerreichung zu
erhalten;
^ Er fassung der Kompl exi tät des
Betriebsgeschehens sowie dessen
Reduzierung auf für alle Mitarbeiter
verständliche und durchschaubare
Teilaspekte;
Me s sba r ke i t von Vi s ionen und
daraus abgeleiteter Strategieziele;
Möglichkeit, strategische Ziele in den
Köpfen der Mitarbeiter zu „verankern";
Schnellere Anpassung von Strategien
an s i ch ve r ände rnde Umfeld–
bedi ngungen ( i n t e r ne / e x t e r ne ) :
Managemen t von Dynamik und
Veränderung; hierzu bietet sich die
BSC geradezu an.
II. Notwendigkeit
Wissenschaftliche Untersuchungen be–
legen, dass weniger als 10 % von viel–
mals sehr gut formulierten und konzep–
tionell aufbereiteten Strategien effektiv
im Unternehmen umgesetzt werden.
Außerdem ergab die Studie:
5 % der Mitarbeiter verstanden die
neue strategische Positionierung;
25 % der Manager erzielten finan–
zielle Vorteile, die mit einer erfolg–
reichen Strategieumsetzung verbun–
den waren;
^ 85 % der Führungsmannschaft ver–
wendete weniger als eine Stunde im
Monat darauf, über die gewählte Stra–
tegie zu sprechen.
Verwunderlich ist deshalb nicht, dass
neun von zehn Unternehmen bei der
Strategieumsetzung scheitern,
da man
es versäumt hat, die Intentionen und
Ziele angestrebter Veränderungen so in
konkrete Maßnahmenbündel zu fassen.
117