Seite 33 - CONTROLLER_Magazin_2003_02

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CM Controller magazin 2/03
2.3 Die gleiche Sprache sprechen:
Das HB II Projekt als gruppenweite
Initiative
Es war nicht die Intention des HB II Pro–
jektes bei SIGCombibloc, eine Rechnungs–
legung nach lAS einzuführen. Ein ent–
sprechendes Reporting wurde konzern–
weit bereits seit einigen [ahren ange–
wandt. Die dabei eingesetzten Prozesse
waren jedoch am ehesten mit der im
vorherigen Abschnitt idealtypisch be–
schriebenen Alternative 1 „stichtags–
bezogene Konversion" zu vergleichen
(manuelle Aufbereitung von Daten, Nut–
zung von Drittsystemen etc.). Ziel des
Projekts war vielmehr der Aufbau eines
vol l s tändig
int egr i er t en
zwei ten
Rechnungswesenkreises nach lAS-Anfor-
derungen. Für SIG Combibloc als welt–
weit agierender Unternehmensgruppe
stellte die Schaffung von
TVansparenz
nach innen und außen dabei eindeutig
das Hauptmotiv dar.
Entsprechend ver–
steht es sich von selbst, dass die HB II
gleichzeitig als führendes System für das
Rechnungswesen etabliert wurde.
Die Formulierung „vollständig integrier–
ter zweiter Rechnungswesenkreis" deu–
tet bereits darauf hin, dass es nicht um
eine Umstellung auf lAS unter Preisgabe
der bestehenden nationalen Rechnungs–
legung ging. Diese galt es durchaus zu
bewahren. Dabei war allerdings zu be–
achten, dass die verbreiteten Lehrbuch–
darstellungen - parallele Rechnungsle–
gung nach HGB und lAS - immer weniger
der gesamtwirtschaftlichen Realität ent–
sprechen. Entschließt man sich zu einem
derartigen Zweikreissystem, gilt es ne–
ben lAS i.d.R. die lokalen Abschluss–
normen in mehreren Ländern zu beach–
ten. Im dargestellten Beispiel standen
den lAS bei den beteiligten Unternehmen
die nationalen Vorschriften in Deutsch–
land, Frankreich, Österreich, Spanien und
Thailand gegenüber
Die Schaffung eines vollständig integrier–
ten Zweikreissystems stieß insoweit auf
günstige Voraussetzungen, als der Auf–
bau paralleler Strukturen im Rechnungs–
wesen keine für das Unternehmen gänz–
lich neue Philosophie verkörperte. Der
Grundsatz, dass das Rechnungswesen
immer nur eine „Abbildung der Realität
anhand gegebener Zielsetzungen" liefern
kann, stand vielmehr bereits bei der Ge–
staltung der gruppenweit gültigen be–
triebswirtschaftlichen Systematik in den
lahren 1997 - 99 Pate. Dass ein und
derselbe Geschäftsvorfall je nach ver–
folgter Zielsetzung - Dokumentation oder
Entscheidungsunterstützung - dabei
durchaus unterschiedliche Bewertungen
erfahren kann, war deshalb nichts Neu–
es. Als Beispiel sei die durchgängige Ver–
wendung
normativer Standardpreise
zur Materialbewertung
genannt - auf
diese Weise werden Verbrauchsmengen
vom Standpunkt der Unternehmens–
steuerung adäquat bewertet. Für Zwek-
ke des externen Rechnungswesens - sei
es nationale Rechnungslegung oder lAS
- wird demgegenüber
ein auf Istkosten
basierender Wertansatz
herangezogen.
Hinsichtlich der Projektorganisation war
es von vorne herein klar, dass man es
nicht mit einem „ITProjekt" zu tun hat.
SAP wird bei SIG Combibloc prinzipiell
nicht als bloße Software verstanden,
sondern als Werkzeug für die organisa-
tor i sche Gestal tung des Bet r iebs–
geschehens.
