Seite 11 - CONTROLLER_Magazin_2003_02

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CM Controller magazin 2/03
Arbeitszeit,
um die
Regelungen zum
Arbeits- und Gesundheitsschutz,
um
die
Einführung neuer Entlohnungs–
methoden
und
leistungsbezogener Ent–
gelte
oder um die
Durchführung von
Gruppenarbeit.
Des weiteren hat der
Betriebsrat mi tzubest immen bei den
Maßnahmen der betrieblichen Berufs–
bildung und vor allem bei personellen
Einzelmaßnahmen (§§ 97 bis 99 BetrVG).
Daneben gibt es noch zahlreiche Initiativ–
rechte, z. B. zur Beschäftigungssicherung.
Auf diese wie auch auf die eigentlichen
Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats
soll hier aber im Einzelnen nicht einge–
gangen werden.
Insoweit wird im jeweiligen Zusammen–
hang lediglich auf das Bestehen von Mit–
bestimmungsrechten hingewiesen.
IV. Unterrichtung des Wirtschafts–
ausschusses
Eine Pflicht zur Unterrichtung speziell
für wirtschaftliche Angelegenheiten re–
geln die §§ 106 ff. BetrVG. Danach ist in
allen Unternehmen
mit i.d.R. mehr als
1 0 0 ständig beschäftigten Arbeitneh–
mern ein Wirtschaftsausschuss
zu bil–
den (§ 106 Abs. 1 BetrVG). Der Wirt–
schaftsausschuss hat aber keine eige–
nen Mitbestimmungsrechte. Als beson–
deres betriebsverfassungsrecht l iches
Organ hat er die allgemeine Aufgabe, die
Zusammenarbeit und Information zwi–
schen Unternehmer und Betriebsrat in
wirtschaftl ichen Angelegenheiten zu
fördern, indem er diese mit dem Unter–
nehmer berät und anschließend den Be–
triebsrat unterrichtet. Dem Betriebsrat
wird damit eine Entscheidungsgrundlage
für die zu treffenden Einzelentscheidun–
gen geliefert.
1 . Al lgemeine Vo r aus s e t zungen
Der
Un t e rnehme r
hat
den
Wirtschaftsausschuss rechtzeitig und
umfassend sowie unter Vorlage der er–
forderlichen Unterlagen über die wirt–
schaftlichen Angelegenheiten des Unter–
nehmens zu unterrichten.
1.1 Wirtschaftliche Angelegenheiten
Zu den wirtschaftlichen Angelegenheiten
zählen nach § 106 Abs. 3 BetrVG ins–
besondere die wirtschaftliche und finan–
zielle Lage des Unt ernehmens , die
Produkt ions - und Abs a t z l age , das
Produktions- und Investitionsprogramm,
Rationalisierungsvorhaben, Fabrikations–
und Arbeitsmethoden, die Einschrän–
kung von Betrieben und Betriebsteilen
sowie deren Stilllegung oder Verlegung,
der Zusammenschluss und die Spaltung
von Unternehmen oder Betrieben, die
Änderung des Betriebszwecks und der
Betriebsorganisation und schließlich alle
Vorgänge und Vorhaben, die die Interes–
sen der Arbeitnehmer des Unternehmens
wesentlich berühren können. Insgesamt
führt dies dazu, dass eine Beteiligung des
Wi rtschaf tsausschusses immer dann
vorzunehmen ist, wenn es sich um Maß–
nahmen handelt, die über die gewöhn–
liche Geschäftsführung hinausgehen.
Bei der BSC
geht es i.d.R.
nicht (nur) um
Vorgänge der gewöhnlichen Geschäfts–
führung. Zumeist werden Ziele festge–
legt, die vor allem organisatorische und
teilweise auch technische Änderungen
bedingen
(z. B. für die Erweiterung des
Produktangebots , den Aufbau eines
Internetgeschäfts, die Optimierung von
Prozessen in der Redaktion, in der An–
ze igener s t e l lung und Anze igenab–
wicklung oder für die Verbesserung der
Druckqualität, für die Neuorganisation
des Versands und der Auslieferung etc.).
