Seite 87 - 2002-06

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Controller magazin 6/02
Liegt der diesbezügliche Engpass bei der
Zielklarheit, so kann zurückverfolgt wer–
den, durch welchen Faktor die Zielklarheit
selbst beeinträcht igt wi rd.
So werden Ursachen Schritt für Schritt
zurückverfolgt oder aber die Ausbreitung
von Verbesserungswirkungen beobach–
tet. Hieraus resulitert ein tieferes Pro–
blem- und Systemverständnis, eine Kon–
zent rat ion auf tatsächl iche Ursachen
(statt auf Symptome) sowie eine Einschät–
zung der Wi rkung von Maßnahmen.
7. und 8. Teilszenarien und Simula–
tion: zur Entwicidung eines Manage–
ment-Simulators
Mi t den nunmehr folgenden Analyse-
Schritten werden Sub-Systeme oder -
einfacher formul iert - ausgewählte Pro–
blembereiche oder Themen von beson–
derem Interesse detaillierter erforscht.
Hierzu werden zunächst die am engsten
und unmi ttelbarsten mi t der Fragestel–
lung zusammenhängenden Faktoren,
nicht mehr als 10 -12, identifiziert, und in
ein Wirkungsgefüge gebracht.
Analog zum „großen" Gesamt-Wirkungs-
gefüge werden die gleich- und entgegen–
gerichteten Wirkungen eingegeben. Wie–
derum können die positiven und negati–
ven Regelkreise und dami t die Stabilität
oder Instabi l ität des Subsystems erkannt
werden. Der Schritt zur Simulation wi rd
vol lzogen, indem zunächst die Variablen
grob skaliert werden. Z. B. reichen die
mögl ichen Werte bei der Acquisi t ion von
0 (Min): unvertretbar schlechte Qual ität
über
1
0: holprig, z.T fehlen Argumente zu
20: gutes Niveau und schließlich
30 (Max): excellent und überzeugend.
Anschl ießend werden die Wi rkungs–
verläufe wesentl ich detaillierter, als es
bislang geschah, beschrieben:
Im Unterschied zu den vorigen Schritten
lautet die Frage nun auch nicht mehr, wie
sich eine Veränderung einer Variablen
auswirkt, sondern wie sich der Zustand
auswirkt. Dabei sind Schwellwerte und
Kipp-Phänomene abbi ldbar
Die Anzahl der Aufträge ist auf der verti–
kalen Achse, die Wirkungsstärke auf der
horizontalen x-Achse abgebildet. In einer
Situation ohne Aufträge (y = 0) sind nega–
tive Wi rkungen auf die Qualität der Ab–
wicklung festzustellen. Warum? Ohne
Aufträge fallen die Mi tarbei ter im Ver–
gleich zur Konkurrenz im Praxiseinsatz
zurück. Dieser Effekt schwächt sich mi t
zunehmender Auftragslage ab. Ab einem
Wert von 8 (unterdurchschnittl iche Aus–
lastung) beginnt die Lernkurve positive
Wi rkung zu zeigen. Die Lerneffekte neh–
men bis zu einer Auslastung von 21 zu
und ab 2 6 wieder ab. Kurz vor der Kapazi–
tätsgrenze treten sogar wieder negative
Effekte auf: die Qualität der Abwicklung
beginnt aufgrund einer Überbeanspru–
chung zu leiden.
Nachdem die Zustände bewertet wur–
den, zeigen die Balken den aktuel len
Variablenzustand an, so dass sich in der
Analyse das Bild ergibt: das Betriebsver–
mögen ist noch zu 60 % vorhanden, die
Anzahl der Aufträge ist niedrig, noch nied–
riger ist die Anzahl der realisierten Pro–
j ek te (Umsatz) . Die Qua l i t ä t der
Acquisi t ion ist noch unterdurchschnitt–
l ich, die Anzahl der sonstigen Aufgaben
hoch. Die Anzahl der Kunden ist noch
niedrig, die Qualität der Kunden durch–
schnittl ich. Kundenbegeisterung ist noch
niedrig, ebenso die Ausstrahlungskraft.