Aus diesem Grund werden
Projekte im SAP-Umfeld
grundsätzlich
von gemischten Teams aus Fachabtei–
lungen und IT
bearbeitet. Diesem Prin–
zip kommt beim hier betrachteten Pro–
jekt selbstverständlich noch erheblich
stärkere Bedeutung zu als bei „norma–
len" Roll-out-Projekten. Entsprechend
umfasste das Projektteam insgesamt
etwa 70 Beteiligte aus den Fachabteilun–
gen der sieben einbezogenen Gruppen–
unternehmen, der iVianagementholding
und der als internem Dienstleister agie–
renden IT-Gesellschaft. Verstärkt wurde
diese Projektstruktur durch ein Berater–
team der KPMG Consulting AG.
Räumlich war das Projektteam auf sie–
ben Standorte in sechs Ländern ver–
teilt.
Neben den üblichen Projektschritten
wie Kick-off und Projektstatusmeetings
am zentralen Standort Linnich war es
für
die gruppenweit einheitliche Implemen–
tierung deshalb erforderlich, eine effizi–
ente Kommunikation sicherzustellen.
Selbstverständlich kommen dafür zum
einen die alltäglichen Arbeitsmittel von
Telefon über E-Mail bis hin zur Video–
konferenz in Frage. Darüber hinaus ist
jedoch zu beachten, dass die Einführung
einer harmonisierten und in vielen Berei–
chen auch automatisierten Rechnungs–
legung weniger eine Frage des korrekten
kaufmännischen Konzepts oder der funk–
tionsfähigen Abbildung im ITSystem ist,
sondern vielmehr
die täglichen Arbeits–
abläufe zahlreicher Menschen beein–
flusst
und entsprechend auf breite Ak–
zeptanz angewiesen ist. Der temporären
Zusammenarbeit gemischter Teams an
den verschiedenen Standorten oder welt–
weiten Workshops zur gemeinsamen
Lösungserarbeitung und Know-how Ver–
mittlung kam deshalb für den Projekter–
folg größte Bedeutung zu.
3 INNERER ZUSAMMENHALT DES
RECHNUNGSWESENS
Ziel
des HB II Projektes ist der Aufbau
eines
„vollständig integrierten zweiten
Rechnungswesenkrei ses nach lAS-
Anforderungen".
Aus einer buchhalteri–
schen Sicht ergeben sich hieraus drei, auf
den ersten Blick vielleicht etwas triviale
Anforderungen:
• Jeder Buchung muss eine Gegen–
buchung gegenüberstehen;
• Die in Bilanz und Gewinn- und Ver–
lus t r echnung
ausgewi e s enen
Periodenergebnisse müssen über–
einstimmen;
• Die Zugehörigkeit eines Wertes zu
einer spezifischen Rechnungslegung
muss stets eindeutig sein und es darf
zu keiner Zeit in den Wertflüssen zu
einer Vermischung unterschiedlicher
Wertansätze kommen.
Zusammengenommen machen diese
Anforderungen zunächst
auch die Er–
stellung einer Bilanz nach lAS Gesichts–
punkten erforderlich.
Da damit auto–
matisch die Schaffung von HB II Bestands–
und Erfolgskonten erforderlich ist, ist es
nur naheliegend, die Gewinn- und Ver–
lustrechnung nicht nur nach dem Um–
satzkostenverfahren zu erstellen. Infol–
gedessen wurden bei SIG Combibloc für
die HB II
im Modul SAP
FI
sowohl eine
Bilanz als auch eine Erfolgsrechnung
nach dem Gesamtkostenverfahren
implementiert . Dies ermögl icht eine
stringente Logik bei der Buchung und
Kontierung der verschiedenen Wert–
ansätze:
• Die Bewertungsunterschiede zwi–
schen HB I und HB II sind im Modul FI
vollständig aus den Salden ausge–
wählter Konten ableitbar. Ein und
dasselbe Sachkonto kann bei identi–
schem Wertansatz beiden System
zugeordnet sein oder nur Bestandteil
der HB I bzw. HB II sein. Letztere
Konten spiegeln per Saldo den
Unterschied zwischen nat ionaler
Rechnungslegung und lAS wider.
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