Seite 8 - CONTROLLER_Magazin_2003_03

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CM Controller magazin 3/03 - Friedhelm Hemmerich
Die
dritte
Gruppe sciiließlicii ist diejenige,
die die Kraft zu substanziellen Konflikten
mit dem Handel vedoren hat, die sich auf
die Produktion von Handelsmarken und
Exklusivartikeln einlassen musste und
die damit nicht mehr ijber den autono–
men Einsatz des vollen Marketing-Instru–
mentariums verfügt. In dieser Gruppe
lässt es sich zwar leben, aber nicht be–
sonders komfortabel und tendenziell
immer gefährdet. Sie betreibt im wesent–
lichen eine Anpassungsstrategie an die
Wünsche des Handels und ist so zu einer
Art ausgelagerter Werkbank des Han–
dels geworden, allerdings bei vollem un–
ternehmerischen Risiko.
Die hier geschilderte Struktur erheblicher
Nettomacht der Kunden gegenüber den
Lieferanten findet sich übrigens auch in
einer ganzen Reihe von Investitionsgüter–
märkten, z. B. im Verhältnis der Zuliefe–
rer der Elektro-, Elektronik- und Automo–
bilindustrie zu ihren Abnehmern. Lopez
lässt grüßen.
4. Die Perspeldiven
Der Handel hat sich mit seiner Strategie
der raschen Konzentration und Einkaufs–
kooperation einen deutlichen Machtvor–
sprung gegenüber der Industrie ver–
schafft. Insofern besteht für ihn kein An–
lass, die strategische Linie seiner Ein–
kaufspolitik zu veriassen.
Wesentlich komplexer sind die strategi–
schen Aufgaben derjenigen mittelständi–
schen Industrieunternehmen, die mit ih–
ren Handelskunden in einem von Konflik–
ten dominierten Verhältnis stehen. Für
sie stellt sich vor allem die Frage, ob das
eigene Innovationspotenzial ausreicht,
um zumindest einige starke Hersteller–
marken entwickeln zu können und ob
die Finanzkraft ausreicht, um diese Mar–
ken auch angemessen kommunikations–
politisch fördern und damit auf Dauer
halten zu können. Wenn dies nicht der
Fall ist, könnte es strategisch ratsam
sein, sich stärker an die Bedürfnisse der
großen Handelskunden anzupassen und
gegebenenfalls auch Handelsmarken
herzustellen.
Für beide strategischen Basisvarianten gilt
es zu klären, welche Chancen und Not–
wendigkeiten in Fusionen, Akquisitionen
und strategischen Allianzen zur Stärkung
der eigenen Marktposition liegen. Im Ex–
tremfall der Anpassungsstrategie kann es
sogar zweckmäßig sein, das Unterneh–
men rechtzeitig zu verkaufen.
Voraussetzung sowohl zur Klärung
der
strategischen Ausgangslage als auch für
eine evtl. strategische Neuausrichtung
ist jedoch
Ertragstransparenz,
also
die
Kenntnis der Deckungsbeiträge, die mit
den großen Handelskunden derzeit er–
zielt werden und künftig wahrscheinlich
erzielt werden können.
5. Kundenerfolgsrechnung
Das Prinzip der Kundenerfolgsrechnung
ist einfach: es handelt sich um eine
Deckungsbeitragsrechnung pro Kunde.
D. h., dem einzelnen Kunden werden die
mit ihm getätigten Umsätze, die Edös-
schmälerungen und die für ihn aufge–
wendeten Kosten zugerechnet. Die Diffe–
renz zwischen den Umsätzen auf der
einen und den Erlösschmälerungen so–
wie den Kosten auf der anderen Seite ist
der Deckungsbeitrag pro Kunde. Die
Kundenerfolgsrechnung wird bisher eher
selten eingesetzt, obwohl sie in den oben
geschilderten Strukturen (mittelständi–
sche Industrie mit großen Handels–
kunden sowie in Zuliefererindustrien) zur
Schaffung von Ertragstransparenz erfor–
dedich ist.
Denn die Großkunden sind aufgrund ih–
rer Nachfragemacht nicht nur in der Lage,
be s onde r e Prei se und bevor zug t e
Lieferungs- und Zahlungskonditionen
durchzusetzen, sondern sie verursachen
i.a. auch spezifische zusätzliche Kosten
bei ihren Lieferanten (z. B. in Vertrieb, Key
Account Management, Logistik und Mar–
keting), die in der produktweisen Dek-
kungsbeitragsrechnung nicht und in der
Auftragskalkulation i.a. nicht vollständig
erfasst werden. So entsteht die Situation,
dass das Industrieunternehmen zwar die
Umsätze pro Kunde kennt, nicht aber die
Deckungsbeiträge. Dies kann zu schwer–
wiegenden Fehleinschätzungen führen.
Der Aufbau der Kundenerfolgsrechnung
stellt sich wie folgt dar:
Bruttoumsatz zu Listenpreisen
mit Kunde 1
Einige Erläuterungen zu einzelnen Posi–
tionen:
(1) In der Position
Rechnungsrabatte
werden diejenigen Eriösschmälerun-
gen erfasst, die direkt auf den Kunden–
rechnungen ausgewiesen sind.
(2) Die
Sonstigen Erlösschmälerungen
sind solche, die nicht auf der einzel–
nen Kundenrechnung auftauchen,
sondern aperiodisch anfallen, z. B.
[ahresboni, Steigerungsvergütungen,
Gewährieistungen.
(3) Der
Deckungsbeitrag 1
gibt Hinwei–
se auf den Erfolg der Produkte mit
dem betreffenden Kunden.
(4)
Entwicklungskosten
sind z. B. für
Hande l smarken und Exklusiv–
produkte bzw. für Einzelfertigungen
in Zuliefererindustrien zu berück–
sichtigen.
(5) Die
Vertriebskosten
umfassen vor
allem die Kosten des Außendienstes,
der Regalpflege und der Logistik.
(6)
Marketingkosten
sind z. B. solche
für Verkaufsförderungsmaßnahmen,
für das Key Account Management,
für Pl atz i erungsge lder und die
Werbekostenzuschüsse.
(7) Die
Sonstigen Kosten
enthalten Son–
derleistungen für den Kunden, z. B.
Zuschüsse zu Investitionen im Be–
reich der Logistik.
(8) Der
Deckungsbeitrag 2
sagt aus,
wel chen Bei trag der Kunde zur
Deckung der verbleibenden Fixkosten
und zum Gewinn leistet. Er ist somit
eine aussagefähige Größe zur Beur–
teilung des Erfolgs mit diesem Kun–
den und eignet sich (in % vom Um–
satz) auch zum Quervergleich zwi–
schen verschiedenen Kunden.
Plan
Ist
Abw.
Hochrechn.
-
Rechnungsrabatte (1)
-
Sonstige Erlösschmälerungen (2)
= Nettoumsatz
-
Variable Produktionskosten
Deckungsbeitrag 1 (3)
Entwicklungskosten (4)
Vertriebskosten (5)
Marketingkosten (6)
Sonstige Kosten (7)
= Deckungsbeitrag 2 mit Kunde 1 (8)
I
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