Controller magazin 6/02 - Ulrich Dorprigter
Zur gegenwärtigen Praxis des
RISIKOlVIANAGEMENT
von Ulrich
Dorprigter,
Duisburg
Ul r ich Dorpr igter, Leiter des Arbei tskrei ses
Versorgungswirtschaft und Leiter des Finanz-
und Rechnungswesens bei der Thyssengas
GmbH, ist Mitgl ied im Arbeitskreis Unbundl ing
des Bundesverbandes der deutschen Gas- und
Wasserwirtschaft e. V., Bonn
Dies ist ein Ergebnis der empirischen
Untersuchung, die der Internationale Con–
troller Verein eV ICV in Zusammenarbeit
mi t der Unternehmensberatung Ernst &
Young und der Fachhochschule Pforzheim
zum Risikomanagement durchgeführt
hat. Von den 940 Unternehmen, die per
Email angeschrieben wfurden, nahmen
an der Untersuchung 150 Unternehmen
teil (= 16%) . Angeschrieben wurden nur
Unternehmen, die im Internat ionalen
Controller Verein eV vertreten sind.
Der Fragebogen wurde ab Dezember
2000 bis [anuar 2001 im Internet zur
Verfügung gestellt. Die Antwor ten konn–
ten direkt per Mauskl ick abgeschickt
werden.
Zur Qual i tätss icherung wurde
der Fragebogen e i nem Praxistest
un–
terzogen.
Mi tgl ieder d e s Arbeitskrei–
s e s West III d e s ICV eV
beantworteten
den Fragebogen in einem „Vorabtest".
Der sich hieraus ergebende Entwicklungs–
und Korrekturbedarf wurde in den end–
gültigen Fragebogen eingearbeitet.
An der Untersuchung nahmen Unterneh–
men aus unterschiedlichen Branchen, mi t
unterschiedlichen Rechtsformen und un–
terschiedlichen Größen teil. Bei den Bran–
chen überwiegen Industrie- und Dienst–
leistungsunternehmen (Anteil von 3 5 bzw.
30 %). Auffallend ist, dass sich Kreditinsti–
tute an dieser Untersuchung nicht betei–
ligt haben. Bei den Rechtsformen liegen
GmbH's mi t 34 % Antei l leicht über dem
Antei l von Aktiengesellschaften (33%).
Geantwortet haben Personen aus allen
Führungsebenen. Unterstellt man, dass
die Personen, die keine Führungsebene
angegeben haben, auf der Ebene der
Sachbearbeiter bzw. Referenten anzu–
siedeln sind, sind alle führungs-ZFunkti-
onsebenen in einem Unternehmen fast
gleichmäßig vertreten.
Fazit der Untersuchung: Das Mana–
gement von Risiken ist in vielen Un–
ternehmen noch nicht integraler
Bestandteil der Unternehmenspolitik
Vermessen wäre es, hier eine konkrete
Prozentzahl zu nennen. Da aber nur 29
% der Unternehmen angeben, dass bei
ihnen das Risikomanagement in die rele–
vanten Prozesse integriert ist und nur in
36 % der Unternehmen die Frage, ob ein
Risikobewusstsein vorhanden ist, eindeu–
t ig mi t ja beantwortet wurde, kann ge–
sagt werden, dass eine solche Prozent–
zahl wei t unter 50 % liegen muss.
Die
Antworten zu den Fragen zur Risiko–
kultur und z um Ri s ikomanagement
be–
stätigen diese Vermutung. Die Fragen zu
diesem Themenkomplex konnten auf
eine Skala von 1 (trifft vol l und ganz zu)
bis 6 (trifft überhaupt nicht zu) beant–
wor tet werden. Nur in den Fällen, in de–
nen die Fragen mi t 1 oder 2 beantwortet
wurden, st immen die antwortenden den
Fragen eindeutig zu. Zusammengefasst
führen die Antwor ten zur Risikokultur
und zum Risikomanagement zu folgen–
dem Ergebnis:
- Ein Risikobewusstsein ist nur in
36 %der Unternehmen vorhanden.
- Nur 53 % der Unternehmen gaben
an,
dass die Unternehmenslei tung
eine
Risikopol itik formul iert und
kommuni z i er t
hat.
- In nur 50 % der Unternehmen wur–
den für die einzelnen Risikofelder
Verantwort l iche best immt .
- Kennzahlen und Schwellenwerte für
das Risikomanagement wurden in
nur45 % der Unternehmen festgelegt.
- Nur 42 % der Unternehmen hat ten
ein
Ri s ikober i cht ssys tem.
- Nur 29 % der Unternehmen leiten
ope r a t i ve Ziele aus der Unter –
nehmensstrategie ab (dieser Prozent–
satz erklärt vielleicht auch das große
Interesse der Unternehmen
an
der
Einführung einer Balanced Scorecard).
Eine weitergehende Analyse zu den vor-
genann t en Fragen zeigt , dass die
Häufigkeitsvertei lungen der Antwor ten
nach recht s ver schobene No rma l –
vertei lungskurven ergeben (Abb.1). Eine
Ausnahme bi ldet hier die Frage zur Ab–
leitung der operativen Ziele aus der Unter–
nehmensstrategie, hier zeigt die Kurve
eher eine Gleichverteilung.
Um zu analysieren, ob es wesentliche
Unterschiede in Abhängigkeit von der
Rechtsform gibt, wurde aus den Durch–
schni ttswerten der Antwor ten ein Risiko–
management-Profil erstellt (Abb. 2). Die
Auswertung insgesamt führt zu folgen–
der Bewertung:
• Ein überdurchschni t t l iches Risiko–
prof i l zeigen in der Branchenanalyse
neben den Aktiengesellschaften auch
Genossenschaften.
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