Seite 82 - CONTROLLER_Magazin_2003_03

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CM Controller magazin 3/03 - Alfred Biel / Dr. Gleich / Dr. Arnaout
besser erkennbar, ableitbar und für die
Zukunft prognostizierbar als nach HGB?
Können wir hierzu bere i t s eine
erfahrungsgestützte Antwort geben?
Dr.
Gleich: Die geringeren Wahrechte
lassen die lAS grundsätzlich geeigneter
für eine realistische Einschätzung der
Vermögens-, Finanz- und Ertragslage aus
Sicht der Anleger und Finanzanalysten
erscheinen. Das Prinzip des true and fair
View zielt darauf ab, den Unternehmen
eine Informationspolitik in Richtung
e i n e r
v e r b e s s e r t e n
„P r ogno s e –
publ izität" zu ermögl ichen, sie erzwin
gen diese aber meines Erachtens nicht.
Die lAS bieten aber eine bessere Basis für
eine wertorientierte Unternehmensfüh-
mng, da bilanzpolitische Handlungsspiel–
räume eingedämmt werden, die Kapital–
f lussrechnung nach einem Aktivitäts–
format erfolgt und das Betriebsergebnis
und die Vermögenshöhe klar und sauber
abgegrenzt auf Gesamtunternehmens–
ebene und auf Ebene der einzelnen Ge–
schäftsbereiche dargestellt werden. Sie
t ragen
somi t
der
„Ope r a t i ng
Conversion" des Wer tmanagement s
Rechnung.
Die Aktivierungspflicht für klar abgrenz–
bare Entwicklungskosten, die Aktivie–
rung bes t immter selbstgeschaf fener
immaterieller Vermögensgegenstände
sowie die gegenüber dem HGB erweiter–
te Aktivierungspflicht für Wirtschafts–
güter, die in einem Finanzierungs-
Leasing stehen, tragen der „Shareholder
Conversion" des Wer tmanagement s
Rechnung. Und schließlich stellt der
differenzierte Ausweis des Steuerauf–
wandes dadurch, dass das außerordent–
liche Ergebnis nach Steuern ausgewie–
sen werden muss, während der Ausweis
der ordentlichen Ergebnisse und des
Finanzergebnisses vor Steuern erfolgt,
einen Beitrag zur „Tax-Conversion" dar
Biel : Das Arbeitsprogramm der lASB (In–
t e rna t i ona l Ac count i ng S t anda rds
Board) beinhal tet u. a. das Projekt
„Reporting Performance" . Mit welchem
Einfluss auf die Arbeit der Controller
müssen wir rechnen bzw. aufweiche Ver–
änderungen müssen wir uns einstellen?
Dr. Glei ch: Der aktuelle Zeitplan für das
Arbeitsprogramm sieht vor, dass der
Exposure Draft im vierten Quartal
2 0 0 3
vorliegen wird und voraussichtlich in
2 0 0 4
als lAS/ IFRS Gültigkeit erlangen
wird. Das Projekt lässt Veränderungen
erwarten, die sich auf die GuV, die
Eigenkapitalveränderungsrechnungund
die Kapitalflussrechnung beziehen. Das
Ziel ist hierbei die Entwicklung einer Rei–
he von Prinzipien für das „Performance
Reporting".
Der wichtigste Aspekt ist hierbei die Glie–
derung einer neu konzipierten Gewinn-
und Verlustrechnung. Wir gehen davon
aus, dass die Vorgaben für die Aufgliede–
rung der GuV einen besseren Einblick in
die wirtschaftliche Lage des Unterneh–
mens erwarten lasen, da einzelne Posi–
t ionen jewei ls einen Informat ions –
mehrwert liefern. Weiterhin ist zu beach–
ten, dass heute Unternehmen zuneh–
mend eigene Gewinngrößen definieren,
die zwar gesteigertes Interesse erfahren,
jedoch derzeit keiner Standardisierung
bzw. Regelung untediegen. Wenn diese
Gewinngrößen auch zentrale interne
Steuerungsgrößen sind, wirken sich
Regelungen des IFRS auf das Controlling
aus.