Diese bedingen häufig eine Änderung der
Personalorganisation, eine (zusätzliche)
Qualifizierung der Arbeitnehmer oder
sonstige Personalentscheidungen. Dies
hat i.d.R. Auswirkung auf die Investitions–
tätigkeit des Unternehmens und dessen
finanzielle Lage. Daher werden mit dem
Konzept der BSC in aller Regel auch wirt–
schaftliche Angelegenheiten des Unter–
nehmens berührt,
so dass eine Unter–
richtung und Beratung mit dem Wirt–
schaftsausschuss unumgänglich ist.
1.2 Betriebs- und Geschäftsgeheim–
nisse
Eine Unterrichtung des Wirtschaftsaus–
schusses ist ausnahmsweise dann nicht
vorzunehmen, wenn hierdurch Betriebs–
und Geschäftsgeheimnisse des Unter–
nehmens gefährdet würden. Unabhän–
gig davon, dass eine solche Gefährdung
wohl nur in Ausnahmefällen in Betracht
kommt, scheint eine Gefährdung von Be–
triebs- und Geschäftsgeheimnissen im
Zusammenhang mit der Einführung der
BSC eher unwahrscheinlich. Insoweit
müsste die völlige Geheimhaltung von
Bedeutung für den Bestand oder die Ent–
wicklung des Unternehmens sein (z. B.
die Sicherung von Patentrechten für die
Erforschung eines neuen Produkts).
Hierbei ist aber zu berücksichtigen, dass
die Mitglieder des Wirtschaftsausschus–
ses wie auch der Betriebsrat verpflichtet
sind, die ihnen aufgrund ihrer Zugehörig–
keit zu den Gremien bekannt geworde–
nen Tatsachen, die vom Unternehmer
ausdrücklich als geheimhaltungsbedürf–
tig bezeichnet werden, nicht zu offenba–
ren (§ 79 BetrVG). Dies betrifft jedoch
nicht die interne Informationsweiter–
leitung vom Wirtschaftsausschuss an den
Betriebsrat.
1.3 Kleinere Unternehmen
In Unternehmen mit
weniger als 101
Arbeitnehmern
entfällt die Verpflichtung
zur Bildung eines Wirtschaftsausschus–
ses. Die Unterrichtungsrechte des Wirt–
schaftsausschusses über wirtschaftliche
Angelegenheiten stehen in diesem Fall
nicht dem Betriebsrat zu. Der Betriebsrat
selbst kann also keinen Informations–
anspruch aus § 106 Abs. 2 BetrVG her–
leiten (BAG AP Nr. 10 zu § 106 BetrVG
1972) . Ihm stehen insoweit jedoch die
unmittelbaren Informationsrechte aus
§ 80 Abs. 2 BetrVG resp. die Beteiligungs–
rechte nach § 90 BetrVG zu.
Werden für solche kleineren Unterneh–
men Ausschüsse aufgrund freiwilliger
Betriebsvereinbarung errichtet, so haben
diese nicht die gesetzlichen Befugnisse
des Wirtschaftsausschusses. Ihre Kom–
petenzen und Befugnisse richten sich al–
lein nach den Regelungen der freiwilligen
Betriebsvereinbarung.
2 . Einbez i ehung de s Wi r t schaf t s –
a u s s c hu s s e s
Werden
mit der BSC Ziele festgelegt, zu
deren Erreichung z. B. eine Erweite–
rung des Produktangebots, der Auf–
bau eines Internetgeschäfts oder die
Optimierung von Prozessen erforder–
lich wären,
so sind damit zahlreiche
Themen angesprochen, die
die Einschal–
tung des Wirtschaftsausschusses
er–
fordern. Oft bedingen solche Maßnah–
men nicht nur eine Neuanschaffung oder
den Ausbau technischer Anlagen, son–
dern auch eine Qualifizierung der Arbeit–
nehmer oder gar eine Umstellung in der
Personalorganisation, Neueinstellungen
oder Entlassungen. Eine umfassende BSC
hat immer auch Auswirkungen auf die
Investitionstätigkeit des Unternehmens
und dessen finanzielle Lage.
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