Controller magazin 6/02 - Emst Zander
Prof. Dr Ernst Zander (links) beim Europäisch-Iapanischen Kongress in Yokohama
DAS LEISTUNGSPRINZIP IN UNSERER ZEIT
von Emst
Zander,
Hamburg
le mehr sich das Leistungsprinzip durch–
setzt, um so nachhaltiger werden alte,
nicht mehr zeitgemäße Strukturen tjber-
wunden. Das gilt für die Abgrenzung von
Arbei tern, Angestel l ten und Beamten
genauso wie für die Unterscheidung
zwischen Frauen und Männern sowie für
Entgelte nach Alter und Betriebszuge–
hörigkeit.
Der Weg zu einer in den meisten Ländern
bewährten Leistungsbezahlung war in
Deutschland sehr schwierig. Die Bundes–
arbeitsgemeinschaft Schule Wirtschaft -
in der Vertreter der Arbeitgeber und Leh–
rer diskut ierten - hatte erst nach der
Wende die größten Erfolge. Die Arbeits–
gemeinschaft der Mi t tel - und Großbetrie–
be des Einzelhandels gab für die Schüler
eine hervorragend aufgemachte Broschü–
re mi t der Überschrift „Leistung ist doof"
heraus, die guten Anklang fand.
Leistung wieder im Vordergrund
Wenn heute Leistung wieder posi t iv ge–
sehen wi rd, so stellen immer noch viele
Zuordnung CM-Themen-Tableau
11
19
26
G
P
Menschen Sicherheit vor Leistung, ob–
wohl sie gerade in den letzten )ahren
sehen konnten - von der nicht glück–
l ichen Rentenreform bis zu den Sep–
tember-Folgen - , wie brüchig die Sicher–
heit sein kann. Die in ihren Auswirkun–
gen bedenkl iche Unprodukt ivi tät und
Bürokratie haben bei dieser Denkweise
ihren Ursprung.
Variable Vergütungssysteme gehören zu
einer gesunden Wirtschaft. Sie werden
meist selbstverständlich bei Führungs–
kräften und in Teilbereichen wie dem
Außendienst praktiziert. Deutsche Arbeit–
nehmervertreter haben große Probleme
mi t der Leistungsendohnung, und bei
den Tarih^erhandlungen wi rd die formale
Qual ifikation sehr in den Vordergrund
gestellt. Das alles geschieht zu einem
Zei tpunkt, zu dem die Zahl der Studen–
ten die Zahl der Lehrlinge überflügelt hat.
Wahrscheinlich ist manchem Befürworter
der Nivellierung nicht bekannt, dass das
Leistungsprinzip zum Vorteil der großen
Mehrheit das feudale oder ständische
Ordnungsprinzip abgelöst hat. Wir kön–
nen nicht genug betonen, wie wicht ig für
unsere Demokratie, unseren Rechtsstaat
und unsere marktwi r tschaf t l iche Ord–
nung die Belohnung der leistungsbereiten
und tücht igen Menschen ist. Nicht der
soziale Stand, die Herkunft oder gar die
Parteizugehörigkei t darf entscheiden,
sondern das Prinzip der Chancengleich–
heit mi t ihren Einkommensunterschieden.
Natürl ich gibt es in der Praxis des Lei–
stungsprinzips eine größere Furcht vor
dem Versagen. Der Alpt raum, ungenü–
gende Leistungen zu zeigen, ist nach der
Misere im Osten wieder sehr akut. Dies
wi rd noch dadurch verstärkt, dass die
Startchancen sehr ungleich sind. Um so
mehr müssen wi r uns bemühen, mög–
l ichst verständliche Maßstäbe zu schaf–
fen, um eine Differenzierung begründen
und glaubwürdig machen zu können.
Gründe für das neue Leistungs–
bewusstsein
Für viele Menschen bedeutet Leistung
die Überwindung eines Widerstands. Das
534