Seite 12 - CONTROLLER_Magazin_2003_02

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CM Controller magazin 2/03 - Claudia Stöhr-Dill / Guido Leidig
Die Beteiligung des Wi rtschaf tsaus–
schusses resp. des Betriebsrats kann
anhand der einzelnen Basisbausteine der
BSC verdeutlicht werden.
2.1 Finanzen
Ergibt sich aus der Zielfestlegung, dass
zur Erreichung eines Ziels (z. B. Wachs–
tum mit neuen Produkten) Investitionen
erforderlich werden, und sind diese für
die beabsichtigte Einführung der BSC in–
soweit schon konkretisiert, so wäre der
Wirtschaftsausschuss zu unterrichten
und die geplanten Investitionen mit ihm
zu beraten. Denn hier ist zweifelsfrei das
Produktions- und Investitionsprogramm
des Unternehmens angesprochen, das
nach § 106 Abs. 3 Nr 3 BetrVG ausdrück–
lich
zu den wirtschaftlichen Angelegen–
he i t en zähl t , über die mit dem
Wirtschaftsausschuss zu beraten ist.
Die Aufstellung eines Investitionspro–
gramms kann Auswirkungen auf die Per–
sonalplanung haben. Daher ist neben
der Beratung mit dem Wirtschaf ts–
ausschuss auch der Betriebsrat nach
§ 92 BetrVG zu unterrichten (allgemeine
personelle Angelegenheiten). Bei einer
späteren Durchführung der geplanten
personellen Maßnahme hat der Betriebs–
rat außerdem ein Mitbestimmungsrecht
nach § 99 BetrVG.
Ansonsten kommen bei Planungen im
Bereich der Finanzen Mitbestimmungs–
rechte des Betriebsrats grundsätzlich nur
in Betracht , soweit hiermit Betriebs–
änderungen verbunden sind (§ I I I
BetrVG).
2 . 2 Prozesse
Der Wirtschaftsausschuss ist über alle
neuen Fabrikations- (Produktionsablauf)
und Arbeitsmethoden zu unterrichten (§
106 Abs. 3 Nr 5 BetrVG). Er hat auch zu
beraten über solche Fabrikations- und
Arbeitsmethoden, die im Unternehmen
entwickelt werden sollen, z. B. die rech–
nergesteuerten Textsysteme im grafi–
schen Gewerbe, die Einführung von Bild–
schirmarbeitsplätzen, die Einführung von
Einzel- oder Gruppenarbeit, Schichtarbeit,
gleitende Arbeitszeit etc.
Setzt sich das Unternehmen die Optimie–
rung eines Herstellungsprozesses als Ziel
und soll zur Zielerreichung z. B. das tech–
nische Produktionsverfahren geändert
oder unter Beibehaltung des technischen
Fertigungsablaufs allein die Arbeits–
methoden verbessert werden (z, B. durch
Einführung der Gruppenarbeit), ist der
Wi r tschaf tsausschuss stets einzube-
ziehen.
Die Opt imierung von Herstel lungs–
prozessen kann aber auch arbeitszeit–
ges ta l tende Elemente einschl ießen,
deretwegen eventuell ein Mitbestim–
mungsrecht des Betriebsrats aus § 87
Abs. 1 Nr 2 BetrVG besteht.
2 . 3 Kunden
Maßnahmen zur Verbesserung der
Kundenbindung betreffen sowohl den
Auftritt des Unternehmens am Markt als
auch interne Prozessabläufe. Daher sind
die insoweit geplanten Handlungen eben–
so gut der Finanz-, der Prozess- oder auch
der Mitarbeiterperspektive zuzuordnen.
So könnte der Ausbau der Kundentreue
und die Erhöhung der Kunden–
zufriedenheit bspw. durch Einführung
eines 24-stündigen Servicedienstes er–
reicht werden, für den aber vielleicht ein
gleitendes Arbeitszeitsystem oder ein
Schichtsystem Voraussetzung ist. Dies
würde wiederum zu einer Änderung der
Arbeitsmethode führen, so dass auch
insowei t eine Be ra tung mit dem
Wirtschaftsausschuss zu erfolgen hätte.
