Seite 15 - CONTROLLER_Magazin_2003_02

Basic HTML-Version

CM Controller magazin 2/03
Andererseits bestätigen die
Erfahrungs–
berichte von Unternehmen, die die BSC
bereits erfolgreich eingeführt haben,
dass gerade durch die frühzeitige Be–
teiligung des Betriebsrats die Akzep–
tanz der Zielsetzungen und damit auch
die Effektivität der zielerreichenden
JVlaßnahmen gesteigert werden konn–
t e .
Gerade wenn es um sens ibl e
Veränderungsprozesse geht, kann es sinn–
voll sein, den Betriebsrat als Interessen–
vertreter schon im Planungsstadium ein–
zubinden. Ein vorrangig konstruktives
Zus ammena rbe i t en
kann
hel fen,
Reibungsverluste und vor allem auch
unproduktive Zeiten zu vermeiden. Dies
gilt in gleicher Weise für den Wirt–
schaftsausschuss, der ja gerade die Zu–
sammenarbeit und Information zwischen
Unternehmer und Betriebsrat in wirt–
schaftlichen Angelegenheiten fördern soll.
In Betrieben, in denen der Unternehmer
keine Einzelperson ist, kann die Unter–
richtungspflicht erst entstehen, wenn die
aus mehreren Personen bestehende Un–
ternehmensleitung bereits konkrete Vor–
stellungen über den zu beratenden Ge–
gens tand entwickel t hat , d. h. das
Meinungsbildungsverfahren vollständig
abgeschlossen ist. In der Regel kann der
Arbeitgeber zunächst die aus seiner Sicht
optimale Lösung auswählen, bevor er
den Betriebsrat informieren muss.
2 . Unt e r r i chtung de s Be t r i ebs ra t s
Nach § 90 Abs. 2 BetrVG hat der Arbeit–
geber mit dem Betriebsrat die vorgese–
henen Maßnahmen so rechtzeitig zu be–
raten, dass Vorschläge und Bedenken des
Betriebsrats bei der Planung berücksich–
tigt werden können. Damit wird voraus–
gesetzt, dass zugleich die Unterrichtung
so rechtzeitig erfolgt, dass diesem Zweck
entsprochen werden kann. Der Betriebs–
rat ist daher zu unterrichten, sobald fest–
steht, dass Maßnahmen getroffen wer–
den sollen oder zumindest ernsthaft in
Erwägung gezogen werden und erste
Überiegungen über die Möglichkeiten
ihrer Durchführung angestellt werden.
Die Unterrichtungspflicht beginnt also
nicht erst, wenn die Planung bereits ab–
geschlossen ist. Denn die Mitwirkung des
Betriebsrats soll nicht die Entscheidung
des Arbeitgebers, sondern bereits des–
sen Planung beeinflussen können.
Anders beurteilt sich der Zeitpunkt der
Unterrichtung nur im Fall der Betriebs–
änderung. Hier hat der Arbeitgeber den
Betriebsrat erst über die bereits „geplan–
te" Betriebsänderung zu informieren. Eine
entsprechende Formulierung findet sich
aber in den übrigen Regelungen zum
Unterrichtungs- und Beratungsrecht
nicht.
Auch im Sinne von § 80 BetrVG (allgemei–
nes Informationsrecht des Betriebsrats)
bedeutet rechtzeitig, dass die Informati–
on so frühzeitig zu erfolgen hat, dass der
Betriebsrat seine Meinungsbildung her–
beiführen kann, um so an der zu treffen–
den Entscheidung teilzunehmen.
Auch hier muss die Unterrichtung des
Betriebsrats über beabsichtigte Maßnah–
men deshalb nicht bereits zu einem Zeit–
punkt erfolgen, in dem der Arbeitgeber
selbst noch nicht eine (optimale) Lösung
ausgewählt hat, d. h. wenn er seine Pla–
nungen noch gar nicht konkretisiert hat.
