Seite 70 - 2002-06

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Controller magazin 6/02 - Torsten Peukert / Stephan Fleischer
Die dr i t te Säule definiert mi t Offen-
legungs- und Meldepf l ichten Trans–
parenzvorschriften, die eine größere
Disziplin aller Markt tei lnehmer zur
Folge haben
werden.
Auswirkungen von Basel II
Im Vergleich zur derzeitigen Regelung
werden die Auswi rkungen von Basel 11
auf Banken und Unternehmen vor allem
bei der Kalkulation der Kreditkonditionen
(Pricing) sichtbar werden.
Für die Banken bedeutet die derzeitige
Regelung, dass die Bonität der Kredit–
nehmer bei der Eigenkapitalunterlegung
keine Rolle spielt. Vielmehr erfolgt eine
pauschale Boni tätsgewichtung anhand
eines Einheitssatzes von 100 Prozent.
Die Bank muss 8% ihres gesamten Kre–
ditvolumens mi t Eigenkapital unterlegen.
Dami t entstehen der Bank unabhängig
von der Bonität des Kreditnehmers stets
die gleichen Eigenkapi talkosten. Bei–
spielsweise muss eine Bank einen Kredit
in Höhe von einer Mi l l ion € unabhängig
von der Bonität des Kreditnehmers mi t
80 T€ Eigenkapital unterlegen.
Künf t ig wi rd die pauschale Boni täts–
gewichtung für alle Kredite entfallen und
anhand konkreter Boni tätsnoten im Er–
gebnis eines Ratings erfolgen. Darüber
hinaus wi rd es anstelle eines einheitli–
chen Unteriegungssatzes differenzierte
Unteriegungssätze geben. Dami t steht
bei der Eigenkapitalunterlegung eine dif–
ferenzierte Bewertung von kreditnehmer–
individuel len Kreditrisiken im Vorder–
grund. Die mi t Hilfe des Ratings bewerte–
ten Finanzierungsrisiken sind maßgeb–
lich dafür, in welcher Höhe das Kredit–
portfol io der Bank mi t Eigenkapital zu
unterlegen ist.
Für die Bank bedeutet das:
Je
schlechter
das Rat ing eines Kredi tnehmers, u m
so höher ist die Eigenkapi talunter –
legung für dessen Kredi te u n d um so
höher s i nd die dami t verbundenen
Eigenkapi talkosten für die Bank.
Für die Unternehmen bedeutet die der–
zeitige Regelung, dass in das Pricing der
Unternehmenskredi te immer die glei–
chen Eigenkapitalkosten einfließen. Das
bedeutet, dass Unternehmen mi t besse–
rer Bonität die Kredi tkondi t ionen von
Unternehmen mi t schlechterer Bonität
subventionieren.
Künftig werden für jeden Kredi t die i n
Abhäng i gke i t von der Bon i t ä t des
Kredi tnehmers tatsächl ich anfal lenden
Eigenkapi talkosten bei der Zinskalkula–
t i on berücksicht igt . Unternehmen mi t
besserer Boni tät und dami t besserem
Rating werden tendenziel l günstigere
Kreditkonditionen erhalten als Unterneh–
men mi t schlechterer Bonität und dami t
schlechterem Rating.
Rating und Ratingverfahren
Ein Rating ist eine Boni tätsbewertung
des Kreditnehmers zur Einschätzung der
zukünft igen Kapitaldienstfähigkeit (bzw.
der Ausfallwahrscheinlichkeit). Wenn das
Rat ingverfahren dur ch ein Kredi t inst i –
t u t durchgeführ t w i r d , spr icht man von
einem „ i nternen Rat ing" . Dagegen steht
ein „ex ternes Ra t i ng" , durchgeführ t
durch eine spezialisierte Agentur (z. B.
internat ional tät ige wie Moodys und
Standard & Poors sowie europäische wie
EuroRatings und Credi treform).
