Seite 14 - CONTROLLER_Magazin_2003_02

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CM Controller magazin 2/03 - Claudia Stöhr-Dill / Guido Leidig
2 . Unt e r r i chtung übe r die Personal –
p l anung
Für die
Personalplanung
ist der Unter–
nehme r verantwor t l i ch . In des sen
Leitungsfunktion darf der Betriebsrat
nicht eingreifen. Deshalb hat der Betriebs–
rat bei der Personalplanung kein Mitbe–
s t immungs r e ch t , sonde rn nur ein
Unterrichtungs- und Beratungsrecht. Die–
ses Recht besteht auch nur in dem Um–
fang, in dem der Arbeitgeber Personal–
planung durchführt.
Hiervon zu unterscheiden sind die
Mit–
bestimmungsrechte des Betriebsrats
bei den Instrumenten der Personal–
planung.
Dies betrifft die Ausschreibung
(§ 93 BetrVG), Personal fragebogen,
Musterarbei tsverträge, Beurteilungs–
grundsätze (§ 94 BetrVG) und Auswahl–
richtlinien (§ 95 BetrVG) sowie die Durch–
führung von Maßnahmen der Berufs–
bildung (§ 98 BetrVG). Außerdem beste–
hen Mitbestimmungsrechte bei Maßnah–
men, die als Ergebnis der Personalpla–
nung entweder im sozialen Bereich (§ 87
BetrVG) oder im personellen Bereich (§
99 BetrVG) durchgeführt werden.
Auch hier kommt es auf die Rechtzeitig–
keit der Unterrichtung an. Der Betriebs–
rat muss also noch die Möglichkeit ha–
ben, auf die Personalplanung vor deren
Umsetzung Einfluss zu nehmen. Inso–
weit gilt das Gleiche wie bei der Unter–
richtung nach § 90 Abs. 2 BetrVG.
VI. Zeitpunkt der Unterrichtung
Im BetrVG spielt an verschiedenen Stel–
len der Begriff der „Planung" und das
Tatbestandsmerkmal der „rechtzeitigen
Unterrichtung" eine entscheidende Rolle
für die Beteiligungsrechte des Betriebs–
rats. Dabei ist weder der Planungsbegriff
noch das Kriterium der Rechtzeitigkeit
gesetzlich definiert. Es handelt sich also
um unbestimmte Rechtsbegriffe, die der
Auslegung bedürfen. Zur Auslegung des
Begriffs der Rechtzeitigkeit und der Pla–
nung im betriebsverfassungsrechtlichen
(nicht betriebswirtschaftlichen) Sinn ist
insbesondere auf die Rechtsprechung des
Bundesarbeitsgerichts abzustellen, auch
wenn diese von Seiten der Literatur zum
Teil kritisiert wird.
Nach Auffassung des BAG braucht der
Betriebsrat erst beteiligt zu werden, wenn
die Überiegungen des Arbeitgebers das
Stadium der Planung erreicht haben (BAG,
1. Senat, BB 1984 , S. 2265) . Dabei stellt
die Erkundungsphase, die durch bloße
Überiegungen gekennzeichnet ist, noch
keine Planung dar.
Das Stadium der Planung ist also erst
erreicht, wenn die Überiegungen (z. B. zu
dem Personalbedarf und der Personal–
deckung) konkretisiert werden, so dass
man sie als Vorgabe ansehen kann, nach
der der Arbeitgeber zukünftig vorgehen
will.
Die Unterrichtung hat die Funktion, dem
Betriebspartner die Ausübung seiner
Beteiligungsrechte wirkungsvoll zu er–
möglichen und die Entscheidungsfindung
des Arbeitgebers zu beeinflussen. Der
Betriebsrat bzw. der Wirtschaftsaus–
schuss sind gemäß der Rechtsprechung
hinzuzuziehen, wenn der Arbeitgeber in
die mehr oder weniger konkrete Planung
eintritt. Mit Beginn der Planung wird ja
erst untersucht, mit welchen Maßnah–
men das Unternehmen zu einem vorge–
stellten Ziel kommen könnte und ob die–
se Maßnahmen realisierbar sind. Das
Stadium der Planung ist also der Ent–
scheidungsfindung weit vorgelagert, so
dass für den Betriebsrat ausreichend
Möglichkeit besteht, anhand der Zielvor–
gaben die Wahl und Realisierbarkeit der
Maßnahmen beurteilen und eventuell
auch beeinflussen zu können.
