Controller magazin 6/02
Der Erfolg der Kund e nb emühung e n
kann in d i e s em Zu s ammenhang durch
die Entwi cklung de s Marktantei ls im
re l evanten Markt d e s n e u e n Produkts
festgestellt werden. Die dazu notwen–
digen Daten sind teilweise im eigenen
Un t e r nehmen v o r handen oder im
Pharmabereich leicht verfügbar Denn es
handelt sich hier um eine Branche, die
durch staatliche Interventionen und ihre
Bedeutung für die menschliche Gesund–
heit im öffentlichen Rampenlicht steht.
Darüber hinaus hat der intensive Wett–
bewerb zur Gründung von Informations–
d i ens t l e i s t e r n ge f ühr t , die
m i t t e l s
Ärzte-, Apotheken- und Großhandels–
befragungen die jewei l igen Marktdaten
und -Strukturen erheben. Eine Variante
zur Produktneueinführung ist die - vor
allem im pharmazeut ischen Bereich we–
gen der hohen Forschungs- und Entwick–
lungskosten auftretende - Erschließung
neuer Anwendungsgebiete.
Als letzter Aspekt aus dieser Reihe soll
die Messung des
Ums a t zan t e i l s der
n e u e n Kundenbe z i ehung en
genannt
werden, wei l sie im pharmazeut ischen
Market ing von Relevanz ist: Die Größe
gilt bei Medikamenten gegen chronische
Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Störun–
gen als Aussage über den Erfolg für den
Vertrieb eines Produkts. Patienten, die
auf Rezept eines Arztes ein best immtes
Präparat mi t der erwünschten Wi rkung
und ohne relevante Nebenwirkungen ein–
nehmen, werden mi t großer Wahrschein–
lichkeit von keinem anderen Arzt auf ein
Konkur renzproduk t umges te l l t , um
Verträglichkeitsprobleme und eine lang–
wierige Anpassung der Dosierung zu ver–
meiden. Das finanzwirtschaftl iche Ziel
des Ertragswachstums und der Verände–
rung des Ertragsmixes kann mi t unter–
schiedlichen Inhal ten auf Produkte aller
drei Lebenszyklen angewendet werden.
Dabei kommen je nach Entwicklungs–
stadium des Produkts unterschiedliche
Kennziffern in Frage: Steht bei Wachs–
tumsprodukten eine Zunahme des Um–
satzes in den neuen Märkten und Kunden–
gruppen im Vordergrund, wi rd in der
Reifephase das Gewicht auf die Rentabi–
l i tät, die Auswei tung des Produkts auf
neue Indikat ionen und die Fokussierung
auf die Zielgruppe gelegt. Die Profitabili–
tät und die Eliminierung unrentabler Kun–
den gilt es im Stadium der Ernte zu mes–
sen, da für diese Produkte keine Investi–
t ionen mehr getätigt werden sollen. Im
Gegenteil sollte hier ein maximaler Cash
Flow zur Deckung der früheren Auf–
wendungen generiert werden.
Während Produktivitätsverbesserungen
in allen drei Lebenszyklen als Ziele ver–
folgt werden können, ist dies bei der Ko–
stensenkung im Falle eines Wachstums–
produkts nicht zu empfehlen. Denn diese
Bemühungen stehen im Kontrast zu den
Investitionen zur Marktdurchdr ingung
und der Gewinnung neuer Kunden. Ne–
ben Kennziffern, die den Produktionsbe–
reich betreffen, zum Beispiel die Senkung
der durchschni t t l ichen Herstellkosten,
gibt es Parameter, die Kostensenkungen
und Produktivitätssteigerungen in den
für das Kundenmanagement relevanten
Funktionsbereichen Market ing und Ver–
trieb messen. Die
Kosten e i ne s Arzt–
b e s u c h s durch e i nen Außendi ens tmi t –
arbeiter
sind ebenso wie der ROI einer
Kundenbindungs inves t i t i on
ein denk–
barer Ansatzpunkt . Da die gesamten
Kosten mi t einem Kunden in vielen Abtei–
lungen entstehen, ist die Einführung ei–
ner prozessorientierten Kostenrechnung
sinnvol l. Denn so lassen sich auch für die
e i nze l nen
Funk t i onen
Ku n d e n –
deckungsbe i t räge
ermi t teln, für die die–
se zur Verantwortung gezogen werden
können. Konkret bedeutet dies, dass nach
der Ermi t t lung der Kosten pro Außen–
dienstbesuch zunächst ein Deckungs–
beitrag pro Besuch errechnet wi rd. Die–
ser lässt sich durch Kostensenkung,
Produkt ivi tätserhöhung oder Preisstei–
gerung, zum Beispiel im Krankenhaus–
sektor, erhöhen und kann somi t als Ziel
für die Leistungsfähigkeit der Vertriebs–
organisat ion festgeschrieben werden.