Bankinterne Ratingverfahren kommen
zur Unterstützung der Kreditentschei–
dung bereits seit einigen Jahren zum Ein–
satz. Allerdings waren diese Verfahren
bisher i.d.R. inst i tutsindividuel l aufge–
baut. Aufsichtsrechtliche Vorgaben oder
auch Mindestanforderungen gab es bis–
her nicht, diese Verfahren waren aber
auch n i ch t zur Berechnung der
Eigenmittelunteriegung der Banken zu–
gelassen. Sie dienten in erster Linie der
bankinternen Steuerung.
Einschneidende Veränderungen werden
nun durch die Neufassung der „Vorschrif–
ten zur Eigenmittelunteriegung in Kredit–
inst i tuten (Basel 11)" erfolgen. Die Banken
können sich zukünf t ig ihrer internen
Ratingverfahren oder der Ratings exter–
ner Agenturen bedienen. Die Bankauf–
s i c h t mu s s d i e i n t e r n e n Ra t i ng –
ver fahren aber expl izi t überprü f en und
zulassen. Wenn folgende Mindestanfor–
derungen durch die Inst i tute und das
jeweilige Ratingverfahren erfüllt werden,
ist eine solche Zulassung mögl ich:
^ angemessene Di fferenzierung des
Kreditrisikos;
Vol lständigkeit und Glaubwürdigkeit
der Rat ingzuordnung;
Überwachung der Rat ingsysteme
und -Prozesse;
^ festgelegte Kriterien und Ausrichtung
von Ratingsystemen;
^ Schä t zung der
Aus f a l lwah r –
scheinlichkeiten;
•*• Sammlung von Daten;
^ tatsächl iche Anwendung des inter–
nen Ratingverfahrens;
^ interne Val idierung und Einhaltung
der Offenlegungspflichten.
Dami t diese Anforderungen erfül lt wer–
den können, müssen die bisher einge–
setzten Ratingverfahren überarbeitet und
ggfs. auch ersetzt werden. Die großen
Banken führen diese Wei terentwicklung
intern durch, da die vorhandenen um–
fangreichen Datenbestände eine ausrei–
chende Validierung ermögl ichen. Dane–
ben stehen diesen Banken i.d.R. umfang–
reiche interne Ressourcen für diese Ent–
wicklungen zur Verfügung.
Kleinere Banken sowie die Sparkassen
und Genossenschaftsbanken werden bei
der Erfüllung dieser Aufgabe durch ihre
Verbände unterstützt, da nur durch ein
Pooling der in den einzelnen Inst i tuten
vorliegenden Daten eine statistisch aus–
reichende Datenbasis geschaffen werden
kann. Jedes Inst i tut muss aber das mi t
Hi l fe seines Verbandes en twi cke l t e
Rat ingver fahren in seine individuel le
Umgebung und Arbeitsabläufe integrie–
ren. In jedem Kredi t inst i tut w i r d es dann
also einen indi v iduel len Rat ingprozess
geben. Dieser gesamte Prozess inklusive
des verwendeten Ratingmodel ls wi rd
durch die Bankenaufsicht auf Konformi–
tät mi t den Mindestanforderungen über–
prüf t und zugelassen.
Hieraus wi rd ersichtlich, dass es auch
zukün f t i g ke i ne An e r k e n n u n g der
Rat ingergebnisse dur ch andere Inst i –
tute geben wi rd. Gleichwohl kann aber
ein vorliegendes Ratingergebnis als Ba–
sis z. B. für Konditionsverhandlungen mi t
anderen Banken sehr hilfreich sein.
Strul(tur des internen Banicratings
Die durch die Kreditinstitute durchge–
führten Ratingverfahren stellen alle ein
reines Boni tätsrat ing dar, d. h. die Ar t
und der Umfang der Kreditsicherstellung
spielen hierbei keine Rolle. Der ermi ttel te
Sicherheitenwert wi rd erst bei der Er–
mi t t lung der Risikoprämie (siehe unten)
berücks i cht igt . Es kommen wei test–
gehend objekt ivierte Verfahren zur An–
wendung , die manue l l e Ergebnis–
veränderungen stark einschränken.
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