Seite 17 - 2002-06

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Co n t r o l l e r
ma g a z i n 6 / 02
Management von Verbindlichkeiten
Ein weiterer Stellhebel zur Beeinflussung
des Working Capital besteht im Manage–
ment von Verbindlichkeiten aus Liefe–
rungen und Leistungen. Primär muss es
dabei Zielsetzung sein, mögl i chst lange
Zahlungsziele mi t den Lieferanten aus–
zuhande l n bzw. sich eine rasche Zah–
lung durch entsprechende Skonti ab–
gelten zu lassen. Inwiefern dies gelingen
kann, hängt von der eigenen Marktstel–
lung und der Wettbewerbsintensität ab.
Betrachtet man den Markt für Logistik-
diensdeistungen, bietet sich eine Markt–
segment ierung nach den Produk tbe–
reichen Luft- und Seeverkehre, Lage–
r ung u n d Lager logist ik sowie Land–
t ranspor t an.'^
Der Ma r k t f ü r Lu f t ve r keh r sd i ens t –
leistungen ist dadurch charakterisiert,
dass nahezu alle Luft;verkehrsgesellschaf-
ten der Internationalen Vereinigung für
Luftverkehr (lATA) angeschlossen sind. Die
lATA betreibt zur Vereinfachung der Ab–
rechnung zwischen Luft;verkehrsgesell-
schaften und Logistikdienstleistern in
Europa sowie einigen außereuropäischen
Ländern ein eigenes Abrechnungssystem,
das sogenann t e Cargo Ac c o u n t
formen sind aufgrund der Marktmacht
der Fluggesellschaften meist nicht durch–
setzbar Viele Fluggesellschaften verfan–
gen zudem eine Absicherung der Außen–
stände über Bankbürgschaft;en.
Für den Produktberei ch Seefracht ist es
nahezu wel twei t gängige Praxis, dass die
Bezahlung der Frachtrechnung per Ver–
rechnungsscheck bzw. in bar zu erfolgen
hat: Wi rd eine Sendung „ p r epa i d " ver–
laden, zahlt also der Versender die anfal–
lende Seefracht, wi rd die Frachtrechnung
im Regelfall im Verschifliingshafen nach
Verladung und vor Übergabe der Fracht–
dokumente (Bill of Lading) beglichen. Wird
die Fracht dagegen „col lect " ver laden,
zahlt also der Empfänger die Fracht, muss
die Frachtrechnung erst bei Übernahme
der Container im Best immungshafen
bezahlt werden. Da in beiden Fällen die
Mög l i chke i t zur Einf lussnahme auf
Zahlungsziele wei tgehend fehl t , ver–
suchen Logist ikdienst ieister, mi t i hren
„Haus -Reede r e i en " Sonde r ve r e i n –
barungen zu tref fen. Diese Vereinbarun–
gen sehen meist Zahlungsziele zwischen
sieben und 30 Tagen bei „freight collect"
u n d / o d e r den Zah l ungse i nzug per
Lastschriftverfahren vor.
dami t existenzgefährdend sein. Mi t–
unterwerden dadurch bestehende Liefer–
beziehungen aufs Spiel gesetzt. Dies
schränkt die Mögl ichkeit zur Überschrei–
tung vereinbarter Zahlungsziele u n d /
oder zur Prolongation von Zahlungszielen
bei diesem Kreis von unternehmen eben–
falls deut l ich ein.
Ohnehin steht die Frage der Überschrei–
t ung von Zahlungszielen immer im
Spannungsfeld zwischen Mi n imi erung
des Working Capitals auf der einen und
E r ha l t ung
gu t e r
L i e f e r an t en –
beziehungen auf der anderen Seite.
Schlimmstenfalls wi rd eine Verringerung
des Working Capitals nämlich mi t einer
Ei nschränkung bei Service und
Dienstleistungsqualität bei den Lieferan–
ten erkauft. Darüber hinaus ist auch abzu–
wägen, ob nicht zu Gunsten der Inan–
spruchnahme von Skont i auf die Ausnut-
zung bzw. die Überschrei tung von
Zahlungszielen verzichtet werden sollte.
Wi l l man sich jedoch die Möglichkeit zur
aktiven Steuerung des Zahlungsvorganges
offenhalten, ist in jedem Fall darauf zu
achten, die Auslösung des Zahlungsvor–
ganges selbst in der Hand zu haben. Das
Lastschriftverfahren scheidet dami t aus.
Vertrags–
gestaltung
Management von
von Verbindlichkeiten
T
i
L
Rechnungs–
prüfung
T
Finanz–
richtlinien
Rechnungs–
bearbeitung
• Zahlungsziele
• Zahlungsform /-weise
- zeitnah
- Festlegung von
- inhaltlich & rechnerisch
Verfahrensabläufen
korrekt
- Festlegung von
- Leistungseingangskontro Kontrollmechanismen
- Überwachung von Rekla–
mationen
Abb.
4:
Komponenten
d e s
Managements von Verbindlichkeiten
- Kontierung
- Verbuchung
Set t lement System (GASS). Dieses sieht
den automatischen Forderungseinzug per
Lastschriftverfahren einmal im Monat vor
Dadur ch feh l t die Mög l i chke i t zur
Einflussnahme auf Zahlungsziele vollstän–
dig. In Ländern, in denen das CASS-Sy-
stem nicht existiert bzw. mi t Carriern, die
nicht dem CASS-System angeschlossen
sind, ist die monatl iche oder vierzehntä–
gige Sammelrechnung und Zahlung per
Scheck die übliche Zahlungsform. Länge–
re Zahlungsziele und andere Zahlungs-
Im Produktberei ch Lagerung/Lager –
logistik sowie Landverkehre steht man
als Logistikdienstleister häufig einer Viel–
zahl von kleinen Anbietern mi t geringer
Marktmacht gegenüber Entsprechend
lassen sich gegenüber Fuhrunterneh–
mern und Anbietern von Lager- und
ümschlagleistungen lange Zahlungsziele
eher durchsetzen. Al lerdings können
lange Zahlungsziele bzw. eine deut–
l iche Zahlungszielüberschrei tung für
diese Un t ernehmen l iquidi täts- u n d
Es birgt auch die Gefahr, dass fälschlicher–
weise Belastungen erfolgen und erfordert
einen hohen Kontrollaufwand. Auch Zah–
lungen per Scheck sind dem Über–
weisungsverfahren unterlegen, weil der
Tag der Scheckeinreichung und damit der
1
<ontobelastung nicht exakt vorherbe–
stimmt und gesteuert werden können. Dies
gilt insbesondere dann, wenn der Zah–
lungsempfänger im Ausland ansässig ist
und die Schecks auf dem Postwege ver–
sandt werden.
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