Eineweitere, durch Kennziffern erfassbare
Maßnahme ist die Reduzierung der Auf–
wendungen für das Kundenmanagement
durch einen Vergleich der Kostenstruktur
mi t Wettbewerbern und der Definition
e i n e s An t e i l s , d e n b e i s p i e l s w e i s e
Verwal tungs- und Vertriebskosten am
Gesamtumsat z aufwe i sen dürfen.
Die
hohen Kosten von ca.
1 1 5 € , die e in
Kundenkon t ak t dur ch d e n Außen–
d i e n s t
verursacht , führen zu einer
schnellen Amort isierung von Investiüo-
nen in ein Internetkonzept, dami t sich
Ärzte dort gezielt informieren können.
Gegenüber dem klassischen Außendienst
hat die
Onl inevariante
- abgesehen von
den geringeren Kosten pro Kontakt - den
Vorteil, dass die Besucher einer Website
durch den Wunsch nach Informat ion
mot iviert und somi t für die Produktaus–
sagen aufnahmefähiger sind. Ein
posi–
tiver Aspekt ergibt sich daneben aus der
gesetzlichen Vorschrift, dass Informa–
t ionen über verschreibungspf l icht ige
Medikamente nur für Ärzte und Apothe–
ker erreichbar sein dürfen. In der Praxis
wi rd der Zugang durch die Vergabe von
individuel len Benutzernamen und Pass–
wö r t e r n geregel t . Dies er l aubt , die
Besuchshäufigkeit eines Arztes auf einer
Produktseite nachzuvollziehen und die
Interessenschwerpunkte der Person fest–
zustellen.
2.2 Die Kundenperspeictive
Diese Perspektive drückt in großem Maße
die Ziele für das strategische Kunden–
management aus. Denn in ihr werden die
Kunden- und Marktsegmente, mi t tels
derer das Un t ernehmen die f inanz–
wirtschaftl ichen Vorgaben erfüllen möch–
te, und die Kennziffern, wie dieser Erfolg
zu erreichen ist , bes t immt (Weber /
Schäffer 2000, S. 4). Während sich in der
Vergangenheit Firmen auf die Verbesse–
rung ihrer Produkte und der zu ihrer Her–
stellung notwendigen Prozesse konzen–
trierten, hat sich die Erkenntnis durchge–
setzt, dass
der Kunde als e inz ige Res–
source der Un t emehmen s e r t r äg e e ine
Schlüs se lpos i t i on innehat .
Aufgrund der vielfältigen und teils ent–
gegengesetzten Interessen der Kunden
ist es nicht mögl ich, die Wünsche aller zu
befriedigen. Dies ist durch unterschied–
l i che Zah l ungsbe r e i t scha f t en und
Le i s t ungse rwa r t ungen der Käufer–
schichten auch nicht sinnvol l. Deshalb
gilt es zunächst, den Markt und die po–
tentiel len Kunden in Segmente zu unter–
teilen und daraus diejenigen auszuwäh–
len, die bearbeitet werden sollen. Zum
einen geschieht dies in der Pharmaindu–
strie durch die Unterscheidung nach Fach–
richtungen. Zum anderen wi rd die Not–
wendigkei t einer Segmentierung daran
sichtbar, dass sich Ärzte unterscheiden
lassen, die aus Kostengründen in gro–
ßem Maße Generika verordnen. Auch
intensive und kostenträchtige Bemühun–
gen der Markenhersteller können diese
Gruppe ni cht zu einem geänder ten
Verschreibungsverhal ten mot i v i eren.
Market inginvest i t ionen für Produkte, die
sich generischem Wettbewerb ausgesetzt
sehen, sind in diesem Fall nicht empfeh–
lenswer t . Auf der anderen Seite ist
ein Arzt mi t einer Vorliebe für neue
Pharmazeutika, die ihn als modern und
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