Controller magazin
4/2000
". . .many aggressive young Internet CEOs
are quici< to dismiss tliis sort of analysis,
insist ing that they mus t w i n at all costs.
Gain customers today and wo r r y about
profitability tomor row is their mantra. "
Auch die einflussreichen Portal-Anbieter,
denen mit Verweis auf das Parade-Bei–
sp i e l
Yahoo
ein Status v o n „Ge l d -
generierungs-Maschinen" zugesprochen
wi rd, geraten unter Erfolgsdruck.
IWon
offeriert z. B. auf seiner Homepage hohe
Geldprämien für Portalnutzer, die an kei–
ne Handelstransaktionen gebunden sind.
Der Tagespreis beträgt 10.000 US-$, der
Monatspreis 1 Mi l l ion US-$ und der )ah-
respreis 10 Mi l l ionen US-$. Pro jähr be–
trägt das Prämienvolumen dami t brutto
25,65 Mi l l ionen US-$. Unterstellt man
sehr optimistisch, dass
iWon
25 % des
Erfolges von
Yahoo
realisiert, so könnte
das Unternehmen bei 40 Mi l l ionen US-$
Market i ngkos ten , 25 Mi l l i onen US-$
Prämienauszahlungen und den operati –
ven Portalkosten und einem entspre–
chend geschätzten Net Income von ca.
85 Mi l l ionen US-$ (Net Income für das
v ier te Quar tal 1999 v on
Yahoo,
vg l .
Yahoo! Inc.
2000) theoretisch gewinn–
br ingend sein (vgl.
Gurley
2000). Gleich–
w o h l
r esu l t i e r t
aus dem
Aus –
zahlungsmodus der Prämien eine stei–
gende zukünftige Kostenbelastung, da
die Monats- und |ahresprämien auf Basis
eines Amort isat ionszei traumes von 25
jähren in Monatsbet rägen ausgezahlt
werden. Unterstellt man Auszahlungs–
zei tpunkte jeweils zum Monatsbeginn
(auch der jahrespreis wi rd annahme–
gemäß bereits im ersten Monat anteilig
ausgeschüttet), so steigt die Kostenbela–
stung von 4,310 Mi l l ionen US-$ im ersten
)ahr über 5,189 Mi l l ionen US-$ im zwei –
ten )ahr bereits bis auf 6,069 Mi l l ionen
US-$ im dritten jähr (falls der Wettbewerb
fortgesetzt wird).
A u c h k o s t e n b e z o g e n b l e i b t f ü r
E-
Commer ce -Anb i eter wen i g Spiel raum,
wenn man den Hauptkostentreiber be–
trachtet: "Marketing costs are not likely
to go down wi th greater compet i t ion."
(Dataquest
1998, S. 2). Im Gegenteil:
Amazon.com
w i l l im Be i sp i e l die
Market ingausgaben im vierten Quartal
1999 zur Ankurbelung des Weihnachts–
geschäftes verdreifachen. Sichtbar wi rd:
Der häufig fokussierte Vertriebskosten–
vortei l wi rd relativiert, da eine Substitu–
t ion erfolgt. So überrascht nicht, dass der
Anteil der Marketing- und Vertriebskosten
von
Amazon.com
am Nettoumsatz im
jähr 1996 38,7 %, im Jahr 1997 27,4 %
und im |ahr 1998 immerhin noch 21,8 %
beträgt. Rechnet man die Ausgaben für
"product development" hinzu, so erhält
man für das lahr 1998 gar einen Kosten–
anteil am Umsatz in Höhe von 29,5 %
(vgl .
US SEC
1999, S. 26). Dies ist sogar
noch als gering zu bezeichnen, werden
doch von Beratern durchschni t t l i che
Ma r ke t i ng -
u n d
Ve r t r i ebs ko s t en –
relationen von knapp 60 % genannt (Fi–
scher 1999b, S. 288). Bezieht man die
Marketingausgaben auf das Ergebnis (vor
Steuern), so lauten die Relationen für das
jähr 1999 z. B.
türAmazon.com
94 %, für
72 %, für
Cdnow
267 %
und für
OnSale
465 %. Damit ist eine
kritische Schwelle deutl ich überschritten:
„Unternehmen, die über einen längeren
Zeitraum mehr als 75 % ihres Gewinns in
Market ing-Maßnahmen stecken, können
nicht über ieben." (0.
