CM Controller magazin 3/03
Dr. Gleich:
Von besonderer Bedeutung
im Anhang ist die
zukunftsorientierte
Berichterstattung bzgl. der bestehen–
den Chancen und Risiken auf Unter–
nehmensebene sowie bezogen auf die
einzelnen Geschäftsbereiche/Segmen–
te
im Rahmen der Segmentber icht –
erstattung. Dem Anhang kommt eine
starke Interpretationsfunktion durch die
Angaben zu Ansatz- und Bewertungs–
wahlrechten sowie eine Entlastungs–
funktion zu, wenn bestimmte Angaben
statt in der Bilanz im Anhang gemacht
werden. Weiterhin stellt die Berichter–
stattung bzgl.
künftiger FuE-Projekte
eine wichtige Veränderung dar.
Eine Pfl icht zur Segmen t be r i ch t –
erstattung besteht nur für börsennotierte
Unternehmen, falls ein nicht-börsen-
notiertes Unternehmen Segmentberichte
im Anhang aufführt, müssen diese je–
doch die Kriterien des lAS 14 erfüllen.
Man kann also sagen, dass es unter lAS
nicht nur „ein bisschen Segmentbericht–
erstattung" geben kann.
Biel:
Wo finden wir nach einer Umstel–
lung
besonders gravierende Verände–
rungen?
Verändern sich Bilanzstruktur,
wesentliche Positionen in Bilanz und G -i- V,
Eigenkapital, Periodenergebnis usw.?
Dr. Gleich:
Bei der Beantwortung dieser
Frage kommt es natüdich darauf an, um
welches Geschäftsmodell und welche
Branche es sich jeweils handelt. Um früh–
zeitig zu identifizieren, wo wesentliche
Veränderungen erwartet werden können,
werden in der Regel sog. Modellrechnun–
gen durchgeführt, bei denen die lAS un–
ter Zugrundelegung von Vereinfachungs–
prämissen auf Bilanz und G&V projiziert
werden.
Grundsätzlich liegen die we–
sent l ichen Unterschiede zwi schen
HGB und lAS/IFRS in
• der Aktivierung selbstgeschaffener
immater i e l l er Vermögensgegen–
stände;
/ der Anwendung von Abschreibungs–
methoden;
/ Angabepflichten bei den Finanzan–
lagen;
/ den Unterschieden in der Laufzeit-
clusterung sowie der Bewertung/
Wertberichtigung von Forderungen;
/
der erheblichen Einschränkung von
Möglichkeiten zur Bildung von Rück–
stellungen;
/ der Entstehung latenter Steuern u.a.
durch unterschiedliche Bewertung
des Anlagevermögens;
/ der Umsatzrealisierung nach der
Percentage of Completion-Methode;
/ den Angabepflichten beim Leasing
(Operating/CapitalLease-Off Balance);
/ der Bewertung der Immateriellen
Vermögensgegenstände.
Biel:
Wir führen diesen Dialog für Con–
troller, daher lassen Sie uns bitte zur Frage
kommen, welche
Auswirkungen hat die–
se Umstellung auf das Controlling und
womit müssen sich Controller zukünf–
tig auseinandersetzen.
Was bedeutet
prinzipiell die Umstellung auf lAS für die
Transparenz-, Methoden- und Informa–
tionsverantwortung des Controllers?
Dr. Arnaout :
Dem Controller kommen
im Rahmen einer lAS-Umstellung unter–
schiedliche Aufgaben zu.
/
lAS-Umstellungsprojekte werden pri–
mär aus dem Bereich Rechnungswe–
sen angestoßen. Um zu vermeiden,
dass controllingrelevante Sachver–
halte wie Auswirkungen auf das
Kennzahlensystem, das Reporting
oder den Planungsprozess unberück–
sichtigt bleiben, sollte
in der Projekt–
leitung oder projektleitungsnah
der Controllerbereich eingebunden
werden.