Soweit den Mitarbeitern z. B. bestimmte
Verhaltensregeln im Umgang mit den
Kunden vorgegeben werden sollen, ist
unter Umständen die Zustimmung des
Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr 1 BetrVG
erforderiich. Auch ist darauf zu achten,
dass best immte Kontrollmaßnahmen
gegenüber einzelnen Beschäftigten mit–
bestimmungspflichtig sind (§ 87 Abs. 1
Nr 1 und Nr 6 BetrVG).
2 . 4 Mitarbeiter
Hier gilt entsprechend § 106 Abs. 3 Nr 10
BetrVG der Grundsatz , da s s der
Wirtschaftsausschuss über alle Vorgän–
ge und Vorhaben zu unterrichten ist, die
die Interessen der Arbeitnehmer des
Unternehmens wesentlich berühren kön–
nen. Dies ist nicht nur der Fall bei Ände–
rungen der Unternehmensstruktur (z. B.
Verschmelzungsvorgänge, Veräußerung
von Geschäftsanteilen einer GmbH, Über–
gang von Betriebsteilen, Veriagerung der
Produktion ins Ausland), sondern auch
jede wesentliche Änderung in Art und
Umfang der Sozialaufwendungen und
freiwilligen Sozialleistungen. Wird zur
Motivationsförderung z. B. ein kulturel–
les oder soziales Angebot eingeführt oder
soll eine Kantine eingerichtet werden, ist
dies mit dem Wirtschaftsausschuss zu
beraten.
Maßnahmen im Rahmen des Mitarbei–
ter-Bausteins haben vor allem einen
mitbestimmungsrechtlichen Bezug.
Im
Vorfeld von Planungen liegt es z. B.
nahe, eine Umfrage bei den Mitarbei–
tern über deren Arbeitszufriedenheit
vorzunehmen,
nicht zuletzt um den tat–
sächlichen Lern- und Innovationsbedarf
feststellen zu können. Hierbei sind aber
weniger die Unterrichtungsrechte, son–
dern vielmehr das Mitbestimmungsrecht
des Betriebsrats hinsichtlich der Einfüh–
rung und Verwendung von Personal–
fragebogen berührt (§ 94 Abs. 1 BetrVG).
Auch
Zielfestlegungen zur Steigerung
der Mi t arbe i t erzuf r i edenhe i t und
Mitarbeiterqualifizierung
können nicht
nur Gegenstand der Beratung mit dem
Wirtschaftsausschuss, sondern vor al–
lem der
zwingenden Mitbestimmung
des Betriebsrats sein,
wenn inner- und
außerbetriebliche Qualifikations- und
Weiterbildungsmaßnahmen angeboten
werden sollen (§§ 96 bis 98 BetrVG).
Im Zus ammenhang mit Personal –
planungen
ist daneben auch der Be–
triebsrat nach § 92 BetrVG zu unterrich–
ten. Unabhängig davon sind schließlich
für die Vornahme konkreter Maßnahmen
die Mitbestimmungsrechte des Betriebs–
rats nach § 9 9 Abs. 1 BetrVG zu beachten
(Mitbestimmung bei personellen Einzel–
maßnahmen).
Für den Wirtschaftsausschuss sind da–
bei aber nur solche Maßnahmen rele–
vant, die für die Wertstrebungen der
Arbeitnehmer (Gehalt, Lohn, Prämien etc.)
von Bedeutung sind. Ergeben sich aus
den Ziel fest legungen der BSC Ver–
änderungen in der Personalplanung, ist
der Wirtschaftsausschuss stets zu unter–
richten.
V. Unterrichtungs- und Beratungs–
rechtsrechte des Betriebsrats
Neben dem Unterrichtungsanspruch
des Wirtschaftsausschusses über wirt–
schaftliche Angelegenheiten bleiben die
Informationsansprüche des Betriebsrats
über besüm mte soziale Angelegenheiten
(§ 80 Abs. 2 BetrVG), über arbeitsplatz–
technische Fragen (§ 90 BetrVG) und
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