1999a) Betrach–
tet man ergänzend die Einstandskosten,
so ist bei einem Antei l am Umsatz in
Höhe von 78 % für 1998 offensichtlich,
dass die (Net to) Margen gering ausfallen
bzw. negativ sind. Übe r haup t ze i chnet
s i ch das Internet -Geschäf t du r ch eine
ausgeprägte St rukturkos tendomi nanz
aus, da ca. 90 % aller Kosten struktur–
abhängig sind. Dies liegt insbesondere in
der Automatisierung der Prozesse sowie
im Selbstbedienungscharakter der On–
l ine-Geschäf tsabwi cklung begründet .
Demgegenübe r l iegt der Ante i l der
Strukturkosten im Sortimentsfachhandel
bei etwa 65 % (vg.
Meffert
1999, S. 577),
was natürl ich eine relativ höhere Kosten–
flexibilität impliziert.
Vor dem H i n t e r g r u n d de r E r t r ag –
steigerung können E-Commerce-Anbie–
ter wie
Amazon.com
oder
barnesand-
nsbesondere zwei Opt ionen
verfolgen: Die erste Opt ion besteht in
einer A u s we i t u n g des A n g e b o t e s .
Amazon.com
bietet neben Büchern und
Musikartikeln mittlerwei le auch Spiel–
zeug und Unterhaltungselektronik an.
Neben diesen direkt angebotenen Pro–
dukten verfügen einige E-Commerce-An–
bieter über ein Netzwerk an verbunde–
nen Unternehmen (siehe auch unten).
Amazon.com
z. B. verfolgt das Konzept
der sog. zShops , bei denen spezialisierte
Händler, kleine Unternehmen oder Pri–
vatpersonen alle mögl ichen Artikel offe–
rieren. Unsicher ist gerade im Direktver–
trieb, inwieweit bei den Kunden der eta–
blierte Markenname glaubwürdig auf
neue, erlösträchtige Segmente übertra–
gen werden kann. Die
International
Data
Corporation
spricht plastisch von einem
"conf idence game" (vgl .
International
Data Corporation
1999b, S. 2f ) : "This
may be a r isky strategy, but if Amazon
can pul l it off, it wi l l be good news for all
online merchants that are struggling wi th
margins." Hierbei darf nicht vergessen
werden, dass E-Commerce-Anbieter im
Gegensatz zum Fachhandel mit der In–
ternet-Technologie über ein exzellentes
Medium zur
Ermi t t iung aussagekräft i –
ge r K u n d e n p r o f i l e
(z. B. segment –
bezogenen Kundenclusterung nach Kauf–
verhal ten und Präferenzen) verfügen, die
ihnen bei der Fundierung von Gross
Selling-Strategien oder zur gezielten Kon–
figuration von Kampagnen und Events
signifikante Wet tbewerbsvor tei le ver–
schaffen.
Die zweite Opt ion besteht in einer
Verän–
de r ung de r Er l öss t ruk tur en .
Hierbei
spielt zunächst das bezahlte Advert ising
in Form der Bannerwerbung eine Rolle.
Ein Werbekunde piaziert seinen Hyper –
link auf die Web-Seite des Anbieters und
wi rd variabel nach der Anzahl der sog.
Hit bzw. Click Rates bezahlt, d. h. nach
der Häufigkeit, mit der Kunden des An
bieters den Hyper l ink aktivieren. Eine
zunehmend größere Rolle spielen sog.
Affi l iate Networks .
Hierbei wi rd die Web-
Werbung in Richtung Web-Partnerschaft
ausgebaut, indem die Ent lohnung auf
Basis der aufgrund des Querverweises
getätigten Geschäfte erfolgt (vgl.
Meto
Group
1998, S. 2).
Meffert
(1999, S. 577)
führt in diesem Zusammenhang aus: „Er–
löse aus Kommissionen besitzen im In–
ternet eine völ l ig neue Dimension. So
erhielten die über8.000 Partner des Buch–
händlers Amazon jeweils 15 % des Um–
satzes bei der Vermittlung von Buch–
käufen." Die starke Verzahnung in Form
von virtuel len Web-Unternehmen birgt
natüri ich auch Gefahren insbesondere
für solche Anbieter, die pr imär als reine
„Aggregatoren" oder „Mi tder "
auftreten
(wie z. B.
Amazon.com),
und eine Viel–
zahl von Produkten unter dem eigenen
„E-Branding" handeln (vgl .
Datamonitor
1999b, S. 2). Ohne eine entsprechende
I n f r a s t r uk t u r
für
Log i s t i k -
u n d
Technologiedienstleistungen und insbe–
sondere ohne die Mögl ichkei t , durch ei–
gene Produktions- bzw. Dienstleistungs–
bereiche (z. B. Buchvedage) direkt auf
das Programm und die Produkte einzu–
wi rken, besteht zwangsläuf ig eine
hohe
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