Damit ergibt sich ein deutlicher Gesamt–
eindruck - erheblich deutlicher als der,
den z. B. eine Eröffnungsbilanz erbracht
hätte.
Im nächsten Schritt wi rd nunmehr simu–
liert, wie sich die Situation ohne Interven–
t ion bzw. bei einer Umsteuerung weiter–
entwickeln würde. Nachdem man bis
dahin gemeinsam die Probleme gesam–
melt, die Einflussfaktoren erhoben, die
Wi rkungen nach bestem Wissen bewer–
tet und den Zustand eingeschätzt hat,
lautet nun die spannende Frage „wie wi rd
sich das System bei dieser Ausgangs–
konstel lation her entwickeln?"
In der Graphik (Seite 614) oben gibt die
unterste Kurve den Umsatzveriauf an.
Der Umsatz n immt in der 1. Periode zu,
um dann zu stagnieren und schließlich
erst langsam und dann schneller einzu-
brechen. Derartige Entwicklungen, die
wohl in den seltensten Fällen in Überein–
st immung mi t den Erwartungen stehen,
führen schnell zur Frage „wo kommt das
her?" Die Simulation wi rd deswegen er–
neut, diesmal in Zeitlupe, betrachtet, jede
Wi rkung wi rd nochmals einzeln über–
prüft. Dadurch wi rd für jedermann er–
kennbar deut l ich, wo die Ursachen bzw.
problematischen Konstellationen dieser
Entwicklung liegen.
Nun ist zu überlegen, wie dieser Entwick–
lung entgegengesteuert werden kann.
Hierzu können probeweise Veränderun–
gen an den einzelnen Variablen vorge–
nommen werden. So ergibt z. B. eine deut–
liche Reduktion der „sonstigen Aufgaben"
das Bild der mittleren Graphik. Es zeigt,
dass der Umsatz über drei Perioden an–
steigt, um anschließend wiederum deut–
lich einzubrechen. Die „sonstigen Aufga–
ben", auch das zeigt das Bild, erreichen
zügig wieder das alte Niveau und steigen
bis zum oberen Grenzwert an. Hier wi rkt
eine starke, für die Entwicklung unvor–
teilhafte Eigendynamik. Die Maßnahme
scheint also nicht auszureichen, weitere
Verbesserungen werden notwendig. Mit–
tels des „Management Simulators" kön–
nen diese Maßnahmen sukzessive gete–
stet, kombiniert und umgruppiert wer–
den, bis eine positive Entwicklung mach–
bar erscheint.
Dabei - und das ist das entscheidende -
geht es nicht darum, die Zukunft zu pro–
gnostizieren. Alle Prognosen sind be–
dingte Prognosen (Wenn-dann). Da in der
Praxis immer Störeinflüsse auf treten,
weichen die realen Veriaufe oftmals von
prognostizierten Verläufen ab. Aber ge–
rade deswegen ist es wicht ig, verschiede–
ne Szenarien durchzuspielen. Hieraus
entsteht ein Gespür und eine Einsicht für
problematische und erfolgversprechen–
de Konstellationen sowie für besonders
wi rksame Maßnahmenbündel .
9. Die biol(ybernetische Bewertung:
wie lebensfähig ist das System?
Nachdem diese acht Anal ysestufen
durchlaufen wurden, das System aus
verschiedenen Perspektiven und in un–
terschiedlicher Detailliertheit betrachtet
wurde, wi rd abschließend die Lebens–
fähigkeit des Systems eingeschätzt. Da–
bei wi rd überprüft, inwieweit die lebens–
erhal tenden und -notwendigen acht
biokybernet ischen Prinzipien in dem
untersuchten Unternehmen erfüllt sind.
1. Es beginnt mi t dem Aspekt der Selbst–
regulation: hat das System genügend
Selbstregulationsmechanismen?
2. Ist das System wachs tumsunab–
hängig? Kann es auch ohne Wachs–
t um
übe r l eben
(gerade
i n
Stagnat ionszei ten eine elementar
wicht ige Fähigkeit)?
3. Ist es funkt ionsorient iert? Konzen–
triert es sich auf die zu befriedigen–
den Bedürfnisse oder aber auf die
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