Controller magazin 6/02 - Thomas Kumpel / Markus Walde
dynamisch erscheinen lassen, ein bevor–
zugtes Zielobjekt für die Hersteller inno–
vativer Markenprodukte. Ein mögl icher
Bestandteil für eine Balanced Scorecard
ist demnach der An t e i l der wer t –
schöpfenden Beziehungen innerhalb ei–
nes Kundenportfolios und im konkreten
Fall als Negativkennziffer der Prozent–
satz der vom Außendienst besuchten
Ärzte, die in den beworbenen Indikatio–
nen nur Generika verschreiben. Das
Ziel
für e i n f o r s c h e nd e s Pharmaun t e r –
n e hme n
sollte sein, diesen Antei l zu sen–
ken. Die Analyse der potentiel len Kun–
den wi rd dabei nicht selbst durch die
Balanced Scorecard durchgeführt. Hier–
für können Werkzeuge wie ein Kunden-
portfol io herangezogen werden.
Nach der Markt- und Kundensegmen–
t ierung werden für die zu bearbeitenden
Gruppen messbare Ziele festgelegt, die
sich in fünf Kernkennzahlen, die in vielen
Scorecards verwendet werden, und eine
Reihe von Differenziatoren unterschei–
den (Kaplan/Norton 1997, S. 65). Letzte–
re stellen die unternehmensspezifischen
Leistungst reiber zur Erreichung der
Kundenziele dar
Die ersten Kernkennzahlen sind die
Markt- und Kundenanteile. Dabei wi rd
zum einen der Umfang ermi ttel t, den das
betroffene Unternehmen mi t seinen Ak–
t ivi täten in einem segmentierten Markt
erzielt. Zum anderen wi rd untersucht,
we l c h e n Teil d e s Budge t s di e Ziel–
kunden für Produkte der Unterneh–
mu n g au s g eben .
Analog zu dem Model l
des sog.
Account Share
führt dies in der
Pharmaindustrie zu einem Rezeptanteil,
der für ausgewählte Kunden festgelegt
wi rd. Die Kundentreue ist ein weiterer
Faktor, der im Rahmen der Kunden–
perspektive einer Balanced Scorecard ge–
messen wi rd und der sich besonders für
den Pharmavertrieb anbietet. Hier be–
steht näml ich
durch di e Be s uche d e s
Außend i ens t e s e in persönl i cher Kon–
takt zu al len s egment i er t en Kunden.
Weitergehende Informat ionen aus den
Kundenbeziehungen liefern Datenpanels,
durch die sich das Verschreibungs-
verhal ten nachvollziehen und dami t die
Kundentreue ermi t teln lässt. Durch die
Eigenart im Pharmageschäft, dass der
Arzt ein Medikament verschreibt, das
vom Patienten eingenommen wi rd, kann
der
Kundenbegriff in e ini gen Bereichen
doppe l t
betrachtet werden. Während in
erster Linie der Arzt als Kunde bezeich–
net wi rd, wei l er durch seine Verordnun–
gen den Umsatz erzeugt, ist beispiels–
weise bei der Frage nach der Kunden–
treue auch der Patient von Bedeutung:
Besonders bei chronischen Erkrankun–
gen wie Diabetes ist es notwendig, dass
der Patient die Behandlung mi t der kor–
rekten Einnahme der Medikamente und
gegebenenfalls der Einhaltung einer be–
sonderen Ernährung unterstützt. Ist dies
nicht der Fall, kann es zu Nebenwirkun–
gen kommen, die den Patienten veran–
lassen, von seinem Arzt ein anderes Prä–
parat zu verlangen. Als drittes ist die
Kundenakqui s i t ion zu n e nn e n , di e das
Ziel, den Kundenkrei s zu vergrößern,
unterstützt. Die Kundenakquisition ist
eine
teure Maßnahme ,
so dass zu Be–
ginn einer neuen Beziehung sogar Ver–
luste eingeplant werden. Dennoch kann
auf sie für neue Produkte oder sogar
neue Technologien nicht verzichtet wer–
den. Auch im pharmazeutischen Bereich
werden beispielsweise bei Produkten,
die wie Blutdrucksenker häufig über meh–
rere lahre eingenommen werden, über
weite Teile des Produktlebenszyklus neue
Kunden, in diesem Fall handelt es sich
um Patienten, akquiriert. Die Investitio–
nen werden durch die Hoffnung auf eine
lange Kundenbeziehung gerechtfertigt.
