Seite 46 - CONTROLLER_Magazin_2003_03

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CM Controller magazin 3/03 - Dirk Biskup / Ralf Schremper
DIE POWER-RATIO
als Benchmarking-Instrument zur
Beurteilung der relativen
Wettbewerbsposition von Unternehmen
Dr. Dirk Biskup (
nd Dr. Ralf Schremper
sind im Bereich „Corporate Control l ing and
Strategie Planning" der Bertelsmann AG, Gütersloh, tätig.
von Dirk
Biskup
und Ralf
Schremper,
Gütersloh
1. Definition der Power-Ratios
Die Power-Ratio ist ein in der Praxis ver–
breitetes Instrument zur Beurteilung und
zum Vergleich von Unternehmen einer
bestimmten Branche. Diese Kennzahl hat
allerdings bislang in der betriebswirt–
schaftlichen Literatur nur wenig Verbrei–
tung gefunden. Sie kann systematisch in
den Bereich der marktorientierten Kenn–
zahlen (vgl. z. B. Meffert, 1994) eingeord–
net werden. Im Unterschied zu primär
rechnungswesenorientierten Kennzahlen
wie insbesondere Value-Added-Kennzah-
len oder Kapitalrenditen, die die Wert-
generierung bzw. Kapitalverzinsung in
den Vordergrund stellen (vgl. hierzu
Crasselt/Pellens/Schremper, 2000) , ist
die Power-Ratio allein nicht geeignet, den
Erfolg des Unternehmens zu messen. Die
Power-Ratio dient vielmehr dazu, die
relative Wettbewerbsposi t ion von Un–
t e r n e hme n darzus t e l l en (zur Wett
bewe rbspos i t i on vgl. grundl egend
Porter, 1985) . Dabei liegt der Fokus auf
d em B e n c hma r k i n g e i n e s Unt er –
nehmens im Vergleich zu Konkurrenz–
unternehmen und nicht auf der Beur–
teilung der Performance eines einzelnen
Unt e rnehmens . Diese Si tuat ion ist
typischerweise dadurch gekennzeichnet,
dass detaillierte Informationen über die
Konkurrenzunternehmen nicht verfügbar
sind (und somit beispielsweise Value-
Added-Kennzahlen für die Konkurrenz–
unt ernehmen gar nicht ermi t telbar
wären).
Die Power-Ratio I gibt an, wie hoch der
Umsatz eines Unternehmens pro Pro–
zentpunkt JVlarktanteil ist und entspricht
somit dem Quotienten aus dem Umsatz
des Unternehmens und dessen Markt–
anteil. Realisiert ein Unternehmen bei–
spielsweise einen Umsatz von 150 Mio.
Euro und beträgt sein Marktanteil 1 5%,
so ergibt sich eine Power-Ratio I in Höhe
von 10 ( = 150 / 15). Pro Prozentpunkt
Markt ant e i l wird ein Umsa t z von
10 Mio. Euro erwirtschaftet. Bei der
Power-Ratio I darf der Marktanteil nicht
über den Umsatz definiert werden, da
ansonsten sämdiche hieraus resultieren–
den Power-Ratios I der Unternehmen ei–
nes Marktes identisch sein würden. Da–
her muss stets eine mengenmäßige Ab–
grenzung der Marktanteile erfolgen,
die branchenspezifisch bezogen auf den
jeweils relevanten Markt zu bilden sind.
Bei Brauereien wird beispielsweise auf
„Ausstoß Hektoliter am Gesamtbier–
verbrauch eines bestimmten Segments
(z.B. Premiumbier)", bei Automobilunter–
nehmen auf „Anzahl produzierter Fahr–
zeuge bezogen auf Neuzulassungen ei–
nes bestimmten Segments (z. B. Mittel–
klassewagen)" abgestellt usw. In der
Medienbranche wird die Power-Ratio I
zum nationalen und auch internationa–
len Vergleich von Fernsehsendern, Radio–
sendern oder Internetportalen regel–
mäßig eingesetzt (vg. Ofori/Lloyd, 1999 ,
Morgan Stanley Dean Witter, 2000) ; sie
errechnet sich hier als Quotient aus
Werbeumsätzen und Sehermarktanteil
(bzw. Hörermarkt ant e i l oder Page
Impressions).
Die Power-Ratio II ist definiert als Erfolg
eines Unternehmens pro Prozentpunkt
Marktanteil und stellt somit den rela–
tiven Erfolg eines Unternehmens be–
zogen auf seinen Marktanteil dar. Reali–
siert ein Unternehmen beispielsweise ei–
nen Gewinn von 12 Mio. Euro bei einem
Marktanteil von 15 %, so ergibt sich eine
Power-Ratio II in Höhe von 0,8 ( = 12 /
15). Pro Prozentpunkt Marktanteil wird
also ein Gewinn von 0 , 8 Mio. Euro
erwirtschaftet. Diese Kenngröße ermög–
licht zusammen mit der Power-Ratio I
eine bessere Aussage über die Wettbe–
werbsposi t ion eines Unternehmens ,
denn Umsätze lassen sich kurzfristig z.B.
durch Erhöhung der Marketingausgaben
aber damit zu Lasten des Gewinns stei–
gern. Zudem können zur Berechnung der
Marktanteile bei der Power-Ratio II auch
die Umsätze, welche von Wettbewerbern
meist beobachtbar sind, herangezogen
werden.
2. Anwendungsbereiche und Dis–
kussion
Power-Ratios werden auf der Grundlage
empi r i scher Daten kons t rui er t . Im
Folgenden sollen anhand eines Beispiels
diese Kennzahlen näher di skut iert
werden. Der Berechnung liegen die
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