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magazin 2/03
230 . 000 Euro). Sind die allowable costs
kleiner als die drifting costs, ergibt sich
ein Reduktionsbedarf, d. h. der geplante
Bau ist teurer als vom Bauherrn beab–
sichtigt bzw. finanzierbar. Nun sollte der
Bauherr in einer zweiten Phase seine
Budgetplanung ijberarbeiten und Mög–
lichkeiten zur Schließung der Deckungs–
lücke ausloten. Diese überarbeiteten
allowable costs sollten dann als Gesamt–
zielkosten für das Projekt vereinbart
werden (z. B. 250 . 000 Euro). Kann die
Deckungslücke nicht geschlossen wer–
den und können die drifting costs wegen
technischer Notwendigkeiten nicht wei–
ter gesenkt werden, so muss der Projekt–
abbruch ins Auge gefasst werden.
2. Ermittlung und Gewichtung von
Funktionen
Die Gesamtzielkosten sind für die Kosten–
steuerung nicht operabel. Sie müssen
deshalb auf Funktionen und Komponen–
ten „herabgebrochen" werden. Hierzu ist
zunächst eine Definition der Funktionen
des Objektes nötig. Funktionen sind die
Nutzungsmöglichkeiten, die das Bauwerk
dem Bauherrn darbieten soll. Es muss
also ein Leistungsprofil in enger Zusam–
menarbeit mit dem Bauherrn erstellt
werden. Dabei wird der Architekt auf sei–
ne Erfahrungen zurückgreifen können
und entsprechende Vorschläge machen.
Entscheidend ist jedoch der V\^unsch des
Bauherrn, sofern technische und recht–
liche Nebenbedingungen eingehalten
werden. Wichtig ist, dass der Planer Pro–
jekte nach der Fertigstellung retrospek–
tiv analysiert und gezielt Informa–
tionen sammelt und strukturiert,
um sie bei zukünftigen Projekten
als Deduktionsbasis heranzuzie–
hen. Denn oftmals wird der Kun–
denwunsch umstrukturiert und
lückenhaft sein oder der Bauherr
ist sich in Bezug auf die Funktionen
unsicher. Dann muss der Architekt
mit seiner Erfahrung unterstützend
eingreifen.
Ein Bauherr mit homogenen
Anforderungen
Objekt mit vielen Funl(tions-
berei<:hen
z B. Hotel
Planer und Bauhenr erartieiten
und gewichten Funktionen
Planungsaufwand hoch
Abstimmungsaufwand gehng
Ein Bauhen- mit homogenen
Anforderungen
Objekt mit wenigen Funktions–
bereichen
z.B. Einfamilienhaus
Planer schlagt Funktionen vor
Bauhen- legt Gewichte fest
Planungsaufwand gering
Absttmmungsaufwand gering
Mehrere Bauherren mit
heterogenen Anfortlenjngen
Objekt mit vielen Funktions–
bereichen
z.B. Einkaufszentrum, Flughafen
'
\
Raner und Baustab erartwiten
und gewichten Funktionen
Planungsaufwand hoch
Abstimmungsaufwand hoch
Mehrere Bauherren mit
heterogenen Anforderungen
Objekt mit wenigen Funklions-
bereichen
z.B. einfache Verwaltungsbauten
Planer schlägt Funktionen vor
Baustab legt Gewichte fest
Planungsaufwand genng
Abstimmungsaufwand hoch
Mehrdimensional
Eindimensional
Abb. 2: Projektcharakteristika
Dimensionalität
und
Funktionsstruktur
(Projektcharakteristika). Eindimensionale
Projekte sind solche, bei denen nur die
Wünsche eines bzw. einer Gruppe von
Entscheidungsträgern mit grundsätzlich
homogenen Anforderungen zu berück–
sicht igen sind. Bei einer einfachen
Funktionsstruktur kann der Planer aus
se iner
Erfahrung
heraus
einen
Funktionskanon vorschlagen, dem der
Bauherr dann Gewichte zumisst. Bei kom–
plexen Funktionsstrukturen muss der
Bauherr aktiv an der Funktionsdefinition
mitwirken.
Mehrdimensionale Projekte sind solche,
bei denen eine Mehrzahl von Entschei–
dungsträgern mit heterogenen Anforde–
rungen zu berücksichtigen sind. Bei mehr–
dimensionalen Projekten mit einfacher
Funktionsstruktur kann eine Funktions–
festlegung durch eine Be–
fragung der Entscheidungs–
träger erfolgen. Bei
Groß–
projekten
wird es üblich
sein, ein Beratungsgremium
zu etablieren, das in regel–
mäßigem Rhythmus tagt
und von den Teilnehmern
vorbereitete Entscheidun–
gen trifft (Baustab). Dieser
Baustab
sollte eine Funk–
tionsstruktur des Bauwer–
kes festlegen und mit den
Entscheidungsträgern ab–
stimmen. Ist die Funktions–
struktur bestimmt, so kann
durch eine Befragung der
Entscheidungsträger eine
Gewichtungvorgenommen
werden, aus deren Durch–
schnittswert sich die Teil–
gewichte jeder Funktion bestimmen las–
sen. Bei Pro j ekt en mit kompl exer
Funktionsstruktur ist auch die Festlegung
der Funktionen aufwändig. Auf jeden Fall
sollte eine Festlegung im Baustab erste
Klarheit über die gewünschten Funktio–
nen bringen. Da bei solchen Projekten
regelmäßig der Bauherr selbst Anforde–
rungen an das Projekt präzise definiert
(z. B. für Wettbewerbsunteriagen), kann
dies als Deduktionsbasis für die Zerlegung
in Funktionen dienen. Abbildung 2 zeigt
die verschiedenen Projektcharakteristika
im Überblick.
Abbildung 3 zeigt einen Auszug aus der
möglichen Funktionsstruktur eines Bau–
werkes über zwei Ebenen. Die acht Haupt–
funktionen wurden in ihre Unterfunktio–
nen aufgespaltet. Der Bauherr gewichtet
LaniBcliijlz
Welterbestandigkiill
Embebenslchertieil
Druckwasserdfchle
BlitzschiiU
Brandschutz
GebraucHssfchertieit
Einbruchschlitz
Standsicheiliell
Die
Erstellung dieser Funktions–
s t ruk t ur ist s i che r l i ch der
arbeitsaufwändigste
(und erfolgs–
kritische)
Schritt des Target Cos-
ting-Prozesses.
Dabei kann nach
ein- und mehrdimensionalen Pro–
jekten und nach Projekten mit ein–
facher und komplexer Funktions–
struktur unterschieden werden
BehagUchkeü
Design
Automatisierun
Wohnen
Essen
Kinder
Arteil
Schlafen
Gallen
Saarn .
Schutz vor UmweK-/
Elementargewalten
Ausführung
Sonderausstattung
^ ^ ^ B a u w e r k ^ ^ ^
9%
14%
Komfort
Umweltschutz
16%
11%
Getmuchskosten
M
Raumanordnung
Ausblick
6roßzlio»gkeit
Variabilit«
Repräsentation
Grundriss
Kinder
Soniorert
Behirvjerle
Raumklima
Wassersparen
Langlebigkeit
VWrlschafllichkoit
Wartung
Nutzungskosten
Fixkoslen
Abb. 3: Funktionsstruktur
eines
Bauwerkes
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