Bi e l : Die Veränderungen in den Konzern–
abschlüssen führen auch zu Veränderun–
gen bei den von Analysten und Investo–
ren verwandten Kennziffern wie dem
Kurs-Gewinn-Verhältnis, der Gesamt–
kapitalrendite und der so genannten
„sum-of-the-parts". Haben Sie hierzu be–
reits nähere Erkenntnisse?
Dr. Gleich: Man kann davon ausgehen,
dass sich einige in die Kennzahlen einge–
hende Größen verändern werden. So wird
Vermögen in
I
AS nachhaltig höher aus–
gewiesen, Schulden werden nachhal–
tig niedriger ausgewi esen. Gewinne
werden temporär zeitlich vorverlagert
und der Gewinnausweis kann nachhaltig
volatiler werden.
Im Vergleich zur HGB-Rechnungslegung
verändert sich folglich die Höhe der be–
troffenen Kennzahlen wie die Eigen–
k a p i t a l quo t e , di e Ge s amt kap i t a l –
rentabilität oder der Residualgewinn.
Bei den Kapitalrentabilitäten ist insge–
samt eine validere und differenziertere
Ermittlung möglich, da z. B. jedes Seg–
ment sein Segmentvermögen sowie sein
operatives Segmentergebnis ausweisen
muss. Außerdem ist eine klarere Doku–
mentation des Eigenkapitals sowie der
GuV-Ergebnisse bei lAS-Abschlüssen vor–
geschrieben.
Aus Sicht der Kapitalgeber ist zu be–
grüßen, dass die für Anlageempfeh–
lungen oder Anlageentscheidungen ge–
forderte internationale Vergleichbarkeit
der Daten durch die internationalen
Rechnungslegungsstandards unterstützt
wird.
Biel : Kommen wir abschließend zu den
potenziellen Engpässen und Stolper–
steinen. Wo liegen diese? Wie steht es z.
B. mit dem Faktor Mensch, der sich in
relativ kurzer Zeit in eine relativ komple–
xe Materie einarbeiten soll und zudem in
eine Matene, die wegen ihrer Dynamik
und Komplexität und ihrer angelsächsi–
schen Prägung für uns nicht leicht zu–
gängig ist.
Dr. Ar naou t : Sie sprechen den wichtig–
sten und für das Gesamtprojekt erfolgs–
kritischsten Faktor an. Naturgemäß stellt
das Regelwerk der lAS für die meisten
Fachbereichsmitarbeiter ein Novum dar;
die Zahl von Mitarbeitern, die bereits
praktische Erfahrungen mit einer lAS-
Umstellung gesammelt haben, ist in der
Regel relativ gering.
Das bedeutet einerseits, dass man sich
zu Beginn der Unterstützung von ex–
ternen Fachberatern bedient , die das
erforderliche Fach-Know-how bereit–
stellen und teilweise auch Kapazitäts–
engpässe in absehbaren Abschluss-
phasen ausgleichen. Es ist aber außer–
ordentlich wichtig, dass dieses Know-how
in die Unternehmen übergeht und ver–
ankert bleibt.
Eine weitere, erfolgskritische Maßnah–
me stellen die erforderlichen Schulungen
dar Dazu sind umfangreiche Schulungs–
konzepte zu entwickeln, die zielgruppen-
spezifische Schulungsmodule, sowohl
fachliche als auch technische, enthalten.
Ein weiterer Stolperstein wäre, nicht die
spezifischen Anforderungen und Gege–
benheiten in den Geschäftsbereichen
oderTochtergesellschaften zu berücksich–
tigen. Bei ausländischen Tochterunter–
nehmen, die bereits nach lAS berichten,
sind die lAS-Richtlinienstandards inhalt–
lich zu synchronisieren.
Bi e l : Meine Herren, lassen Sie uns einen
Ausblick wagen. Aufweiche voraussicht–
lichen Entwicklungen müssen wir uns
einstellen? Unsere Leserinnen und Leser
wären ihnen sicher dankbar für die Aus–
sage, was Ihre wichtigsten Empfehlun–
gen im Hinblick auf ans tehende lAS-
Ums tel lungen sind. Welches „Pano–
rama" sehen Sie bezüglich einer zu–
künftigen lAS-dominierten Rechnungs–
legung und einem lAS-geprägten Con–
trolling?
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