Nur so kann sichergestellt
werden, dass keine Umstellungs–
maßnahmen oder Arbei tspakete
übersehen werden oder zu spät ein–
geleitet werden.
/ Während der lAS-Umstellung beste–
hen vielfältige Aufgaben für das Con–
troller-Team: beispielsweise sind die
Auswirkungen auf Bilanz und G&V
auf Basis der Modellrechnung zu ana–
lysieren, um die bilanzpolitische
Sachverhaltsgestaltung und Zielvor–
gaben abzuleiten. Hierzu müssen
vergleichende Analysen angestellt
und branchenspezi f i sche Bench–
marks bereitgestellt werden. Um aus
lAS-Parallelabschlüssenzuvedässige
Aussagen ableiten zu können, ist es
weiterhin erforderlich, dass lAS-
Budgetwer te für die Parallelab–
schlüsse vorliegen,
es ist also früh–
zeitig der
IAS-Budgetierungsprozess
zu konzipieren. Dadurch wird er–
reicht, dass bereits vor der Erstellung
von Paral lelabschlüssen die Aus–
wirkungen der lAS-Einführung in
den einzelnen Gesellschaften plane-
risch antizipiert werden.
/ Weiterhin sind zur Vorbereitung des
lAS-Regelbetriebs die erfordedichen
Anpassungen in Berichtsformaten,
Kennzahlen und den Quellsystemen
vorzunehmen.
/ )e nachdem, ob lAS als paralleles
Normensystem zu HGB im Sinne ei–
ner Überieitungsrechnung verwendet
werden soll, oder ob lAS als Normen–
system die HGB ablösen soll, sind
weiterreichende Anpassungen not–
wendig. So sind die operativen Vor–
systeme auf lAS umzustellen, oder
Steuerungskonzepte wie EVA oder
Balanced Scorecard
an die verän–
derten Inhalte anzupassen. Auch dies
sind typische Controlleraufgaben.
Biel:
lAS macht die Unternehmen trans–
parenter, aber wohl auch
erklärungs-
und kommunikationsbedürftiger,
und
dies nicht nur nach einer Umstellung, die
zu einer Edäuterung der „Brüche" zwingt,
sondern auch nach späteren lAS-Ab-
schlüssen aufgrund Bewertungs- und
Ausweisregeln. Gibt es hierzu bereits prak–
tische Erkenntnisse?
Dr. Arnaout :
In der Tat stellt die lAS-
Ums te l lung
die
Unt e rnehmens –
kommunikation und speziell in börsen–
notierten Unternehmen den
Bereich
Investor Relations
vor große Aufgaben.
Es ist für Großunternehmen daher ein
Kommunikationskonzept und ein -fahr–
plan zu empfehlen, in welchen Schritten
welche Bilanz- oder GuV-relevanten Ver–
änderungen an den Kapitalmarkt kom–
muniziert werden können. Insbesondere
ab einem geplanten lAS-Regelbetrieb sind
die eintretenden Überleitungen zu erläu–
tern. Dazu ist es wichtig, den Bereich
Investor Relations und das Reporting von
Beginn eines Vorprojektes an in der Ar–
beitsorganisation einzubinden, um die
erwarteten Veränderungen frühzeitig
aufnehmen zu können. Parallel können
dann Kommunikationskonzepte für die
Kapitalmarkt-Community entwickelt
werden, um die Geschäftsleitung in der
Kapitalmarktkommunikation optimal
unterstützen zu können.
Biel:
Ziel der lAS ist es, den verschiede–
nen Nutzergruppen ein realistisches Bild
der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage
des Unternehmens zu vermitteln (Grund–
satz des true and fair view). Wie weit
sichert lAS unter den
Aspekten einer
wertorientierten Unternehmensfüh–
rung
bzw. auch aus Sicht der Finanz–
analysten eine geeignete Prognosebasis?
Werden unterschiedliches Wachstums–
potenzial sowie Chancen und Risiken
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