CM Controller magazin 2/03
Teamsitzungen, einem Steuericreis aus
Projektleitern und regelmäßige Lenkungs–
ausschüsse mit Entscheidungsbefugnis–
sen sind unverzichtbar für den Um–
setzungserfolg.
Frühbeurteilung
Auffallend war die geringe Fähigkeit des
Managements/Inhabers, frühzeitig das
Ausmaß der Probleme zu erkennen und
zu handeln.
In mehr als der Hälfte der
untersuchten Fälle fehlte die nötige
Datentransparenz,
um Krisenursachen
zutreffend und frühzeitig zu erkennen.
Gerade in Familienbetrieben wird der
Zustand des Unternehmens bis zum Letz–
ten zu optimistisch eingeschätzt oder
schöngeredet.
Defizite zeigten sich auch darin, dem
Margenverfall durch frühzeitige Anpas–
sung der Kostenstrukturen entgegenzu–
wirken. Die Kosten werden nur marginal
oder erst mit deutlichem Verzug ange–
passt. Um 20 bis 30 % sinkende Umsätze
und stark fallende Deckungsbeiträge soll–
ten Warnzeichen genug sein. Erst zu han–
deln, wenn das Unternehmen bereits in
den roten Zahlen steckt oder die Kreditli–
nien ausgeschöpft sind und die Zahlungs–
unfähigkeit droht, ist grob fahrlässig.
Denn dann ist der Handlungsspielraum
bereits auf ein Mimimum eingeschränkt.
Ein zu hoher Break-even,
zu
hohe
Overheads
und unnötige Infrastruktur–
kosten in
zu komplexen Organisatio–
nen
bei gleichzeitig geringer Produktivi–
tät stellen in zwei Drittel aller Fälle die
Hauptprobleme dar Überhöhte
liquide
Mittel wurden in vier von fünf Unterneh–
men in nicht erforderlichen Beständen
und zu langen Durchlaufzeiten gebun–
den. Werden automatisierte Dispositions–
verfahren bei Umsatzrückgang oder bei
Änderungen im Sortiment nicht nach–
gepflegt, kann die Logistik schnell meh–
rere Mio. € zu viel binden. Dadurch wird
die
schon angespannt e Liquiditäts–
situation unnötig weiter strapaziert.
Umsatzorientierte Vergütung
Im Vertrieb wurden noch zu 77 % vorwie–
gend
na c h Ums a t z
o r i en t i e r t e
Vergütungssys t eme
eingesetzt . Als
Folge sind gerade in konjunkturel l
schwachen Zeiten immer mehr Nischen
zu ungünstigen Konditionen und fehlen–
den Skaleneffekten bedient worden -
wir
ma chen alles zu jedem Preis.
Bei
Auftragsfertigern nahm die Zahl der kun–
denspezifischen Sonderausführungen
drastisch zu. Der Umsatz konnte zwar
gehalten werden, jedoch verschlechterte
sich das Ergebnis mitunter empfindlich.
In mehr als der Hälfte dieser Unter–
nehmen konnten nennenswerte Ergeb–
nisverbesserungen durch Straffung und
geziel te Anpassungen im Produkt–
sortiment nachgewiesen werden.
Komplexitätskosten
Die Ursachen zu hoher Komplexitäts–
kosten liegen in unübersichtlichen und
gewachsenen
Produktsortimenten
so–
wie in zu hoher
Eigenfertigungstiefe.
Die unkontrol l ierte Ausweitung der
Produktvielfalt und der damit verbunde–
ne zusätzliche Aufwand in der Auftrags–
abwicklung stellt demnach
eine
schlei–
chende Gefahr dar. Als Folge gefährden
Wildwuchs, Ineffizienz und zu hohe Ko–
sten
die
Wettbewerbsfähigkeit.
Übertriebene Standardisierung verrin–
gert hingegen die Marktchancen eben–
falls.
Nur eine ausgewogene Produkt–
vielfalt stellt einen dauerhaften Unter–
nehmenserfolg sicher.
Diese Überlegenheit zeigt sich deutlich in
der Produktpalette erfolgreicher Unter–
nehmen. Sie kommen nach einer frühe–
ren Studie der Dr Wüpping Consulting
GmbH mit wesentlich weniger Produkt–
varianten, Baugruppen und Einzelteilen
aus als ihre durch eine überkomplexe
Variantenvielfalt geschwächten Wettbe–
werber,
Fehlende Controllingsysteme und gerin–
ge Datentransparenz begünstigen zudem
Quersubventionierung zwischen den ver–
schiedenen Produktreihen. Eine ver–
ursachungsgerechte Kostenzuordnung
nach Prozesskosten zeigt dann fast re–
gelmäßig,
dass Exoten deutlich zu gün–
stig abgegeben werden und der Stan–
dard mit zu hohen Kosten belastet wird.
Sind die Schwachstellen neutral analy–
siert, steigt die Akzeptanz für die Umset–
zung dringend gebotener Maßnahmen.
Das hinzugewonnene externe Spezialwis-
sen bringt dabei den notwendigen
Sachbezug, um den Entscheidungsstau
aufzulösen.
Change Management
je nach Problemcharakter wird entweder
der Unternehmer oder aber die be–
gleitende Bank aktiv. Ging die Initiative
von Bankenseite aus, so haben die Pro–
jekte nicht selten schon das Stadium drin–
gend notwendiger Sanierungsmaßnah–
men erreicht. Stößt hingegen das Mana–
gement oder der Firmeninhaber den
Veränderungsprozess an, so handelt es
sich eher um korrigierende Eingriffe in
Teilbereiche - getreu dem Motto „Die
Produktion und Logistik müsste mal
durchleuchtet werden".
Wertvolle Zeit verstreicht in der Um–
setzungsphase, weil in der Regel die
Routine in Change-Management-Projek-
ten auf Seiten des Unternehmens fehlt.
Zudem ist die Vielfalt möglicher Hand–
lungsmaßnahmen sowie deren geeig–
neter Einsatz und Wirkung nicht aus–
reichend bekannt.
Restrukturierungen
oder Sanierungen erfordern in der Regel
konsequente Einschnitte und unange–
nehme Entscheidungen. Neben der Fä–
higkeit, eine sachbezogene Analyse
durchzuführen, fehlt in der Mehrzahl der
untersuchten Unternehmen die Fähigkeit,
gewonnene Erkenntnisse und Konzepte
aus eigener Kraft erfolgreich umzuset–
zen. Denn imUmsetzungsprozess kommt
es zu Einigungs- und Abstimmungs–
konflikten zwischen Gesellschaftern,
Management, Belegschaft und Betriebs–
rat. Ebenso fehlt auf Unternehmensseite
häufig die Erfahrung, in Krisensituatio–
nen den richtigen Umgang mit den betei–
ligten Banken zu finden und ein lang–
fristig plausibles Konzept vorzulegen. Der
Rückzug auf faule Kompromisslösungen
bringt bei Blockaden niemandem Vor–
teile, der unnötige Aufbau von Gewinner–
und Verlierer-Positionen zwischen den
Interessenvertretern ebenso wenig.
Erfolgte von Bankenseite der Projektan–
stoß, war das Vertrauen im Management
bereits gestört. Die alleinige Bewältigung
der Unternehmenskrise ohne externe
Unterstützung wurde dem Management
nicht mehr zugetraut.
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