Controller magazin 6/02 - Stephan Brückl
STEUERUNG IN KOMPLEXEN
SYSTEMEN MIT SYSTEM-TOOLS
von Dipl. Oec. Stephan
Brückl,
Augsburg
Zunehmende Komplexität ist eines der
zentralen Themen unserer Zeit. Durch
die zunehmende Vernetzung im und
außerhalb des Unternehmens wi rd es
zunehmend schwieriger, Ziele zu errei–
chen. Plötzlich auftauchende Ereignisse
(neue Konkurrenten, neue Technologien
etc.), Nebenwirkungen und Wirkungs–
verzögerungen eigener Handlungen füh–
ren so manches Managementvorhaben
zum Scheitern. Die Praxis kann heute
allerdings auch auf erprobte Verfahren
aus der Systemforschung zurückgreifen.
Die gegebene Komplexität wi rd dami t
zwar nicht abgeschafft, aber besser
bewältigbar. Im folgenden Art ikel wi rd
mi t System-Tools von Prof. Vester ein EDV-
Model l vorgestellt, welches bzgl. der Be–
nut zer f reund l i chke i t i n t erna t i ona l er
Benchmark im Bereich der Model l ierung
komplexer Systeme ist.
Die neuen Bausteine der System-
Analyse und ihr jeweiliger Nutzen
Die Systemanalyse besteht
aus
9
Bau–
s t e i nen
bzw. Schritten, die jeweils unter–
schiedliche Vorteile bringen.
1. Im ersten Schritt wi rd das Problem
und
das zu be t racht ende Sy s t em
abgegrenz t
- dami t wi rd einem vor–
eiligen „jump-to-conclusions" entge–
gengewirkt.
2. Im zweiten Teil werden die Faktoren,
die dabei von Bedeutung sind,
zu–
s ammenge s t e l l t
- dami t fließen ver–
schiedenste Perspektiven und sub–
jektiv bedeutsame Aspekte mi t ein.
3.
Im dr i t ten Schritt wi rd überprüft, ob
die Variablen in der Lage sind,
ein
Sys t em abzub i l den
- es geht hier
um die Sicherstellung der System-
repräsentaüvi tät.
4.
Im vier ten Schri tt werden in der
Einflussmatrix
die Zusammenhän–
ge zwischen den Variablen betrach–
tet - es wi rd deudich, welche Wi rkun–
gen von den einzelnen Variablen aus–
gehen.
5. Die Rollenverteilung liefert eine
Ein–
s chä t zung zu Dynamik und Steuer–
barkeit
des Gesamtsystems sowie
zum Steuerungswert der einzelnen
Variablen im Gesamtsystem - gera–
de diese Aspekte sind für das Mana–
gement hoch interessant, können
jedoch mi t anderen, nicht-kyberne–
t ischen Me t hoden k aum erfasst
werden.
6.
Mi ttels des sogenannten
Wirkungs-
ge füge s
wi rd die Stabilität bzw. In–
stabi l ität des Systems sichtbar - auch
dies ist mi t anderen Methoden kaum
leistbar. Darüber hinaus können (ver–
deckte) Regelkreise entdeckt werden
und die Ausbrei tung von Wi rkungen
im System verfolgt werden.
7.
Mi t den
Tei l szenarien
wi rd ein Teil–
bereich oder ein spezielles Problem
herausgegriffen und quasi „wie mi t
einer Lupe" näher untersucht - die
Analyse kann dami t an jeder Seile
vertieft werden, ohne den Gesamt–
zusammenhang zu vertieren.
8. In der Simulation schließlich können
unterschiedliche „wenn-dann-Szena-
r ien" schnell und mühelos durchge–
spielt werden. Das geistige Probe-
Handeln ist eines der wicht igsten In–
strumente, um Probleme zu antizi–
pieren - hier erhält es ein Transpa–
renz schaffendes Instrument .
9. Abschließend erfolgt im letzten Schritt
die Einschätzung des Gesamtsystems
hinsichdich seiner Lebensfähigkeit -
mi t den acht biokybernetischen Re–
geln liegen Organisationsprinzipien
der Natur vor, mi t denen die Lebens-
Stephan Brückl , Geschäftsführer,
Süddeutsches Institut, Augsburg
eMai l :
fähigkeit von Unternehmen deudich
erhöht werden kann.
Diese neun Bausteine werden im folgen–
den vorgestellt und anhand von Beispie–
len verdeudicht.
1. Was ist das Problem (ganzheitliche
Problemanalyse)?
Beg i nnen w i r m i t der Prob l em–
beschreibung bzw. Systemabgrenzung.
Was ist eigendich das Problem? Betrach–
ten wi r z. B. einen Controller, der Vor–
stand werden möchte. Wo liegt das Pro–
blem? Eventuell wi rd auf Jahre keine Stel–
le im Vorstand frei (heute eher ungewöhn–
lich), es fehlen möglicherweise Qualifika–
t ionen oder Managementerfahrungen,
die interne oder externe Konkurrenz ist
(zu) groß, es fehlt an Selbstvertrauen oder
den nötigen Beziehungen. Das Problem
gibt es kaum - es existiert fast immer ein
ganzes Bündel an Problemursachen. Die–
se Ursachen stehen ihrerseits jeweils mi t
best immten Faktoren in Verbindung, die
in die Betrachtung mi t einzubeziehen
sind. Zu nennen wären Auswahlkriterien,
die Bevorzugung interner oder externer
Bewerber, Er folgser lebnisse, Unter–
nehmensverkauf etc.
Für fast jedes Problem können Maßnah–
men entwickel t werden: die eigene Kom–
petenz kann mi ttels Wei terbi ldung in
fachlicher oder sozialer Hinsicht verbes–
sert werden, Beziehungen können aufge–
baut werden usw. Allerdings weisen die–
se Maßnahmen ihrerseits jeweils speziel–
le Grenzen auf: bei der Weiterbi ldung ist
es der zeitliche und finanzielle Aufwand,
bei der Bi ldung von betr iebsinternen
Koalitionen die Existenz und der Einfluss
anderer Koalitionen.
608