Die gegenteilige (Minder-)Meinung vertritt
die Auffassung, dass sich das Beratungs–
recht des Betriebsrats nicht nur auf das
Instrumentarium, sondern auch auf die
Zielgrößen erstrecken müsse und der Be–
triebsrat deshalb bereits zu dem Zeitpunkt
der Zielbildung zu unterrichten sei.
Hier scheint jedoch auch verkannt zu
werden, dass die Festlegung von Zielen,
also die Sollbestimmung, eine ureigene
freie Entscheidung des Unternehmers
darstellt und auch bleiben muss. Natür–
lich schließt dies nicht aus, dass im Fall
idealer Kooperation mit dem Betriebsrat
der Unternehmer diesen in seine Zielvor–
stellungen und Vorüberiegungen einbe–
zieht. Auch ist nicht zu übersehen, dass
eine sehr frühzeitige Einbindung - und
damit letztlich auch gemeinsame Festle–
gung von Zielvorgaben und Sollgrößen -
hilfreich ist, um in der späteren Phase der
Einführung des Konzepts und der Reali–
sierung der Maßnahmen eine höhere
Akzeptanz bei den Mitarbeitern zu er–
reichen und somit störende Reibungs–
verluste zu minimieren.
1 . Unt e r r i chtung de s Wi r t schaf t s –
a u s s c hu s s e s
Nach § 106 Absatz 2 BetrVG muss der
Arbeitgeber den Wirtschaftsausschuss
rechtzeitig unterrichten. Rechtzeitig be–
deutet, dass die Unterrichtung zu einem
mög l i chs t frühen Zei tpunkt nach
Abschluss der Vorüberiegungen zu erfol–
gen hat, so dass die Vorschläge und An–
sichten des Wirtschaftsausschusses bei
einer möglicherweise zu treffenden end–
gültigen Entscheidung noch in gebüh–
rendem Maße berücksichtigt werden
können . Der Wi r t s cha f t s aus s chus s
muss vor dem Betriebsrat unterrichtet
werden, sonst ist eine Beratung sinnlos.
Auch der Betriebsrat muss sodann seine
möglichen Beteiligungsrechte noch wahr–
nehmen, um auf die Willensbildung des
Unt ernehmens Einfluss nehmen zu
können.
Daher ist der Wirtschaftsausschuss
spätestens dann zu beteiligen, wenn
der unternehmerische Entschluss zur
Einführung der BSC in konkrete Pla–
nungen übergeht.
Aus Sicht vieler Be–
triebsräte und Gewerkschaften wird eine
Unterrichtung grundsätzlich bereits dann
verfangt, wenn die unternehmerischen
Planungen lediglich im Grundsatz voriie-
gen und noch gar keine konkreten Ziel–
setzungen oder Maßnahmen ins Auge
gefasst sind. Schon der Entschluss, über–
haupt etwas zu planen, löse Unter–
richtungspflichten aus, weil Ziele und
Wege erörtert werden müssten. Dies gel–
te ganz
besonders für die BSC, da mit
ihr auch grundsätzl i che Weichen–
stellungen verbunden sein können.
Da
die Festlegung der Ziele und Wege bei der
BSC das Maßgebliche sei, müsste mit
dem Wirtschaftsausschuss bereits über
deren Festlegung diskutiert und beraten
werden.
Hierüber lässt sich sicherlich streiten.
Denn die Freiheit der unternehmerischen
Entscheidung schützt grundsätzlich den
Planungsraum des Arbeitgebers bis zu
dem Zeitpunkt der Entschlussfassung.
Dies gilt nicht nur für den Entschluss, ob
die BSC in Erwägung gezogen wird, son–
dern auch für die Festlegung, welche Zie–
le mit ihr angegangen werden können,
sollen oder müssen und welche Maß–
nahmen hierfür (aus Arbeitgebersicht) in
Betracht kommen.
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