Anders ist die Rechtzeitigkeit immer dann
zu beur t e i l en , wenn die Planung
mitbestimmungspflichtige Inhalte be–
trifft. Hier ist der Betriebsrat bereits im
Rahmen der Auswahl einer Lösung zu
beteiligen.
VII. Sanktionen
Eine Nichtbeachtung der Unterrichtungs–
und Beratungspflichten macht die Pla–
nung nicht hinfällig oder unwirksam. Al–
lerdings handelt der Arbeitgeber ord–
nungswidrig, wenn er eine Auskunft gar
nicht, unvollständig, verspätet oder wahr–
heitswidrig erteilt. Dies kann mit einer
Geldbuße von bis zu 10000 Euro geahn–
det werden (§ 121 Abs. 1 BetrVG). Ferner
kann der Arbeitgeber bei einem groben
Verstoß gegen seine Verpflichtung auf
Antrag des Betriebsrats durch das Ar–
bei tsgericht unter Androhung eines
Zwangsgelds angehalten werden, seiner
Verpflichtung nachzukommen. Der An–
spruch auf Unterrichtung ist auch im
Wege der einstweiligen Verfügung durch–
setzbar.
[edoch kann dem Arbeitgeber - auch
nicht durch einstweilige Verfügung - die
Durchführung der geplanten Maßnah–
me untersagt werden. Ein derartiger
Unterlassungsanspruch steht dem Be–
triebsrat nicht zu, da sich das BetrVG
insowei t auf Unt er r i chtungs - und
Beratungsrechte beschränkt.
VIII. Freiwillige Betriebsvereinbarung
Wird die BSC t a t s ä ch l i ch als eine
Managementmethode zur Umsetzung
einer Unternehmensstrategie verstan–
den, ist eine umfängliche Identifikation
der gesamten Belegschaft mit der Unter–
nehmensphilosophie erforderiich, um
eine erfolgreiche Realisierung zu gewähr–
leisten. Dies bedingt auch das Ver–
ständlichmachen der Ziele, nicht zuletzt,
um eine Akzeptanz der durchzuführen–
den Maßnahmen und Änderungen her–
beizuführen.
Auf dieser untersten Ebe–
ne der Umsetzung, nämlich bei den
Mitarbeitern selbst, empfehlen sich
daher Mitarbeitergespräche und Ziel–
vereinbarungen.
Die Umsetzung der BSC durch Ziel–
ve r e i nbarungen und Mi tarbe i ter –
gespräche kann aber auch betriebs–
einheitlich durch freiwillige Betriebsver–
einbarung geregelt werden. Darin wer–
den vor allem die Grundsätze und das
System von Zielvereinbarungen und
Mitarbeitergesprächen zur Beurteilung
des Erreichens der vereinbarten Ziele fest–
gelegt.
ZUSAMMENFASSUNG
Plant die Unternehmensleitung die Ein–
führung der BSC, so ist i.d.R. der
Wirtschaftsausschuss zu unterrichten.
Denn die mit der BSC beleuchteten Per–
spektiven erfassen überwiegend Themen,
die in den Zuständigkeits- und Wirkungs–
bereich des Wi r t schaf t sausschusses
fallen. Je nach Zielvorgabe sind zwar auch
Konzepte denkbar , die mit dem
Wirtschaftsausschuss ausnahmsweise
nicht zu beraten sind, da sie keinen der in
§ 106 Abs. 3 BetrVG aufgezählten Gegen–
stände betreffen. Dies wird aber wohl nur
auf ganz wenige Einzelfälle zutreffen, da
die BSC schon in ihrem Ansatz den Bezug
zu den wirtschaftlichen Angelegenhei–
ten des Unternehmens aufweist.
Zeitlich gesehen muss die Unterrichtung
des Wirtschaftsausschusses noch im
Planungsstadium, jedenfalls vor der Ent–
scheidung des Unternehmers stattfinden.
Dabei stellt die Erkundungsphase, die
durch bloße Überiegungen gekennzeich–
net ist, noch keine Planung dar. Das Sta–
dium der Planung ist erst erreicht, wenn
123