Deshalb sollte in einer Balanced Score–
card je nach Lebensalter eines Produkts
anhand einer Kennzahl entschieden wer–
den, in welchem Umfang der Kunden–
stamm zu erweitern ist. Eine Basis für
Kundentreue und Kundenakquisition bil–
det die
Kundenzufriedenhei t :
Es macht
nur Sinn, Neukunden zu werben, wenn
diese mi t den Leistungen des Unterneh–
mens zufriedengestellt werden können.
Ändern sie aus Unzufriedenheit ihren Lie–
feranten, so sind alle Investitionen in den
Aufbau der Kunden verloren.
Gleichzei–
tig we rden nur zufr i edene Kunden e ine
langfristige Be z i ehung e i ng ehen und
dami t zu treuen Kunden werden .
Da
sich Zufriedenheit und Kundenloyal ität
aus der Erfüllung der Wünsche und Vor–
stellungen der entsprechenden Personen
ableiten (Olve/Roy/Wet ter 1999, S. 61),
gi lt es, diese bestmögl ich zu erfüllen.
Darin liegt eine Aufgabe des Vertriebs:
Wenn dieser Funktionsbereich auch nicht
die Produkteigenschaften selbst beein–
flussen kann, so hat er dennoch diese
g e g enübe r den Kunden zu kommuni –
zieren
und dafür zu sorgen, dass kogniti–
ve Dissonanzen vermieden werden. Dem–
nach erschöpfen sich die Kennziffern für
die Kundenzufriedenheit nicht mi t einer
regelmäßigen Befragung durch Frage–
bögen oder Interviews und den dami t
verbundenen Zielwerten. Vielmehr um–
fassen sie zum Beispiel auch Implemen–
t ierung und Betrieb
e i ne s kons t ant en
Informat ionsf lusses au s d em Außen–
d i ens t in die Firmenzentrale,
die
Ver–
be s s e rung der Wiederkäuferrate
und
ein gut funktionierendes
Beschwerde –
manag emen t ,
da die erfolgreiche Bear–
bei tung von Reklamationen die Zufrie–
denheit der Kunden steigern kann. Zu–
letzt gehören zur Kerngruppe Kennzah–
len zur Ermittlung der Kundenrentabilität,
da nur langfr ist ig prof i table Kunden–
beziehungen zur Erreichung der finanz–
wirtschaft l ichen Ziele führen. Dazu wi rd
der Net togewinn eines Kunden unter
Berücksichtigung aller durch ihn verur–
sachten Kosten einschließlich einmaliger
Aufwendungen ermi ttel t. Um eine aus–
reichend große Menge ertragreicher Kun–
den zu gewährieisten und dabei keine
schwachen Kunden mi t Potenzial auszu–
schließen, die vielleicht die Erträge der
Zukunft sichern werden, kann ein Kunden-
port fol io angewandt werden. Ist eine
Kundengruppe aufgrund ihrer Zukunfts–
aussichten und des Markts, in denen sie
agiert, für das Unternehmen von Bedeu–
tung, so können Bemühungen unternom–
men werden, die Profitabilität der Kunden–
beziehung zu verbessern. Die folgende
Abb i l dung 2 zeigt ein beispielhaftes
Kundenportfolio.
Die Anpassung von Serviceleistungen
oder Gross Selling sind Mi t tel hierzu. Da–
bei sind Neukunden anders zu behan–
deln als ältere Kunden. Während erstere
durch die Kosten der Kundenakquisition
häufig zunächst Verluste verursachen,
die mi t höheren Umsätzen und einer lang–
fristigen Bindung des Kunden behoben
werden können, wi rd bei letzteren die
Ertragslage durch Preiserhöhungen und
einen geringeren Service verbessert. Ren–
table Kunden, die nicht zu einem Ziel–
segment gehören, werden zunächst ge–
halten und beobachtet, ob die Beziehung
unrentabel wi r d . Geschieht dies, so
müssen sie wie die übrigen unrentablen
Kunden außerhalb des Zielsegments ver–
nachlässigt werden, um den Unter–
nehmenserfolg nicht zu gefährden.
Die Leistungstreiber lassen sich in drei
Kategorien einordnen, die für den Kunden
wichtige Kriterien beinhalten. Im Rahmen
der Produkt- und Serviceeigenschaften
wi rd in Form von Kennzahlen ermi ttel t.
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